Aszendent zauberhaft
Liebe, dann lass ich dich jetzt mal weitermachen.«
Pauline ruckte schon hektisch mit dem Kopf. Die Tizianfarbe verfestigte sich bestimmt schon wie schnell trocknender Zement.
»Komme gleich.« Phoebe nickte Pauline zu und geleitete Essie von den Trockenhauben zur Tür. »Auf Wiedersehen, Essie.«
»Auf Wie-der-sehn, auf Wie-der-sehn, bleib nicht zu lahange fort …«, schmetterte Doreen.
»Lassen Sie die verflixte Fernbedienung in Ruhe!« Phoebe wollte zu den Trockenhauben hinüberhechten.
Dann hielt sie inne.
»Oh!«
Die Tür öffnete sich erneut, und Rocky trat zögerlich ein.
Er sah aus, dachte Phoebe, wie weit, weit außerhalb seiner Komfortzone.
Aber er sah auch absolut hinreißend aus, in seinen ausgewaschenen Jeans und dem schwarzen T-Shirt.
Sämtliche junge Friseurinnen wie auch die älteren Kundinnen merkten einhellig auf.
»Äh, guten Morgen.« Er sah Pauline an. »Ist es okay, wenn ich …«
»Sie wollen sicher zu Phoebe.« Pauline kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. »Hinz und Kunz will heute zu Phoebe. Allerdings …«
Als Phoebe plötzlich aufging, dass Pauline ja diejenige gewesen war, die zwei und zwei zusammengezählt und etwa fünfhundert herausbekommen hatte, wodurch Rocky auf eine Stufe mit einem Axtmörder gestellt worden war, eilte sie quer durch den Salon.
»Er kommt, um Essie abzuholen, Mrs Rivers. Das ist alles.«
»Hrmpf«, schnaubte Pauline. »Ich weiß ja nicht …«
Zum Glück war Essie Phoebe in Richtung Tür gefolgt und strahlte nun Rocky an, ohne Paulines Entrüstung zu bemerken. »Ich stehe schon bereit, mein Lieber. Wie nett, dass du mich abholen kommst.«
»Ist mir ein Vergnügen.« Rocky wirkte immer noch nervös. »Hi, Phoebe. Eifrig beim Zaubern?«
Essie kicherte.
»Was hast du ihm erzählt?«, zischte Phoebe.
»Ach, nur das Nötigste.« Essies Augen funkelten schelmisch. »Du hast ja gesagt, ich kann ihm erzählen, was ich will. Das hab ich getan. Also, schön, dass du in Sachen Sommerfest einverstanden bist, Liebes, und dann bis bald. Auf Wiedersehen.«
Rocky, immer noch grinsend, hielt Essie die Tür auf und ging, ohne sich nach Phoebe noch einmal umzusehen.
»Ich hoffe, du und er, ihr freundet euch nicht zu sehr an«, grummelte Pauline und quirlte wie eine übereifrige Fernsehköchin das Tizianrot mit dem Stielkamm durch. »Du weißt ja, dass er im Gefängnis war, und was er getan hat.«
»Wir freunden uns nicht im Entferntesten an. Und ja, ich weiß, dass er im Gefängnis war, aber das war alles ganz und gar nicht so, wie du erzählt hast. Er hat nämlich …«
»Himmel hilf!«, kreischte Doreen vom hinteren Ende des Salons. »Meine Ohren verbrennen!«
13. Kapitel
I m Hof war es an diesem Abend herrlich duftig und schattig, und der Kennet rauschte hinter den ummauerten Gärten der Winchester Road sanft auf seinem den Blicken verborgenen Weg dahin. Nach dem hektischen Tag bei Cut’n’Curl hatte Phoebe ihr Make-up entfernt, ausgiebig kühl geduscht, über die Unterwäsche nur ein weites Hemd angezogen, die nassen Haare nach hinten gekämmt und einen fertig zubereiteten Käsesalat von Big Sava direkt aus der Packung gegessen.
Nun saß sie mit einem großen Glas eisgekühlten Chardonnay und der mit Kondenswasser beschlagenen Flasche erfrischt und entspannt im Freien und fing an, mit ihrem Lieblingsnotizbuch die noch vor ihr liegende Woche zu organisieren. Sie plante einen Tag nach dem anderen, wie sie YaYa erklärt hatte. Auf diese Weise würde sie schon über die Runden kommen.
Listen anzulegen war doch überhaupt nicht zwanghaft, dachte sie, während sie eine unbefleckte Seite rasch vollkritzelte. Listen anzulegen war vernünftig und ordentlich. Und als Jungfrau war sie nun einmal Perfektionistin. Also war diese Vorgehensweise für sie das Selbstverständlichste der Welt.
Wenn sie vorausschauend plante, dann müsste das Sommerfest in Twilights natürlich ein oder zwei eigene Seiten bekommen. Und es wäre sicher sinnvoll, sich schon ein paar erste Notizen dazu zu machen, oder? Sie nickte im Stillen, blätterte
zu einer leeren Doppelseite und schrieb säuberlich SF/ Twilights an den oberen Rand, sorgfältig unterstrichen. Na also! Nun würde sie mehrere Spalten anlegen, mit passenden Überschriften versehen …
Oooh, es gab ja reichlich viel zu planen für das Fest – zum Beispiel, ob sie nur grundlegende Astrologie verwenden wollte oder ob sie es wagte, auch mit Tarot zu arbeiten? Sie knabberte am Ende ihres Stiftes, kritzelte ein bisschen
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