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Aszendent Blödmann

Aszendent Blödmann

Titel: Aszendent Blödmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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nicht so aus, als würde Kai das Feld in Kürze räumen, eher als wollte er sich hier häuslich niederlassen. Misstrauisch beäugte ich die riesige Kiste, die er schwitzend und keuchend ins Büro schleppte. »Wollen Sie hier einziehen?«, fragte ich spitz.
    »Danke für das Angebot. Ich werd’s mir überlegen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Fred von mir als Mitbewohner so begeistert wäre. Ich schnarche nämlich ganz furchtbar.« Der Karton landete mit einem lauten Knall auf dem Fußboden. Direkt neben dem Goldhamsterkäfig. Reichte es denn nicht, dass Fred zwangsevakuiert worden war? Wenn Kai so weitermachte, würde das arme Tierchen vor Schreck einen Herzinfarkt bekommen.
    »Fürs Erste war Yvonne so nett, mich mit Büromaterial zu versorgen«, erklärte Kai, der gar nicht gemerkt hatte, wie sehr er das kleine Tierchen erschreckt hatte. Typisch – eben durch und durch ein rücksichtsloser Ignorant. »Nur ein paar Kleinigkeiten, was man halt so braucht.«
    »Was man halt so braucht«, echote ich und betrachtete ungläubig das Sammelsurium, das Kai aus der Tiefe der Kiste zu Tage förderte und wie eine Trophäensammlung vor sich auf dem Schreibtisch aufbaute.
    Unfassbar! Ich arbeitete seit fast fünf Jahren in diesem Laden, aber die meisten Dinge, die dort aufgereiht standen, hatte ich noch nie zu Gesicht bekommen, geschweige denn besessen. Vermutlich war es leichter, der Queen die Kronjuwelen zu klauen, als Yvonne einen Taschenrechner abzuschwatzen. Sie zierte sich schon, wenn man alle Jubeljahre mal einen neuen Radiergummi haben wollte. Und für jeden Bleistift musste man einen Antrag – selbstverständlich in doppelter Ausführung – ausfüllen. Wer auf Nummer sicher gehen wollte, brachte darüber hinaus den kurzen Stummel gleich mit, sonst unterstellte sie einem womöglich noch, dass man den alten Stift verbummelt hatte.
    Wie hatte Kai es nur geschafft, ihr diese Hightech-Ausrüstung abzuluchsen? Bei manchen Büroutensilien wusste ich nicht einmal, wofür sie gut sein sollten. Was war das beispielsweise für ein merkwürdiges schwarzes Kästchen, das aussah wie ein überdimensional großer Taschenrechner mit Buchstaben anstelle von Zahlen auf den Tasten?
    »Was ist das?«, konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen.
    »Um Sie einmal kurz zu zitieren: Wonach sieht’s denn aus?«
    »Nach einem typischen Männerspielzeug. Aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen haben alle Kerle eine Schwäche für Fernbedienungen.«
    »Aber nein, das ist keine Fernbedienung! Haben Sie wirklich noch nie einen P-Touch gesehen? Damit kann man alle möglichen Dinge beschriften. Ordner zum Beispiel.«
    Als ich gerade begann, mich zu fragen, wie ich es bloß die ganzen Jahre geschafft hatte, meine Leitz-Ordner mit einem Stift zu beschriften, betrat Yvonne das Büro. In der rechten Hand balancierte sie eine Tasse dampfenden Kaffee, in der linken einen Teller mit Keksen.
    »Kann es sein, dass du mich nicht magst?«, empfing ich sie vorwurfsvoll.
    »Himmel, Mel, wie kommst du denn auf so etwas?!«
    Wortlos wies ich auf Kais Büromaterial.
    »Ach so, das meinst du.« Wenigstens besaß sie den Anstand, ein halbwegs schuldbewusstes Gesicht aufzusetzen. »Befehl von oben. Ilka hat mich angewiesen, dafür zu sorgen, dass es Kai an nichts fehlt«, rechtfertigte sich Yvonne. »Schließlich soll er sich bei uns wohlfühlen.«
    Ach, und ob ich mich wohlfühlte, kratzte offenbar niemanden. So wie’s aussah, gab es neuerdings unter den Mitarbeitern eine Zweiklassengesellschaft.
    »Hier ist dein Kaffee.« Yvonne stellte die Tasse neben Kais neuen P-Touch. »Mit Milch und Zucker. Außerdem habe ich noch ein paar Kekse aufgetrieben.«
    »Herzlichen Dank. Das wäre aber nicht nötig gewesen.«
    »Habe ich doch gerne gemacht. Sag einfach Bescheid, wenn du noch etwas brauchst.«
    Was denn noch?! Eine Sänfte? Oder einen Mundschenk?
    »Das wäre aber nicht nötig gewesen«, äffte ich ihn nach, nachdem Yvonne mit einem strahlenden Lächeln in Kais Richtung das Büro verlassen hatte.
    »Jetzt gucken Sie doch nicht so beleidigt. Da ich Ihnen Ihre Tasse nicht abspenstig machen wollte, habe ich Yvonne um eine neue gebeten.«
    »Und dabei zufällig erwähnt, dass Sie Ihren Kaffee mit drei Stück Zucker trinken.« Ich biss mir auf die Lippen. Mist, verdammter, jetzt hatte ich mich verplappert.
    Leider war das auch Kai nicht entgangen. »Ach, sieh mal einer an.« Er grinste wie ein Honigkuchenpferd. »Sie haben mich wohl gestern genau

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