Aszendent zauberhaft
mir mein Zuhause gestohlen, meine Erinnerungen, meine Selbstständigkeit und alles, was mir je am Herzen lag.«
Schließlich räusperte sich Patrick. »Ich glaube, ganz so war das nicht.«
»Doch, ganz genau so war es. Na, habt ihr, Shirley und du und die anderen, durch den Verkauf meines Hauses jetzt ein Vermögen gemacht und seid alle miteinander in eine geschmacklose Villa nach Maidenhead gezogen? Bist du gekommen, um mir das mitzuteilen? Um mir deine neue Adresse für die Weihnachtskarten zu geben? Falls ich je welche verschicken sollte, was ich natürlich nicht vorhabe …«
»Ich bin bankrott.«
Essie blinzelte. Das hatte sie nicht erwartet.
Patrick und Shirley hatten mit ihren Partnern zusammen eine Firma und betrieben eine kleine Kette von Bekleidungsgeschäften. Boutiquen sagte Shirley dazu, aber in Wirklichkeit waren es einfach nur altmodische Damen-und-Herren-Ausstatter.
»Nur du oder ihr alle?«
»Wir alle. Auf einmal sind überall diese billigen Kaufhausketten aus dem Boden geschossen – Primark und dergleichen -, und niemand wollte mehr unsere Art von Textilien, Bekleidung, für die man einen guten Preis bezahlt und die ewig lange hält. Die Wegwerfgesellschaft hat uns ruiniert.«
Essie lächelte. »Gut.«
»Das meinst du doch nicht ernst.«
»Oh, Patrick, ich versichere dir, ich habe noch nie im Leben etwas so ernst gemeint. Das Haus ist also futsch? Und die Läden auch? Und euer gesamter Besitz?«
Mit Trauermiene nickte Patrick.
»Es gibt also doch noch eine himmlische Gerechtigkeit«, sagte Essie und strahlte übers ganze Gesicht. »Und wo wohnt ihr jetzt?«
»Faye und ich mieten eine kleine Wohnung. Shirley und Nicholas sind bei Freunden untergekommen. Im Vertrauen gesagt, kommen wir gerade so mit Ach und Krach zurecht, aber es ist wirklich schlimm, Mum. Wir haben uns alle an einen gehobenen Lebensstil gewöhnt und sind fast zu alt, um noch mal ganz von vorne anzufangen, selbst wenn wir es könnten. Es dauert sechs Jahre, bis wir schuldenfrei sind, und bis dahin sind wir schon fast im Rentenalter und …«
»Ach, ihr armen Kinderchen«, spottete Essie vergnügt. »Mir blutet das Herz. Also, wenn das alles war, was du an guten
Nachrichten zu überbringen hattest, dann geh ich jetzt wieder.«
»Mum, hör mich doch bitte an. Wir sind dein Fleisch und Blut. Deine Kinder. Du willst doch bestimmt nicht, dass wir den Rest unseres Lebens darben und in beengten, schlechten Verhältnissen wohnen müssen?«
»Will ich das nicht? Was glaubst denn du, in was für Verhältnissen ich hier wohne, Patrick? Und aus welchem Grund? Und was genau könnte ich deiner Meinung nach tun, um euch zu helfen – selbst wenn ich es wollte, was aber nicht der Fall ist?«
Patrick hatte sich mit einiger Mühe aus dem beigen Sessel erhoben. Sein Atem ging schwer. »Wir – also Shirley und ich – dachten, dass, nun ja, da dies ja ein Heim der Gemeinde ist, könnte es dich eigentlich nicht allzu viel kosten, und da die Renten erhöht worden sind, bleibt dir nach Abzug der Kosten doch sicher noch etwas übrig und du hast bestimmt etwas auf die hohe Kante gelegt und …«
»Geh mir aus den Augen!«, brüllte Essie. »Sofort! Raus hier! Ich will dich nie im Leben wiedersehen!«
Und dann, zu ihrem eigenen Entsetzen, stiegen Essie die Tränen in die Augen. Aber nicht Tränen des Kummers darüber, dass ihre eigenen Kinder schwere Zeiten durchmachten, sondern wütende Tränen der Empörung.
Sie drehte sich auf dem Absatz um und taumelte hinaus. In ihrer Eile, so schnell wie möglich so weit wie möglich von ihrem Sohn wegzukommen, torkelte sie gegen die Wände wie der Spielball eines Flipperautomaten.
»Halt mal, Schätzchen!«, brummte ihr eine vertraute Stimme entgegen. »Was ist denn hier los?«
»Slo!« Essie zog schniefend die Tränen hoch. »Ach Slo, hol mich hier raus. Bitte.«
»Mr Motion!« Joys greller Sopran hallte in Essies Ohren. »Na so eine Überraschung! Ach du lieber Gott, gibt es etwa einen Todesfall, von dem ich nichts mitbekommen habe?«
»Tja, ein oder zwei Bewohner draußen im Hof haben sich schon eine ganze Weile nicht mehr bewegt«, sagte Slo schneidend. »Aber nein, ich bin hier, um, ähm, mit Mrs Rivers ihre Bestattungsvorsorge zu besprechen.«
»Bestattungsvorsorge?« Joy schüttelte den Kopf. »Hör ich zum ersten Mal.«
»Spart einem Geld«, sagte Slo und umfasste Essies zitternden Ellbogen mit der Hand. »Mrs Rivers möchte ein bisschen zur Seite legen, wissen Sie, in Ratenzahlung,
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