Aszendent Blödmann
Schuhspitzen oder die Aufzeichnungen ihres Nebenmanns interessierten, begannen die Damen, wie wild in ihren Handtaschen zu kramen.
Claus-Dieter, der wohl gerade mal wieder seinen Tagträumen nachgehangen hatte und mit dem geschäftigen Treiben um sich herum so gar nichts anzufangen wusste, wandte sich hilfesuchend an seine Tischnachbarin. »Was ist los?«
»Mel hat die Indianer zu Besuch«, klärte Isabell ihn freundlich auf, während sie weiter in ihrer Umhängetasche herumwühlte.
»Wie schön. Besuch aus Amerika.«
»Boah, Claus-Dieter!« Verena verdrehte die Augen. »Melina hat ihre Periode. Kapiert?!«
»Wahrscheinlich ist sie deshalb im Moment so zickig«, gab Werner auch noch seinen Senf dazu. So ein geistreicher Kommentar konnte natürlich nur von einem Mann stammen. »o.b. – damit die Regel sauber und diskret abläuft«, ulkte jemand anders. Sehr witzig. Von diskret konnte in diesem Fall ja wohl echt keine Rede sein.
All diese Bemerkungen versuchte ich geflissentlich zu überhören. Auf dumme Sprüche war ich vorbereitet gewesen. Schließlich, nachdem die Suchaktion beendet war, lagen drei Tampons ordentlich in Reih und Glied vor mir auf dem Konferenztisch. Zwei mit türkisfarbenem und eins mit einem zartrosafarbenen Bändchen. Wer die Wahl hat, hat die Qual …
»Sehr nett«, bedankte ich mich. »Aber eins reicht vollkommen.«
»Behalt die anderen einfach. Für Notfälle«, erklärte Verena großzügig.
»Danke.«
Hoch erhobenen Hauptes verließ ich den Konferenzraum, wohlwissend, dass mir die lieben Kollegen alle von hinten in den Schritt glotzten. Wenn sie auf meiner weißen Sommerhose verräterische Spuren zu sehen hofften, musste ich sie leider enttäuschen. Sämtliche Blutreserven, über die mein Körper verfügte, waren bereits in mein Gesicht geschossen.
Falls in den nächsten Stunden im Hotel keine Bombendrohung einging oder das Gebäude aus sonstigen Gründen geräumt werden musste, konnte ich mir sicher sein, dass meine Periode das Hauptgesprächsthema unter den Kollegen sein würde. Vermutlich musste man auf der Damentoilette Schlange stehen, weil die eine oder andere außerordentliche Sitzung auf dem stillen Örtchen abgehalten wurde. Es war nur eine Frage von Stunden, bis alle Bescheid wussten. Und spätestens am kommenden Tag würde ich meine Tasche wohl wieder allein tragen müssen. Schade eigentlich.
Kapitel 6
W as sollen wir denn heute Abend unternehmen?« Ganz behutsam, damit der frische Lack auf meinen Fingernägeln nicht sofort nach dem Auftragen wieder ramponiert wurde, blätterte ich den Veranstaltungskalender der Tageszeitung auf. Ich musste dringend mal raus, um auf andere Gedanken zu kommen.
»Wir könnten ins Kino gehen«, schlug Conrad vor. »Ich glaube, letzte Woche sind einige gute Filme angelaufen.«
»Hmmm«, grunzte ich wenig begeistert.
Ich war kein echter Kinofan. Irgendwie wollte es mir nicht so recht einleuchten, warum ich viel Geld dafür bezahlen sollte, mir gemeinsam mit einem Rudel fremder Menschen einen Film anzuschauen, dessen spannendsten, schönsten oder bewegendsten Moment ich ohnehin verpassen würde, weil irgendein Depp just in dem Augenblick lautstark in seiner Popcorntüte herumwühlte oder geräuschvoll seine Cola durch den Strohhalm sog. Dann wartete ich lieber ein paar Wochen, bis der Film auf DVD erschien und ich ihn gemütlich auf meiner Wohnzimmercouch genießen konnte.
Nein, Kino schied aus! Mal sehen, womit sich die Zeit an diesem Wochenende sonst noch so totschlagen ließ. Ein Kammerkonzert, ein Kinderfest mit Hüpfburg, die Neueröffnung eines Shoppingcenters … Rasch überflog ich die Spalte mit den Veranstaltungsvorschlägen.
Conrad und ich verbrachten gemeinsam einen ganz relaxten Samstagnachmittag. Während ich auf Conrads weichem Badezimmerteppich kauerte, meine Nägel machte und dabei die Zeitung studierte, lag er gemütlich in der Badewanne.
»Na bitte, das ist doch was für uns.« Endlich hatte ich etwas Passendes gefunden. »Im Picknicker findet heute eine Ü-30-Party statt.«
»Bitte tu mir das nicht an!«
In gespielter Verzweiflung rang Conrad die Hände und bettelte um Gnade. »Diese Partys sind doch nur was für junge Hüpfer, alte Säcke wie ich haben da nichts verloren.« Ich hätte wetten können, dass sein Freund Achim das ganz anders sah. Vor der Geburt seines Töchterchens war der garantiert jedes Wochenende auf die Piste gegangen. Aber ich sparte mir den Kommentar, denn ich hatte keine Lust, die Erinnerung
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