Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
Vom Netzwerk:
sollten wir dem nicht
nachgehen?«, fügte er nach ein paar Momenten angestrengten Grübelns hinzu.
    Pailey überlegte kurz. Einerseits
interessierte ihn ein Haufen Leichen wenig. Noch weniger jemand, der einen
Diebstahl beging, um sich Zutritt zu den Toten zu verschaffen. Wahrscheinlich
irgendein Perverser, der einen Kalten brauchte, um sich einen runterzuholen.
Andererseits konnte er sich der Tatsache nicht verschließen, dass der Vorschlag
irgendetwas grundlegend Vernünftiges an sich hatte, auch wenn er von Bulk kam.
Außerdem beflügelte ihn die Aussicht, einfach irgendwem in den Arsch treten zu
können. Vielleicht war es ja dieser Kaffer von den Levellern. Der Chef würde
Pailey den haarigen Hintern küssen, wenn er den Kerl bei irgendwas Illegalem
erwischte. Die Vorstellung hob seine Laune erheblich.
    »Schnapp dir deine Knarre und
komm!«, rief er Bulk aufgekratzt zu. »Wir gehen in den Keller und prüfen das
nach.«

    »Wo ist sie nur?«
    Scooter hob Laken um Laken an.
Saïna war nur froh, dass er das übernahm und das Licht der Deckenleuchten nur
schwach war. Offensichtlich hatte Scooter keinerlei Problem damit, sich Körper
mit allen möglichen Arten von grauenhaften Verletzungen anzuschauen.
    »Da.« Saïna wies auf eine Bahre,
die noch etwas von ihm entfernt stand. Die Füße lugten unter den Laken hervor.
    »Ist sie das?«, fragte Scooter.
    »Weiß nicht. Das Licht ist so
schlecht, aber die Haut sieht dunkel aus.«
    Scooter ging hin und ergriff die
Ecke des Lakens am Kopfende. Er winkte Saïna zu sich. Gerade wollte sie sich zu
ihm begeben, als in dem Gang draußen ein mechanisches Kreischen erklang.
    »Der Lastenaufzug«, erkannte
Scooter. »Jemand ruft ihn nach oben.« Er rieb sich angestrengt das Kinn und murmelte:
»Das ist gar nicht gut.«
    »Warum? Vielleicht will dieser
Jemand in irgendein anderes Stockwerk«, sagte Saïna hoffnungsvoll.
    »Nein.« Er schüttelte heftig den
Kopf. »Dieser Fahrstuhl führt vom Erdgeschoss direkt nach hier unten. Wer immer
ihn in Bewegung gesetzt hat, er will hierher.«
    »Und was tun wir jetzt?«
    Scooter antwortete nicht, sondern
versank eine Weile in stillem Grübeln.
    »Haben Sie Angst im Dunkeln,
Lady?«, fragte er schließlich.
    »Ich verstehe nicht«, antwortete
Saïna, unsicher, worauf er hinaus wollte.
    »Ich werde rausgehen und
versuchen, die Typen von hier wegzulocken, um wen auch immer es sich dabei
handelt. Aber dazu muss ich Sie hier drinnen lassen, und für den Fall, dass
doch jemand einen Blick in den Raum wirft, mach ich das Licht aus und Sie
verstecken sich. Sobald Sie von draußen nichts mehr hören, machen Sie’s wieder
an und untersuchen die Leiche Ihrer Freundin.«
    »Aber … Wonach soll ich denn
suchen?«, platzte Saïna mit der Frage heraus, die sie schon beschäftigte, seit
sie das Polizeihauptquartier aufgesucht hatte. Immerhin war sie keine
Pathologin.
    »Keine Ahnung. Suchen Sie einfach
nach irgendwas. Sehen Sie sich die Art der Verletzungen an. Alles kann wichtig
sein.«
    »Und wie komme ich nachher hier
raus?«, fragte Saïna, die die Vorstellung, im Dunkeln mit einem Haufen verwesender
Körper eingesperrt zu sein, nicht gerade mit Begeisterung erfüllte.
    »Die Tür lässt sich von innen
auch ohne Karte öffnen. Nehmen Sie draußen aber nicht den Fahrstuhl. Hinten im
Gang ist eine Nottreppe, die benutzt garantiert niemand. Auf diese Weise kommen
Sie hier unbemerkt raus. Sie endet in einem Treppenhaus neben dem Empfangsraum.
Und jetzt müssen wir uns beeilen, der Fahrstuhl wird jeden Moment kommen.«
    Er lief zur Tür und legte die
Hand auf den Lichtschalter.
    »Halt!«, rief sie. Die
unterschwellige Panik ließ ihre Stimme eigentümlich schrill klingen. »Wie finde
ich Sie?«
    Scooter hielt kurz inne. Dann
grinste er. »Wir treffen uns bei meinem Boss im chinesischen Viertel. 41 Huang
Lo Street, Apartment 16b. Können Sie sich das merken?«
    Saïna nickte tapfer. Scooter
zwinkerte ihr ein letztes Mal zu, betätigte den Lichtschalter und verschwand
durch die Tür, die hinter ihm krachend in den stählernen Rahmen fiel.
    Die Dunkelheit war absolut.

    Scooter näherte sich
dem Fahrstuhl und versuchte sich innerlich auf alles, was da kommen mochte,
vorzubereiten. Wenn er Glück hatte, war es irgendein Beamter, zufällig auf dem
Weg in die Asservatenkammer, die sich ebenfalls hier unten befand. Dann bestand
die Hoffnung, dass man sich überhaupt nicht weiter für seine Anwesenheit
interessierte. Doch irgendeine dunkle Vorahnung sagte

Weitere Kostenlose Bücher