Aszendent Blödmann
nicht verderben wollen, oder sie hatte einfach nicht geschaltet. Was ich ihr noch nicht einmal krummnehmen konnte. Wenn sie bei allen Müllers, die sich bei uns im Hotel einquartierten, nach einer familiären Beziehung zu mir suchen würde, hätte sie einiges zu tun.
»Dein Vater und ich wollen uns hier im Hotel mal so richtig verwöhnen zu lassen. Apropos verwöhnen: Wir möchten euch für heute Abend zum Essen einladen. Passt euch zwanzig Uhr?«
»Ja … nein … also, das heißt …« Fieberhaft suchte ich nach einer Ausrede, mit der sich das drohende Unheil abwenden ließe. »Kai hat im Augenblick so wahnsinnig viel zu tun.«
»Selbstverständlich ist uns acht Uhr recht«, funkte dieser mir nun dazwischen.
»Kann ich dich mal kurz unter vier Augen sprechen?«, zischte ich Kai zu.
»Ganz wie du möchtest.« Kai stand von seinem Stuhl auf. »Aber von mir aus brauchen wir keine Geheimnisse vor deinen Eltern zu haben.«
Mein Vater, der bis jetzt ziemlich schweigsam gewesen war, erhob sich ebenfalls. »Kein Problem, wir wollten sowieso gerade gehen. Wir sehen uns ja schließlich heute Abend.« Meine Mutter ließ es sich nicht nehmen, Kai zum Abschied noch einmal an ihre Brust zu drücken.
Als sich die Bürotür hinter meinen Eltern schloss, seufzte ich erleichtert auf und begann, laut klappernd das Kaffeegeschirr wegzuräumen. »Ich werde dich bei meinen Eltern entschuldigen und sagen, dass es dir nicht gut geht.« Nach allem, was sich zwischen uns abgespielt hatte, wäre es selbst mir ein wenig merkwürdig erschienen, Kai nun wieder zu siezen.
»Kommt gar nicht in Frage«, protestierte Kai. »Mir geht es blendend. Außerdem finde ich deine Eltern wirklich nett. Warum sollte ich nicht mit ihnen essen gehen? Sie haben mich schließlich eingeladen.«
Genervt rollte ich mit den Augen. »Ist das wirklich so schwer zu kapieren?! Sie haben nicht dich, sondern meinen Freund eingeladen.«
»An mir soll’s nicht liegen. Außerdem mag mich deine Mutter.«
»Na und!? Roger Whittaker mag sie auch. Deshalb bin ich trotzdem nicht mit ihm zusammen.«
»Aber gestern Abend …«, begann Kai, der es offenbar immer noch nicht geschnallt hatte.
»Jetzt hör mir mal gut zu«, fiel ich ihm ärgerlich ins Wort und hantierte dabei geschäftig mit dem Milchkännchen und dem Zuckerstreuer herum. »Nur weil wir ein einziges Mal miteinander geschlafen haben, heißt das noch lange nicht, dass wir jetzt ein Paar sind.«
»Willst du damit sagen, dass das, was gestern zwischen uns passiert ist, nichts zu bedeuten hatte?«
Ich nickte. »Fein erkannt, Superhirn.«
»Und warum glauben deine Eltern dann, dass wir ein Paar sind?« Offensichtlich hatte Kai Schwierigkeiten, mir zu folgen. Die kleine Falte auf seiner Stirn verwandelte sich in eine tiefe Schlucht.
Dachte er etwa allen Ernstes, dass ich am Abend zuvor noch bei meinen Eltern angerufen und ihnen brühwarm erzählt hatte, dass wir es miteinander getrieben hatten? Und glaubte er tatsächlich, dass Mama und Papa nichts Besseres zu tun hatten, als am nächsten Morgen gleich auf der Matte zu stehen, um den Liebhaber ihrer Tochter kennenzulernen? Nun ja, zumindest was den Part meiner Eltern betraf, war das noch nicht einmal so abwegig …
»Weil … ach, das ist jetzt echt zu kompliziert zu erklären«, antwortete ich unwirsch.
»Die Mühe wirst du dir wohl machen müssen, wenn ich schon deinen Lover spielen soll.« Kai hatte sich in seinem Schreibtischstuhl zurückgelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt.
»Sollst du ja gar nicht. Wie gesagt: Ich werde meinen Eltern sagen, dass du krank bist.« Unter Kais forschendem Blick fühlte ich mich extrem unwohl.
»Mach dir bloß keine Umstände. Ich ruf jetzt deine Eltern an und sage ihnen, dass wir einen heftigen Streit hatten und uns trennen werden.« Er griff zum Telefon, dabei beäugte er mich lauernd. »Welche Zimmernummer haben sie noch gleich?«
Eine plötzliche Trennung? Warum eigentlich nicht? So etwas kam in den besten Beziehungen vor. Zumindest zog ich diese Lösung kurzzeitig in Erwägung, verwarf sie jedoch gleich wieder. Wie ich meine Mutter kannte, würde sie mir den ganzen Abend Vorhaltungen machen, dass ich mit meiner Dickköpfigkeit und Sturheit jeden Mann in die Flucht schlug. Außerdem würde die ganze Kuppelei dann todsicher wieder von vorne losgehen. Nein, ich musste mir etwas anderes einfallen lassen. Schließlich waren meine Eltern morgen um diese Zeit bereits auf dem Weg zu Tante Mathildes
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