Asylon
gut,
Arschloch! Du willst es nicht anders!
Er nahm ihn ins Visier und
drückte ab. Mit einer Geschwindigkeit von fünfzig Metern die Sekunde trieb das
Druckgas zwei pfeilartige Projektile aus der Mündung der Waffe. Hinter ihnen
sirrten die Kontaktdrähte her.
Und dann …
Und dann schlugen die Pfeile
gegen die Säule, dort, wo eben noch der Mann gestanden hatte, fielen zu Boden
und verpufften dort ihre Ladung.
Van Bergens Mund klappte vor
Verblüffung auf und zu wie bei einem Fisch auf dem Trockenen. Sein Blick wanderte
die Säule entlang nach oben. Was er dort sah, ließ ihn fassungslos staunen.
Mit der Geschwindigkeit einer
Eidechse krabbelte der Mann die Säule empor, dabei seltsame Kerben in der Metallummantelung
der dicken Säule hinterlassend. Atemlos starrte ihm van Bergen hinterher. Der
Kerl hatte in der kurzen Zeit eine Höhe von mindestens sechs Metern erreicht.
Alle Augen auf dem Bahnsteig
waren auf das seltsame Spektakel gerichtet. Van Bergen nahm kaum war, wie vor
und hinter ihm weitere Cops und Feds abrupt ihren Lauf stoppten. Erst als sich
eine Hand auf seine Schulter legte, wurde ihm bewusst, dass er immer noch den
Taser mit ausgestrecktem Arm vor sich hielt. Er ließ ihn sinken.
»Was ist hier passiert, Junge?«,
ertönte hinter ihm eine heisere Stimme.
Van Bergen fuhr herum und schaute
in das Gesicht eines silberhaarigen Mannes in Zivil.
»Ich … ich weiß nicht. Der Typ
ist einfach …«
Er brachte den Satz nicht zu
Ende. Einige der Uniformierten und FBI -Agenten feuerten ihre Waffen ab,
doch der Mann an der Säule wich den Schüssen schneller und geschickter aus als
eine Fliege der Hand, die nach ihr schlägt. Durch das Krachen der Schüsse aber
brach unter den Passanten Panik aus. Kreuz und quer rannten die Menschen über
den Bahnsteig, um sich in Sicherheit zu bringen.
Van Bergen sah, wie der Mann das
Ende der Säule erreichte und sich dort unter die metallene Deckenverkleidung
schob.
Was er nicht mehr sah, war, wie
Torn das Gitter eines Luftschachtes abriss, als wäre es ein Stück Papier, und
dann im Schacht verschwand.
Rygor nahm das
vibrierende Intercom aus dem Tresorfach seiner Wohnung, wo er es während seiner
Aufenthalte in Asylon einschloss. Widerwillig warf er einen Blick auf das
Display.
Ruf von
McDunn, Warren
Für einen Moment dachte er daran,
den Anruf zu ignorieren. Dann drückte er die Annahmetaste. Die braun
gebrannte, wohlgescheitelte Harvardabsolventen-Visage seines obersten Chefs
erschien auf dem kleinen Bildschirm.
»Hi, Warren. Wie läuft’s denn
so?«, grüßte Rygor betont lässig.
»Hm …« McDunn runzelte unwillig
die Stirn und schob sein Gesicht beunruhigend nahe an die Kamera seines Geräts.
»Wie es läuft? Nun ja, lass es mich doch so ausdrücken. Es
läuft beschissen! Das ist es, wie es läuft!«
Rygor zuckte zusammen. Die
letzten Worte hatte McDunn laut gebrüllt, und sein Gesicht war dunkelrot angelaufen.
Rygor war klar, dass dieser Zornesausbruch irgendwie mit ihm zu tun haben
musste. Doch solange er nicht wusste, worum genau es ging, war es sicherlich
besser, sich diplomatisch zu geben.
»Tut mir leid, das zu hören. Gibt
es irgendetwas, was ich tun kann?«
»Was du tun
kannst?« McDunns Stimme schraubte sich noch um einige Dezibel höher. » DU KÖNNTEST DIE ERINNERUNGEN VON UNGEFÄHR ZWEIHUNDERT
LEUTEN, DARUNTER ETWA DREISSIG POLIZISTEN, LÖSCHEN«, brüllte er außer sich vor Zorn, » DIE VOR ZWEI
TAGEN IN DER METROSTATION AM PERSHING SQUARE GESEHEN HABEN, WIE EIN MANN EINE
SÄULE ZEHN METER IN DIE HÖHE GEKLETTERT IST! «
Rygor lief es eiskalt den Rücken
hinunter. »Klauen?«
Er hatte es eher zu sich selbst
gesagt, doch McDunns Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. »Worauf du
deine beschissenen Erbseneier wetten kannst, mein Freund! Oh, wie ich den Tag
verfluche, als ich die Dinger für den Gebrauch in Asylon freigegeben habe. Aber
warte mal, irgendwer hat mich dabei beraten. Lass mich nachdenken …« McDunns
Stimme triefte nun vor Sarkasmus. »War das nicht ein gewisser Mr. Larry Holmes.
Ja, ich glaub, so war’s.«
Rygor hasste es, wenn man ihn bei
seinem richtigen Namen nannte. Es erinnerte ihn schmerzlich an die klägliche
Allerweltsexistenz des Kaufhausdetektivs, die er irgendwann einmal, in einem
anderen Leben, geführt hatte. Wäre es nicht zufällig sein oberster Boss und
Gönner gewesen, Rygor wäre rübergefahren und hätte den Kerl umgenietet. Dieser
feine Pinkel dachte wohl, er wäre was
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