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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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betrachtete das kleine blaue Amulett, als könnte
es ihn irgendwie beruhigen. Dann steckte er es wieder zurück, peilte einen
Zielpunkt auf der anderen Seite des Minenfelds an, schloss die Augen …
    Und ging los.
    Erster Schritt.
    Trocken knirschten Sand und
kleine Steinchen unter seinen Stiefelsohlen.
    Zweiter Schritt.
    Der Wind, warm und trocken, wurde
ein wenig stärker und brauste in seinen Ohren.
    Dritter Schritt.
    Schon fragte er sich, ob er die
Richtung hielt oder etwa einen Bogen lief, aber irgendein verrückter Aberglaube
hielt ihn davon ab, die Augen zu öffnen.
    Die dunklen
Geschöpfe unter dem Sand … Wenn ich sie nicht sehe, können sie mich auch nicht
sehen …
    Ist schon komisch, dachte er, woran sich der menschliche Geist in seiner
Todesangst festklammert.
    Vierter Schritt.
    Etwa ein Viertel der Strecke
mochte hinter ihm liegen. Er würde einfach weitergehen, bis er gegen den Zaun
lief. Der Gedanke ließ ihn kichern. Wenn mich bis dahin die
Minen nicht erledigt haben, vollbringt das eine Schrotladung aus einer der
Selbstschussanlagen …
    Fünfter Schritt.
    Klick!
    Vor Entsetzen riss Torn die Augen
auf. Das Flechtenbüschel neben seinem rechten Fuß kam ihm unangenehm bekannt
vor.
    Erschrocken machte er einen Satz
zurück.
    Böser Fehler!, schoss es ihm gleichzeitig durch den Kopf …

    Saïna rieb sich die
schmerzende Schulter. Es hatte keinen Zweck. Sie konnte die Tür nicht
auframmen. Irgendwie hatte Antonio sie von außen fest verkeilt. Ihr blieb nur
eine Möglichkeit: der Void.
    Sie schnippte ihr Feuerzeug an,
begab sich zur hinteren Tür und leuchtete in die Dunkelheit hinaus. Wie schon
zuvor reichte der Lichtschein nicht zur anderen Seite, links und rechts von ihr
befand sich nichts als glatte Wand, und unten erstreckte sich der Void in einen
Schacht ungewisser Tiefe. Sie hob das Feuerzeug über den Kopf und hielt sich
mit der linken Hand am Türrahmen fest, während sie sich weiter hinausbeugte.
Drei Meter über ihr zeichneten sich im Schein des Feuers schwach die Umrisse
einer weiteren Tür ab.
    Wundervoll.
Wie soll ich da jemals hinkommen? Selbst, wenn ich ein Klettergenie wäre,
einhändig oder im Dunkeln hätte ich keine Chance.
    Dann fiel ihr der Haken an der
Wand über der anderen Tür auf. Wahrscheinlich war früher ein Flaschenzug daran
befestigt gewesen. Sie brauchte ein Seil oder etwas in der Art.
    Sie ging zurück in die Wohnung
und durchwühlte fieberhaft das Gerümpel, in einer Hand das brennende Feuerzeug,
doch sie fand nichts, das sich für ihr Vorhaben verwenden ließ. Mutlos hob sie
das Feuerzeug und leuchtete die Wände ab. An einer entdeckte sie auf Brusthöhe
eine Art eingelassenes Schränkchen. Sie stieg über ein paar Trümmerteile und
zerrte die kleine Holztür auf. Drinnen lagen in einem kleinen Regal mehrere
Lagen ordentlich gefalteter Leintücher.
    Das ist es!, jubelte sie innerlich.
    Vage erinnerte sie sich, in
irgendeinem Buch über die Flucht aus einem Gefängnis gelesen zu haben, wie die
Häftlinge ihre Bettwäsche aneinander geknotet hatten, um daran über die
Gefängnismauer zu klettern. Sie steckte das Feuerzeug in ihre Tasche, griff
sich blind ein Tuch und schlug es auseinander. Der Stoff schien einigermaßen
intakt zu sein. Im Dunkeln knotete sie mehrere der Tücher zusammen, bis die
Tücher eine ausreichende Länge ergaben.
    Aber wie
bekomme ich das Ding um den Haken?
    Mit dem Feuerzeug begab sie sich
auf die Suche nach irgendetwas zum Beschweren, dass sie an das Ende ihres
provisorischen Seils binden konnte. Schließlich entschied sie sich für eine
rostige alte Pfanne aus massivem Gusseisen, die sie unter einem Geröllhaufen
entdeckt hatte.
    Wieder im Dunkeln knotete sie die
Pfanne in eine Art Beutel, den sie aus dem Tuch am Ende des »Seils« geformt
hatte. Dann begab sie sich erneut zu der Hintertür, hielt das brennende
Feuerzeug über ihren Kopf und suchte den Haken. Sie betrachtete ihn eine Weile,
schätzte die Entfernung ab und die Richtung, in die sie werfen musste.
Schließlich machte sie das Feuerzeug aus. Es half nichts. Sie würde blind
werfen müssen, da sie eine Hand brauchte, um sich am Türrahmen gegen einen
Sturz abzusichern.
    Vorsichtig schwang sie die Pfanne
hin und her, bis sie genug Schwung zu haben glaubte, dann schleuderte Saïna sie
nach oben. Im Dunkeln hörte sie über sich ein Poltern, im nächsten Moment
krachte es direkt neben ihr; die Pfanne war zurückgefallen, gegen die Wand
neben der Tür geschlagen und fiel weiter in

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