Aszendent zauberhaft
und schreib ruhig weiter. Ich lese nicht mit, versprochen.«
Phoebe bemühte sich, während die Winchester Road in der drückenden Abendhitze brütete. Sie versuchte es wirklich. Sie trug ihre Twilights-Termine ein, sowohl für den Friseurservice wie auch für die Astrologie, schuf Zeitfenster für Verabredungen mit Clemmie, Amber und Sukie, merkte einen Sonntagsbesuch bei ihren Eltern vor, schrieb sich eine Merkhilfe, YaYa wegen des Sommerfests Bescheid zu sagen, und versuchte zu vergessen, dass Rocky überhaupt da war.
Es ging nicht.
Als Rocky den Verschluss seiner zweiten Bierflasche zurückschnalzen ließ, warf er einen Blick auf ihr Notizbuch. »Ach, lernst du auch noch eine Fremdsprache? Dank einer anständigen Schulbildung und meines Jobs bei der Fluggesellschaft bin ich in den meisten europäischen Sprachen ganz gut, aber die da erkenne ich nicht. Auch wenn es natürlich auf dem Kopf steht, aber trotzdem …«
»Was? Ach das, das ist, ähm, Romani.« Phoebe hätte am liebsten wie damals in der Schule schützend die Arme um ihr Heft gelegt. »Tja, ein Romani-Dialekt anscheinend. Das ist, ähm, ein Vers von Essie.«
»Hat wohl mit deinem magischen Wahrsagekram zu tun? Ja, richtig. Ich weiß Bescheid – auch wenn ich nichts davon verstehe und auch nicht daran glaube. Sie hat mir erzählt, dass eine verkappte Star-Astrologin in dir steckt, und dass ihr beide irgendeinen neuen magischen Kristallkugeltrick ausheckt. Klang wirklich interessant, wenn auch für einen Pedanten wie mich ein bisschen zu sehr nach New-Age-Hippiekram. Es freut mich, dass du, na ja, etwas gefunden hast, was dich begeistert.«
»Nachdem ich sitzen gelassen wurde, meinst du?«
»Nun, wenn du es so brutal ehrlich formuliert haben willst, ja. Ich denke, das ist so ähnlich wie bei mir mit dem Gärtnern. Früher hätte ich kaum einen Spaten von einer Harke unterscheiden können …« Er stockte. »Meinst du, Essie ist uns irgendwie geschickt worden, um unser Leben wieder auf die Reihe zu bringen?«
»Wie ein Schutzengel?«
»Nicht ganz so abgehoben. Bei der Zigeuner-Wahrsagerei komm ich so eben noch mit – viele Leute schwören ja darauf -, aber an Engel glaube ich nicht. Nein, ich meine, wie vom Schicksal geschickt. Du sagst ja selbst, dass sie in deinem Leben für frischen Wind gesorgt hat, und nachdem ich im Gefängnis reichlich Zeit hatte, darüber nachzudenken, wurde mir klar, dass die Begegnung mit Essie der Wendepunkt war, um meinem Leben eine neue Richtung zu geben.«
»Schöner Wendepunkt. Wenn du Essie nicht begegnet wärst, wärst du ja gar nicht im Gefängnis gelandet und …«
»Ohne Regen kein Sonnenschein, wie meine Mutter mit ihren
heiter-abgedroschenen Phrasen immer sagt.« Rocky lachte. »Ja gut, es war vielleicht ein bisschen krass, aber vor Essie war ich mit Mindy unglücklich und von meinem Job angeödet, sah aber keinen Ausweg – und jetzt bin ich mein eigener Boss, kann nachts gut schlafen und lasse jeden Tag neu auf mich zukommen.«
Phoebe war noch immer erstaunt, dass er nicht über das Konzept magischer Astrologie spottete, und nickte. »Essie ist wunderbar, ja, und du hast Recht, die Begegnung mit ihr hat auch mein Leben verändert. Hast du eine Ahnung, warum sie in Twilights lebt?«
»Nein, ich nehme an, dass sie ihr Zuhause aus irgendeinem Grund verlassen musste. Ich habe nie gefragt, und sie hat es mir nie erzählt.«
Phoebe goss sich ein neues Glas Wein ein. Am Himmel über den Baumwipfeln sah man Streifen in Lila, Gold und Rosa. »Und bereust du nicht irgendwie, na ja, was geschehen ist?«
»Im Hinblick auf Essie, ja.« Rocky äugte durch seine Bierflasche zum Himmel empor. »So etwas hätte ihr niemals passieren sollen. Niemand sollte das durchmachen. Aber was mich angeht, nein. Ich fand es schrecklich im Gefängnis. Die meiste Zeit hatte ich Angst, und zwar richtig Angst, und es war echt übel. Und dass ich hinterher meinen Job los war, und Mindy ebenso, und dass meine Eltern mich kaltgestellt haben und auch viele meiner Freunde … Aber dass ich den Mistkerl zusammengeschlagen habe, der Essie wehgetan und erschreckt hat, bereue ich nicht. Das werde ich niemals bereuen. Er hat es verdient. Und was auch immer der Richter gedacht haben mag, wir waren einander in Größe und Kraft durchaus ebenbürtig, und er hatte deutlich mehr Übung in Faustkämpfen als ich.« Er sah Phoebe an. »Offen gestanden bin ich kein Kämpfer. Bin es nie gewesen. Wusste gar nicht, was in mir steckt. Es
war eine ganz
Weitere Kostenlose Bücher