Aster, Christian von - Die grosse Erdfer
nicht weiter nach. Stattdessen riss er seine Axt hoch und vergaß für einen Moment das Gewicht von Rucksack und Rüstung. Brüllend rannte er auf die Spinne zu, die für einen Moment wie erstarrt stehen blieb. Vor dem schreienden Zwerg mit der erhobenen Axt schien sie sich mehr zu fürchten als vor dem schimpfenden Häuptling. Bevor Fazzgadt sie aber erreichen konnte, verschwand sie in der nächsten Schmiedehöhle.
In diesem Moment waren auch Blechboldt und Flammrank herbeigeeilt, der im Vorbeilaufen versehentlich Häuptling Hornfausts Räderstuhl umwarf, sodass der Alte fluchend zu Boden kullerte. Mühsam stützte er sich auf seine Axt und versuchte sich aufzurichten. »Das war doch Absicht! Absicht war das, du stinkendes Stück Felsfäule! Das hab ich doch gesehen! Bleibt hier, ihr dreckigen Pestfetzen! Sie gehört mir! Mir! Ich will sie umbringen!«
Die anderen Zwerge aber waren bereits in der Höhle verschwunden, gefolgt von den beiden anderen Häuptlingen. Hier schien der Rauch besonders dicht. Garstholm Flammrank erkannte sofort den Grund dafür: einen schäbigen Flimmerschwanz. Mehr Rauch als Feuer. Die billigsten Drachen, die man für Gold bekommen konnte. Im zähen Rauch des toten Flimmerschwanzes tappten die Zwerge auf der Suche nach der Spinne umher, die Äxte über den Köpfen erhoben. Doch sie fanden sie nicht. Nicht in der Schmiede und auch nicht im angrenzenden Drachenloch.
Für den Fall, dass das Ungeheuer zu fliehen versuchte, hatte Blechboldt geistesgegenwärtig vor der Tür Position bezogen. Die Spinne hatte also nicht entkommen können.
Dennoch war sie wie vom Erdboden verschluckt. Obwohl die Zwerge den Boden, die Decke und selbst die Wände der Höhle abgesucht hatten. Die Splitterspinne war verschwunden. Als ob sie sich in Luft aufgelöst hätte.
Als Erster trat der Drachenjäger wieder in den Gang hinaus und gesellte sich zu dem dort wartenden Blechboldt. Er schaute zu dem schimpfenden Häuptling der Felsen hinüber, der immer noch am Boden lag, holte seine Pfeife hervor und blickte den Ferkelbändiger vielsagend an. »Es hat keinen Sinn, etwas jagen zu wollen, das nicht mehr da ist. Und glaube mir, ich spüre so etwas.« Er nahm einen Glimmstein aus der Tasche und machte sich daran, seine Pfeife zu stopfen. Er war noch nicht ganz fertig damit, als die beiden Häuptlinge aus der Höhle kamen.
»Ich fürchte, sie ist weg«, brummte Breitbart, während er seine Augenklappe zurechtrückte, die im Eifer des Gefechts verrutscht war.
»Ich denke auch!« Zornhold schnallte seine Axt wieder auf den Rücken.
Hornfaust begann erneut zu schimpfen. »Weg? Ihr kurzbeinigen Kieselkasper! Hättet ihr sie mir überlassen, ich hätte sie schon bekommen. Aber nein, ihr müsst es ja auf eigene Faust versuchen. Ihr hohlköpfigen Weichsteine!«
Niemand achtete auf ihn. Der Drachenjäger nahm den ersten Zug aus seiner Pfeife und blies einen besser riechenden Rauch in den stinkenden Qualm hinaus.
Fazzgadt gesellte sich zu ihnen. Bis zuletzt hatte er das Ungeheuer gesucht, hatte die ganze Höhle auf den Kopf gestellt, den Amboss verrückt, sogar den Leib des Drachen hochgestemmt. Selbst in sein verkohltes Maul war er gekrochen. Bis zur Hüfte. Doch die Immerschwarze war und blieb verschwunden. Er hatte Tränen in den Augen, als er neben die anderen trat. »Ich verstehe das einfach nicht. Sie… sie kann doch nicht einfach verschwinden…«
»Natürlich kann sie das!«, grantelte Häuptling Hornfaust ihn an. »Wenn solche Arschasseln wie ihr sie zu fangen versuchen! Versager! Allesamt! Ihr seid doch alle zu früh geschlüpft!«
Jetzt, wo klar war, dass keine ernsthafte Gefahr bestand, trat auch der Hohepriester wieder zu ihnen, der vor dem Eingang der Schmiedehöhlen gewartet hatte.
Das zweibeinige Gedächtnis half dem alten Hornfaust in seinen Stuhl und erhielt dabei Gelegenheit, eine Reihe bemerkenswerter Flüche zu lernen, die es sich, nicht ohne zu staunen, ebenso geflissentlich einprägte wie alles andere auch.
Der Alleroberpriesterlichste baute sich vor den anderen Zwergen auf. »Freunde, Zwerge, Häuptlinge! Ich, den die Götter dazu ausersehen haben, Kopf und Bart des Schicksalszwergs zu sein, habe nachgedacht. Was wir hier erlebt haben, spricht eine deutliche Sprache. Es ist die Sprache von Verrat und Verschwörung. Es ist die Stimme des Verderbens, die zu uns spricht. Und wir sind es, die sie zum Schweigen bringen müssen!«
Dieser Einstieg fand allgemeine Zustimmung und wurde mit verhaltenem,
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