Assassin's Creed: Revelations - Die Offenbarung (German Edition)
Zeit längst überlebt habe. Ich werde schon bald eine Reise antreten müssen, auf der man keinerlei Gepäcks bedarf. Aber du kennst die Antwort auf deine Frage schon. Was Hulagu in Bagdad getan hat, das wird er auch hier tun. Wir haben sie einmal zurückgeschlagen, aber sie werden zurückkommen, und dann muss Masyaf leer sein.“
Darim bemerkte, dass die Hände seines Vaters sich dabei noch fester um die kleine Kiste schlossen und er sie fest an seine Brust drückte, wie um sie zu beschützen. Er musterte Altaïr, der so zerbrechlich wirkte, als bestünde er aus Pergament, doch innerlich war er noch so fest wie Velin.
„Ich verstehe“, sagte er. „Dann ist dies nicht länger eine Bibliothek, sondern nur noch ein Tresorraum.“
Sein Vater nickte ernst.
„Er muss verborgen bleiben, Darim. Vor Händen, die gierig danach greifen wollen. Zumindest bis er das Geheimnis, das er enthält, weitergegeben hat.“
„Welches Geheimnis?“
Altaïr lächelte und stand auf. „Egal. Geh, mein Sohn! Geh zu deiner Familie und leb wohl!“
Darim umarmte ihn. „Alles Gute in mir begann mit dir“, sagte er.
Sie lösten sich voneinander. Dann trat Altaïr durch die Türöffnung. Als er die Schwelle überquert hatte, umfasste er einen großen Hebel, der aus dem Türsturz ragte, und zog daran. Er musste alle Kraft aufwenden, um ihn so weit zu bewegen, dass er mit einem Klicken einrastete. Langsam schob sich eine schwere grüne Steintür aus dem Boden, um die Öffnung zu verschließen.
Vater und Sohn sahen einander wortlos an, während die Tür zwischen ihnen emporwuchs. Darim versuchte eisern, sich zu beherrschen, konnte die Tränen dann aber doch nicht zurückhalten, als die Tür seinen Vater lebend in seiner Gruft begrub. Schließlich blickte er nur noch auf eine blanke Oberfläche, die sich lediglich durch ihre geringfügig andere Färbung von den Wänden links und rechts unterschied – und durch die seltsamen Furchen, die hineingeschnitten waren.
Die Brust zusammengeschnürt von Trauer drehte Darim sich um und ging.
Wer waren die, die davor kamen?, dachte Altaïr, als er ohne Eile den langen Gang hinunterging, der zu seinem großen Kuppelraum unter der Erde führte. Im Vorbeigehen flammten die Fackeln auf und leuchteten ihm den Weg, gespeist von brennbarer Luft, die ihnen aus in den Wänden verborgenen Röhren zugeführt wurde, und gezündet mittels federgelagerter Feuersteine, die letztlich durch sein Körpergewicht bewegt wurden, das einen Mechanismus im Boden auslöste. Hinter ihm brannten sie dann noch ein paar Minuten lang, ehe sie wieder erloschen.
Was führte sie hierher? Was vertrieb sie wieder? Und was hat es mit ihren Artefakten auf sich, die wir die Edensplitter nennen? Werkzeuge, die sie hinterließen, um uns zu helfen und zu leiten? Oder kämpfen wir nur um die Herrschaft über ihren Abfall, sehen wir göttlichen Zweck und Bedeutung in etwas, das in Wirklichkeit kaum mehr ist als liegen gelassenes Spielzeug?
Er schlurfte weiter den Gang hinab, das Kästchen umklammernd, seine Beine und Arme schmerzten vor Erschöpfung.
Schließlich gelangte er zu dem großen, düsteren Raum und durchquerte ihn ohne jede Feierlichkeit. Er erreichte seinen Schreibtisch, erleichtert wie ein ertrinkender Mensch, der im Meer einen Balken findet, an dem er sich festhalten kann.
Er setzte sich und stellte den kleinen Kasten vorsichtig in Reichweite ab. Seine Hände wollten ihn kaum loslassen. Dann legte er sich Papier, Feder und Tinte bereit, tauchte die Feder ins Fass, schrieb aber noch nichts. Stattdessen dachte er an das, was er schon geschrieben hatte – an etwas aus seinem Tagebuch.
Der Apfel ist mehr als nur ein Verzeichnis all dessen, was uns vorausging. In seinem komplizierten, Funken sprühenden Inneren habe ich Blicke erhascht auf das, was sein wird. Derlei dürfte nicht möglich sein. Und vielleicht ist es nicht möglich. Vielleicht ist es nur eine Andeutung, eine Idee. Ich denke nach über die Konsequenzen dieser Visionen: Sind es Bilder dessen, was da kommt – oder einfach nur Möglichkeiten, die sein könnten? Können wir das Resultat beeinflussen? Dürfen wir den Versuch wagen? Und sorgen wir damit nur für das, was wir gesehen haben? Ich bin hin- und hergerissen wie stets, zwischen Handeln und Nichtstun, weil ich nicht weiß, womit ich etwas bewirken könnte. Vielleicht weder auf die eine noch die andere Weise. Ist es mir überhaupt bestimmt, etwas zu bewirken? Dennoch, ich führe dieses Tagebuch. Ist das
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