Aszendent Blödmann
auch noch schafft, die Hornhaut an den Füßen und die Kalkablagerungen im Badezimmer in den Griff zu bekommen – ich persönlich stelle mir das nicht einfach vor … Wahrscheinlich haben Frauen mit so einer Doppelbelastung überhaupt keine Zeit, besagte Zeitschriften auch nur aufzuschlagen, geschweige denn die tollen Tipps und Tricks zu lesen …«
»Das sehen wir dann, wenn es so weit ist. Noch habe ich schließlich kein Kind.«
»Sehr richtig.« Charlotte nickte vielsagend. »Und woran liegt das?«
»Apropos Kinder. Müsste deins nicht mal langsam in die Badewanne?«, versuchte ich schnell vom Thema abzulenken.
»Ach, herrje!« Charlotte warf einen raschen Blick auf die Uhr. »Du hast recht.«
Mit Ben auf dem Arm folgte ich Charlotte ins Badezimmer, wo sie in eine kleine hellblaue Wanne Wasser einlaufen ließ. Die allwöchentliche Planschorgie am Montagabend war seit Bens Geburt zu einem festen und liebgewonnenen Ritual geworden. Auf diese Weise konnte ich meine Freundin ein wenig entlasten und bekam nicht nur mein Patenkind, sondern auch Charlotte regelmäßig zu Gesicht.
Allerdings war es weitaus schwieriger, so einen Floh zu baden, als ich gedacht hatte. Bedauerlicherweise fehlte bei einem Baby nämlich der Henkel, an dem man es fest- oder über Wasser halten konnte. Und der Schwierigkeitsgrad erhöhte sich sogar noch drastisch, sobald Seife ins Spiel kam. Das war nur was für Fortgeschrittene. Wehe, man passte mal einen Moment nicht richtig auf, dann verwandelte sich der kleine, glitschige Nackedei in null Komma nichts in einen Torpedo in Abschussposition.
Während Charlotte die freie Zeit nutzte, um Berge frisch gewaschener Babyklamotten zu falten, seifte ich Ben vorsichtig ein. Am kritischsten war das Haarewaschen. Bekam der kleine Knirps auch nur eine Spur Shampoo in die Augen, dann brüllte er so laut, als versuchte ich ihn zu ertränken. Irgendein zerstreuter Professor musste bei der »Keine-Träne-mehr-Formel«, mit der ahnungslose Mamis wie Charlotte zum Kauf dieses Babyshampoos animiert wurden, ein paar Zahlen oder Buchstaben durcheinandergeworfen haben. Genauso gut hätte mit dieser Formel ein Sack Zwiebeln beworben werden können.
Heute hatten wir auch diese Herausforderung mit Bravour gemeistert. Nun ließ ich Ben zur Belohnung, dass er so brav still gehalten hatte, noch ein wenig planschen.
Charlotte lächelte wohlwollend. »Du würdest dich wirklich gut als Mama machen. Ein Jammer, dass du noch keine eigenen Kinder hast. Sag, hast du endlich mal mit Conrad darüber gesprochen?«
»Äh … nicht so direkt.« Ich wand mich wie ein Aal unter Charlottes vorwurfsvollen Blicken. Hatte ich’s doch gewusst, dass meine Freundin noch einmal darauf zurückkommen würde. »Gibst du mir bitte mal das Handtuch?«, versuchte ich Charlotte abzulenken.
Nachdem ich dem kleinen Kerl die viel zu große Kapuze des weißen Frotteetuchs übergestülpt hatte, sah er aus wie ein Mitglied des Ku-Klux-Klans. Als Bens Patentante konnte ich das natürlich nicht gutheißen. Badehandtuch kaufen, am besten in Blau oder einer anderen hübschen Farbe, setzte ich im Stillen auf meine To-do-Liste, gleich hinter Altpapier wegbringen und Kai umbringen.
»Also habt ihr indirekt darüber gesprochen?« Puh, Charlotte war ein echter Kampfdackel: Hatte sie sich erst einmal irgendwo festgebissen, ließ sie nicht so schnell locker.
»Irgendwie hat sich bis jetzt noch nicht die richtige Gelegenheit ergeben.«
Das stimmte zwar, aber irgendwie war das nur die halbe Wahrheit. Obwohl Conrad und ich bereits seit fast zwei Jahren liiert waren, hatten wir es bisher vermieden, über die Zukunft zu sprechen. Mit der Gegenwart hatten wir genug zu tun. Um dem Gerede und Getratsche im Hotel aus dem Weg zu gehen, hielten wir unser Verhältnis geheim. Er war der Boss, ich seine Angestellte. Hinzu kam der Altersunterschied, der Conrad mehr auszumachen schien als mir. Wann immer sich die Möglichkeit bot, ritt er darauf herum. Als könnte ich nicht selbst rechnen!
Aber Gefühle hatten doch nichts mit Mathematik zu tun. Langsam war ich es echt leid, die heimliche Geliebte zu spielen. Was anfangs unserer Beziehung noch einen gewissen Reiz oder Nervenkitzel verliehen hatte, ging mir mittlerweile gewaltig auf den Keks. Ich fand es albern, Conrad bei der Arbeit zu siezen. Und ich war es leid, nach einer gemeinsam verbrachten Nacht in getrennten Autos zum Hotel zu fahren. Abgesehen davon wurde ich nicht jünger. Wenn ich eine Familie gründen
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