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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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zu
verzweifeln. Eine letzte Möglichkeit noch …
    »Proserpina«.
    Auf einmal erschien eine Tabelle
auf dem Bildschirm. Saïna dankte dem Himmel still für ihre klassische Bildung.
    In der ersten Spalte der Tabelle
waren laufende Nummern vermerkt. Die aktuelle Zählung stand bei 1.596. Sie
klickte wahllos einen der Einträge an. Im Nu wurde daraus eine Art Karteikarte:
Oben stand das Datum der Eintragung; unter der Überschrift »Mutter« folgte ein
weiblicher Name, dann das Entbindungsdatum; hierauf einige obskure medizinische
Daten gefolgt von einem als »Aggressionsfaktor« bezeichneten Prozentsatz; und
zu guter Letzt war neben der Bezeichnung »Transferempfehlung Externo« ein »Ja«
und danach ein weiteres Datum, das schon einige Zeit zurücklag.
    Saïna blätterte eine
elektronische Registerkarte weiter. Dort lautete die Empfehlung »Nein«. Das
Datumsfeld danach war leer. Auf der Suche nach einem möglichen Zusammenhang
stieß sie schnell auf den ungleich höheren Prozentsatz.
    Eine Art
Selektion. Wer die Voraussetzungen erfüllt, verschwindet nach »Externo«, was
auch immer das bedeutet.
    Sie überlegte, dann sah sie sich
die letzte Karteikarte der Liste an. Eintrag Nr. 1.596. Der Name der Mutter war
nur mit »Mrs. G.« angegeben. Offenbar hatte man ihre Identität aus
irgendwelchen Gründen geheim halten wollen. Die Empfehlung lautete »Ja«.
Erstaunt stellte Saïna fest, dass das Datum dahinter blinkte.
    In zwei Tagen!
    Sie klickte auf das blinkende
Datum. Eine neue Karteikarte mit der Überschrift »Übergabe« wurde geöffnet.
    Atemlos überflog Saïna die
Zeilen. Wieder das Datum in zwei Tagen, und darunter:
    Uhrzeit: 23:00
    Koordinaten:33° 27’ 36” N, 112° 4’ 48” W, 0 AGL
    Schritte auf dem Flur. Saïna
spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufrichteten und ein heißer Schauer über ihren
Rücken prickelte. Sie spitzte die Ohren.
    Mehrere.
    Gedämpfte Stimmen. Wahrscheinlich
Männer. Fieberhaft überlegte sie, was sie tun sollte. Sicherlich wäre es am
vernünftigsten gewesen, den Rechner abzuschalten und sich sofort zu verstecken,
aber wenn man sie dann dennoch entdeckte, würden ihr die Daten für immer
verloren gehen.
    Die Schritte näherten sich. Es
handelte sich ganz sicher um zwei Menschen.
    Ihr Blick huschte über den
Schreibtisch. Ein Kugelschreiber. Atemlos begann sie die Daten auf ihre Handinnenfläche
zu schreiben. Die Feuchtigkeit, die sich in ihren Händen gebildet hatte, machte
es nicht eben leichter.
    »… ist Licht …«
    Ein Wortfetzen. Ganz sicher die
Stimme von Dr. Grosse. Ihr wurde übel.
    Lieber Gott,
nur noch den letzten Teil: ›0 AGL ‹, was immer das heißt.
    Eine Hand drückte von außen die
Klinke nach unten.
    Gott sei dank,
habe ich sie verschlossen! Der Rechner! Keine Zeit zum Herunterfahren!
    Geistesgegenwärtig riss sie den
Stecker heraus und stöpselte ihn wieder ein, während draußen der Schlüssel
bereits im Schloss klapperte. Gerade noch gelang es ihr, aufzuspringen und sich
einen Meter vom Stuhl entfernt zu platzieren, bevor die Tür geöffnet und das
Licht angeschaltet wurde.
    »Sie?«, schrillte eine empörte
Stimme.
    Wie Metall auf
Glas. Unverkennbar Dr. Grosse, dachte sie.
    »Was haben Sie hier zu suchen?«
    Der Mann, der Grosse begleitete,
blieb hinter dem Arzt und halb im Korridor stehen, sodass ihn die Tür verdeckte;
Saïna konnte ihn nicht sehen. Dafür registrierte sie Grosses bohrenden Blick,
und erst da begriff sie, dass die Frage an sie gerichtet war.
    »Ähm … es gab ein Problem mit der
Elektrik, und ich wollte mich überzeugen, dass Ihr Büro nicht davon betroffen
ist.«
    Meine Güte,
dass ist die hirnverbrannteste Ausrede, die ich mir je ausgedacht habe.
    »Darf ich fragen, warum Sie sich
dazu in meinem Büro einschließen mussten.« Der ätzende Unterton seiner Stimme
ließ nicht den geringsten Zweifel daran, dass er ihr kein Wort glaubte. Doch es
stand einfach zu viel auf dem Spiel für sie.
    Komm, gib dir
Mühe!
    »Anweisung von der
Schichtleitung«, sagte sie knapp.
    Das war sicherlich keine Antwort,
die man hinterfragen durfte, aber sie hoffte, dass sie Grosse vorerst
zufrieden stellen würde.
    »Tatsächlich?«, fragte er, dann
schlich sich ein böses Lächeln in sein Gesicht. »Das lässt sich leicht nachprüfen.«
    Er winkte kurz hinter sich und
die Gestalt, die bis dahin noch außerhalb des Büros gestanden hatte, schlurfte
herein. Saïna musste ein erschrecktes Keuchen unterdrücken.
    Deake!
    Er postierte sich neben dem

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