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Astragalus

Titel: Astragalus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albertine Sarrazin
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dort macht man Mittagsschlaf oder ein Schwätzchen, legt die Wäsche zusammen. Dieses Sofa ist ein eigener Raum für sich.
    Ich kam also dorthin, mit leisen Krücken auf dem hallenden Parkett. Als ich beim Sofa war, schlief Nini darauf tief und fest, zur Wand gedreht, die Tagesdecke bis über die Ohren gezogen, und Pedro blätterte pfeifend in den hinter der Bar gestapelten Telefonbüchern und zeigte seinen nackten, makellosen Rücken.
    Er schob die Tresenklappe auf und kam mit staubigen Shorts und Armen herüber.
    »Ich geb’s auf, ich suche die Nummer auf der Post. Das ist wirklich ein Saustall hier!«
    »Ach, wissen Sie«, sagte ich unschuldig, »hinter den Kulissen ist immer ein Saustall … Und wir leben in einer großen Kulisse, vor allem Sie und ich, oder nicht?«
    Pedro griff nach seinem Unterhemd, das fünfzig Zentimeter neben dem Sofa über der Nähmaschine hing, und ging ohne einen Blick für Nini, die immer noch wie eine Mumie unter der Decke lag, hinaus auf die Terrasse.
    Ich flüchtete zum Wasserhahn im Waschhaus und seiner Flut kleiner, reiner Steine; wirklich mutig, die beiden, bei dieser Affenhitze!
    Ich habe nicht als Erste darüber gesprochen, Julien auch nicht, wir fingen gleichzeitig davon an und prusteten beide gleichzeitig los.
    Schließlich sagt Julien: »Der traut sich was! Ich verstecke ihn, ich bleche für ihn, ich pauke ihm seine Lektion ein, und anstatt abzuzischen, sobald er wieder flott ist, lässt er sich hier häuslich nieder und vögelt die Hausherrin!«
    »Aber Liebling, er hat nichts zu tun … Er kann nicht allein zur Arbeit gehen, du musst ihn bei der Hand nehmen. Ich könnte schwören, dass er mit seinen nächtlichen Ausflügen genauso blufft wie mit allem anderen.«
    »›Willst du Kies? Dann streng dich an!‹ Von wegen, schieben und ziehen muss ich ihn! Wenn du noch nie einen Kerl gesehen hast, der die Hosen voll hat … Aber wenn’s um Weiber geht, ist er Weltmeister.«
    Julien erklärt mir, dass Pedro ihm fünf Riesen von seinen letzten Einnahmen gegeben habe, um sich »an Annes Krankenhauskosten zu beteiligen«, dass er andererseits daran denkt, mich diskret kaltzumachen, wenn ich weggehen wollte, um durch mein endgültiges Schweigen die Sicherheit seiner Gastgeber, besser gesagt seines Unterschlupfes zu garantieren.
    »Gebettet, gefüttert, gevögelt – dagegen fällt eine wie ich wirklich nicht ins Gewicht. Aber es ist nicht logisch. Warum soll er sich die Mühe machen, mich umzulegen, wenn ich sowieso nicht mehr existiere?«
    … Dann hat er Julien großkotzig vorgeschlagen, Nini zu teilen.
    »Natürlich, damit ich nicht neidisch werde«, sagt Julien. »Zur Abwechslung wird er sich in den nächsten Tagen an dich ranmachen. Du wirst sehen, das hat er drauf. Nichts zu tun, sagst du? O nein, er hat gar nicht genug Zeit, um seine ganzen Schweinereien auszuhecken, er träumt nachts davon. Pass bloß auf, Anne: Pass auf mit Pedro, er kann sehr, sehr gefährlich werden.«
    »Er soll bloß versuchen, seinen Schlüssel in mein Loch zu stecken! Diesen groben Schlüssel, an dem er den ganzen Tag auf Pierres Werkbank rumfeilt. Soll er ihn doch bei Nini oder bei sonst wem ausprobieren, aber er soll ja nicht auf die Idee kommen, sich damit an mich ranzumachen.«
    Er kommt trotzdem bald auf die Idee.
    Er streicht herum wie ein freundlicher, gutgenährter Wolf. Geduldig lässt er Steinchen hinter sich fallen, die er für geeignet hält, mich zu verwirren oder zu erregen, intime Dinge, die er hier und da liegen lässt, Hemden, die er mich bittet, »nur ein bisschen den Kragen und die Manschetten«, für ihn zu waschen.
    Ich wringe sein Nylon, ich schnuppere sein Eau de Toilette, ich ertrage seine Madrigale – so viel Ablenkung habe ich auch nicht.
    Er sagt »die Frau« mit der Hingabe eines orientalischen Troubadour: »Aber Anne ist doch keine Frau, sie ist ein kleiner Mann! Stimmt’s, Anne? Ein kleiner, sehr gut verkleideter Mann … Sie haben sicher sehr hübsche Brüste. Oder?«
    Kumpelgespräch. Pedros Blick auf meinem Ausschnitt ist absolut brüderlich, respektvoll bezaubert. Nini räumt ungerührt den Tisch ab. Ihre präzisen, raschen Gesten sind eine Missbilligung unserer Unbeweglichkeit, der Verdauungsträgheit, in der wir mit angelehntem Rücken, vorgestrecktem Bauch und langen, lahmen Beinen auf unseren Stühlen hängen. Während die Teller und Abfälle verschwinden, scheint der Aschenbecher zwischen Pedro und mir an Volumen zuzulegen, auf dem Marmor des Tisches sticht er

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