Aszendent Liebe: Roman (German Edition)
hätte.
Meine Vision ist simpel. Jane würde sagen, und ich bin mir sicher, dass sie es sagen wird, wenn ich ihr davon erzähle, simpel bedeutet Niveau und Stil. Ganz zu schweigen davon, dass es einfach ist, sich an was Simples zu erinnern. Ich muss zugeben, dass ich ziemlich viel Zeit darauf verwendet habe, mir eine Vision auszudenken, die auch einem Skeptiker gefallen würde. Mein Plan ist, bis zum Ende der Sendung zu warten und dann zu verkünden: Es ist falsch, die Zukunft vorherzusagen, und die Menschen sollten nicht mehr zu Hellsehern gehen. Der Zauber der Zukunft liegt darin, dass man sie nicht kennt. Wenn man nach Antworten über das sucht, was man nicht kennt, nimmt man sich die Möglichkeit, es selbst herauszufinden. Der springende Punkt beim Glauben ist, nicht nach einem Beweis zu fragen. Mein Rat an alle, die mir da draußen zugehört haben, ist, ein wenig zu glauben. Dann werde ich allen alles Gute wünschen und mich von meiner kurzen, aber glorreichen Karriere als Radiohellseherin zurückziehen. Ich werde heute Abend Jane und Nick anrufen, um ihnen zu erzählen, was ich getan habe, und mich bei beiden entschuldigen, weil ich so ein Idiot war. Ich werde den Abend damit beschließen, Mac einen extra Keks zu geben, um mich bei ihm für seine Weisheit zu bedanken.
Holly kam zu spät zur Sendung. Normalerweise trinken wir vorher noch im Pausenraum zusammen einen Tee, heute jedoch nicht. Sie kam nur wenige Minuten vor Sendebeginn ins Studio gelaufen und setzte sich wortlos hin. Brandon, der Tontechniker, winkt durchs Fenster und zählt an seinen Fingern ab: drei, zwei, eins. Er zeigt auf Holly, die ihre Hörer fröhlich begrüßt und mich auch. Sie sieht mir nicht in die Augen. Ich glaube, ich kenne das Problem. Sie hat wahrscheinlich von den Hörerzahlen und den Blumen gehört und fühlt sich bedroht. Ich kann das nachvollziehen, denn das hier ist jahrelang ihre Sendung gewesen. Jetzt bin ich hier, und sie fragt sich wahrscheinlich, wo da noch Platz für sie ist. Da ich jahrelang immer eine Nebenrolle gespielt habe, weiß ich, wie sie sich fühlt. Nach der heutigen Sendung wird sie sich anders fühlen. Ich hatte eigentlich vorgehabt, ihr etwas zu sagen, bevor wir Anrufe entgegennehmen, aber dafür war keine Zeit. Ich nehme an, dass es auch für sie eine angenehme Überraschung sein wird. Sie muss nur ein bisschen glauben.
Wir machen nach einer Werbepause weiter, und ich atme ein paarmal tief durch. Es ist Zeit für eine Vision.
»Holly, bevor ich heute mit weiteren Anrufern spreche, möchte ich etwas sagen. Etwas, das ein paar Leute schockieren wird.«
»Na, das ist aber ein Zufall. Ich habe auch etwas, das dich schockieren könnte.« Sie lächelt, aber ihre Augen sind eiskalt. Mein Herz fängt an zu stolpern. Das Perrier, das ich getrunken habe, beginnt in meinem Magen zu brodeln. »Wie viele Hörer wissen, habe ich Emma zum ersten Mal bei der Esoterikmesse getroffen. Sie hat eine Vorhersage gemacht, die mir das Leben gerettet hat. Sie hat auch einer guten Freundin Dinge vorhergesagt. Hören wir mal, was daraus geworden ist.«
Ich höre, wie sich die Studiotür öffnet. Da steht Melanie, ihre Arme vor der Brust verschränkt. Sie sieht nicht so aus, als wolle sie mir für irgendwas danken. Sie geht an mir vorbei, setzt sich neben Holly und nimmt sich Kopfhörer.
»Vielen Dank, dass ich in deiner Sendung sein darf, Holly. Mein Name ist Melanie Feehan. Wie so viele Leute wollte ich mit einer Hellseherin über meine Beziehung sprechen. Ich weiß, dass eine Liebesbeziehung kein so wichtiger Grund ist, wie so manche andere Probleme, wegen denen Menschen Hilfe suchen, aber mir war es wichtig. Aus diesem Grund habe ich Emma Lulak getroffen.«
Es folgt eine Stille, in der ich wahrscheinlich etwas sagen sollte, aber das einzige Geräusch, das herauskommt, ist argh . Es ist dasselbe Geräusch, das Mac macht, wenn er halbgekautes Trockenfutter oder ein Stück meiner Schuhe herauswürgt.
»Melanie, was kannst du uns über die Voraussage erzählen, die Emma dir gemacht hat?«, sagt Holly süß, ihre Stimme klingt wie Zuckerwatte.
»Sie hat mir gesagt, dass die Beziehung schlecht für mich sei, dass ich mit dem Mann Schluss machen solle. Sie hat gesagt, wir würden nicht zusammenpassen. Du kannst dir meine Enttäuschung vorstellen. Ich war erst seit kurzem mit diesem Mann zusammen und war sehr verliebt.« Holly macht ein mitfühlendes Geräusch. Ich habe den Eindruck, an meinen Sitz geschraubt zu sein, mein
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