Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
haben. Aber das ist der Lauf der Dinge: verblüfft sein, enttäuscht und entmutigt sein, lernen, erleuchtet werden und dann schließlich begreifen. Frieden finden.“
Ezio verstummte. Dann sagte er: „Ergibt das Sinn für Euch?“
„Grazie , ja!“ Sofia sah ihn an, wie er dastand, in Gedanken verloren, die Augen auf die Festung gerichtet. „Bereut Ihr Eure Entscheidung? Dass Ihr schon so lange das Leben eines Assassinen führt?“
Er seufzte. „Ich kann mich nicht erinnern, eine Entscheidung getroffen zu haben. Dieses Leben … hat mich gewählt.“
„Ich verstehe“, erwiderte sie und senkte den Blick zu Boden.
„Drei Jahrzehnte lang habe ich dem Gedenken meines Vaters und meiner Brüder gedient und für jene gekämpft, denen durch Ungerechtigkeit Leid widerfahren ist. Ich bereue diese Jahre nicht, aber jetzt … “ Er atmete tief durch, als hätte ihn eine Macht, die stärker war als er selbst, aus ihrem Griff entlassen, und er richtete den Blick von der Burg auf den Adler, der immer noch darüber kreiste. „Jetzt ist es an der Zeit, mein eigenes Leben zu führen und alles andere, das alles, loszulassen.“
Sie nahm seine Hand. „Dann lasst los, Ezio! Lasst los! Ihr werdet nicht tief fallen.“
74
Es war später Nachmittag, als sie das Tor in der Außenmauer erreichten. Es stand offen, Kletterpflanzen rankten sich bereits um seine Säulen. Der Windenmechanismus darüber war wie mit Kriechpflanzen geschmückt. Sie durchquerten den Innenhof. Auch dort standen die Tore offen, und es waren Spuren eines hastigen Aufbruchs zu sehen. Ein halb beladener und dann stehen gelassener Proviantkarren befand sich in der Nähe einer riesigen, toten Platane, unter der die Trümmer einer zerbrochenen Steinbank lagen.
Ezio ging voran in den Bergfried und dann über eine Treppe hinunter in die Tiefen der Burg. In der Hand hielt er eine Fackel, damit sie Licht hatten, als sie durch eine Reihe von bedrückenden Gängen liefen, bis sie endlich vor einem massiven Tor anlangten, das aus irgendeinem grünen, glatten Gestein bestand. In der Oberfläche klafften auf Schulterhöhe kreisförmig angeordnet fünf Schlitze.
Ezio setzte seine Tasche ab und entnahm ihr die fünf Schlüssel.
Er wog den ersten in der Hand. „Wir sind am Ziel“, sagte er, ebenso zu sich selbst wie zu Sofia.
„Noch nicht ganz“, meinte sie. „Erst müssen wir noch herausfinden, wie sich diese Tür öffnen lässt.“
Ezio betrachtete die Schlüssel und dann die Schlitze, in die sie passen mussten. Die Symbole rings um die Öffnungen lieferten ihm den ersten Hinweis.
„Die müssen irgendwie mit den Symbolen auf dem Schlüssel übereinstimmen“, sagte er überlegend. „Altaïr hat gewiss jede nur denkbare Sicherheitsvorkehrung getroffen, um dieses Archiv zu schützen. Man muss die Schlüssel wahrscheinlich in einer bestimmten Reihenfolge einsetzen. Wenn ich dabei einen Fehler mache, dann, fürchte ich, wird diese Tür für immer verschlossen bleiben.“
„Was hofft Ihr dahinter zu finden?“ Sofia klang atemlos, beinah ehrfürchtig.
Ezios eigene Stimme sank zu einem Flüstern herab, obgleich niemand außer ihr dort war, der ihn hätte hören können. „Vor allem Wissen. Altaïr war ein profunder Mann und ein produktiver Schreiber. Er legte diesen Ort zur Verwahrung all seiner Weisheit an.“ Er schaute zu Sofia. „Ich weiß, dass er in seinem Leben viel gesehen und viele Geheimnisse erfahren hat, Dinge, die ebenso besorgniserregend wie tief greifend waren. Die Erkenntnisse, die er erlangte, hätten weniger große Menschen zur Verzweiflung getrieben.“
„Ist es dann klug, daran zu rühren?“
„Da mögt Ihr recht haben. Aber andererseits“ – er grinste schief – „bin ich ja, wie Ihr inzwischen wissen solltet, nicht ,weniger groß‘.“
„Ezio, stets einen Scherz auf den Lippen.“ Sofia erwiderte das Lächeln, erleichtert, dass die Spannung gelöst war.
Er steckte seine Fackel in eine Halterung, wo sie genug Licht zum Lesen spendete. Er bemerkte, dass die Symbole auf der Tür jetzt in einem unerklärlichen Licht leuchteten, kaum wahrnehmbar zwar, aber doch nicht zu leugnen, und auch die Schlüssel glühten wie in einer Reaktion darauf. „Schaut Euch die Symbole auf diesen Schlüsseln gewissenhaft an und versucht sie mir zu beschreiben, während ich die Symbole auf der Tür überprüfe.“
Sie setzte ihre Brille auf und nahm den ersten Schlüssel, den er ihr reichte. Während sie sprach, besah er sich eingehend die
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