Asylon
fühlte sich
ertappt. Scooter grinste sie aus fünf Metern Entfernung an. War da ein
boshafter Zug in seinem Gesicht, oder war es nur das Schlaglicht, das ihn so
aussehen ließ? Mangels Alternativen entschloss sie sich, ihre Zweifel zu
unterdrücken, und setzte sich wieder in Bewegung.
»Hier sind wir schon.« Seine Hand
wies auf eine Tür. Sie unterschied sich kaum von den anderen, an denen sie
vorbeigekommen waren. Groß, metallen, schwer, mit einer kreuzweisen Verstärkung
und einem Drehhebel, der augenscheinlich zur Öffnung diente. Irgendwer hatte
mit schwarzer Farbe ein Sgraffito aufgebracht: eine kleine Pyramide aus drei
Sechsen. Sechshundertsechsundsechzig – die Zahl des Teufels. Als wäre diese
Tür der Eingang zur Hölle. Offenbar gab es Polizisten mit einem ziemlich
makabren Humor.
Neben der Tür war ein kleines
Terminal mit einem Schlitz angebracht, offensichtlich für die Karte, die
Scooter in der Hand hielt. Saïna staunte über die technischen Möglichkeiten,
über die die Polizei verfügte. Nicht einmal die geheimsten Abteilungen im St.
Niclas hatten so etwas. Scooter steckte die Karte in den Schlitz. Mit
vernehmlichem Surren las das Gerät die benötigten Informationen, und eine
kleine grüne Leuchtdiode, die sie bis dahin gar nicht bemerkt hatte, leuchtete
auf.
Scooter steckte die Karte wieder
ein und legte die Hände auf den Hebel. »Sesam, öffne dich!«
Er drehte den Hebel. Saïna konnte
sehen, wie sich die Muskeln an seinen Armen spannten und nahm stumm zur
Kenntnis, wie kräftig er entgegen ihres bisherigen Eindrucks war. Mit
knochentrockenem Schaben bewegte sich der Hebel in seinem Scharnier, bis
Scooter die Tür aufziehen konnte. Der Geruch des Todes kroch ihnen aus der
Dunkelheit entgegen.
Das Telefon schrillte
und weckte Pailey aus seinem Büronickerchen. Einen Moment starrte er das Gerät
unschlüssig an. Immerhin war es nicht sein Apparat, sondern der seines
Vorgesetzten.
»Geh lieber ran!«, raunzte Bulk.
»Der Chef zieht dir sonst die Ohren lang.«
Sein Kollege saß an einem viel zu
kleinen Tischchen in der Ecke des Büros, das sie alle drei beheimatete, und
blätterte eifrig in einem uralten, zerfledderten Pornoheft. Pailey schüttelte
den Kopf. Bulk, dieser Idiot, hielt ihm stets Vorträge über seine Pflichten und
war selbst zu gar nichts zu gebrauchen. Kein Wunder, dass Rygor ihm und nicht
diesem dicken Schwachkopf den Telefondienst übertragen hatte. Trotzdem war es
lästig. Zähneknirschend griff Pailey nach dem Hörer.
»Captain Rygor?«, fragte jemand,
dem arroganten Tonfall nach irgend so ein Sesselfurzer aus der Verwaltung.
Pailey bemühte sich, all die
Verachtung, die er für diese Typen übrig hatte, in seine Stimme zu legen.
»Nein, hier spricht Sergeant Pailey.«
Für ein paar Momente herrschte
Schweigen in der Leitung. Schließlich fragte der Mann: »Ist der Captain gerade
zu sprechen?«
»Jetzt hör mal zu, du kleine
Verwaltungsnutte«, sagte Pailey süffisant. »Ich bin Rygors rechte Hand. Also,
wenn du ihm was zu sagen hast, kannst du es genauso gut mir sagen.«
Pailey sah, wie Bulk seinen Porno
beiseite legte und seine ganze Aufmerksamkeit dem Gespräch widmete. Gut so.
Sollte sein Kollege ruhig mal erleben, wie er mit diesen Bürohengsten umsprang.
»Kein Grund, vulgär zu werden,
Sergeant«, tönte es enttäuschend unbeeindruckt aus dem Hörer. »Ich bin Chief
Supervisor Randy McNally, Leiter der Technischen Sicherheit, und wollte nur
mitteilen, dass die Zutrittskarte, deren Verlust Captain Rygor gemeldet hat,
offensichtlich vor ein paar Minuten zum Eintritt in die Pathologie im Keller
genutzt wurde. Ich wünsche noch einen schönen Tag, Sergeant.«
Es knackte in der Leitung. Pailey
starrte verdutzt den Hörer an. Schließlich legte er mangels Alternativen auf.
Arrogantes
Arschloch. McNally, hm …
Er setzte den Typen innerlich auf
die immer umfangreichere Liste der Leute, denen er bei Gelegenheit mal die
Fresse polieren würde.
»Was ist los?«
Bulks Frage riss ihn aus diesen
angenehmen Gedanken. Sein Kollege starrte ihn erwartungsvoll an. Die Krümel
einer Zwischenmahlzeit hingen ihm noch deutlich sichtbar im Mundwinkel. Wie
hatte der Kerl es bloß zur Polizei geschafft?
»Weiß nicht«, sagte Pailey
leichthin. »War so ein Scheißverwaltungsfuzzi. Irgendwer hat gerade die geklaute
Zutrittskarte vom Chef benutzt, um in die Pathologie zu kommen.«
»Oh«, sagte Bulk. Es war wirklich
unglaublich, wie tumb dieser Kerl aussehen konnte. »Und
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