Aszendent zauberhaft
ganz allmählich. So oder so bereute sie das Experiment in keiner Weise.
Da weder sie selbst noch Essie Slo seither gesehen hatte, wussten sie nicht, was für einen Empfang seine Cousinen ihm nach seiner Flucht bereitet hatten. Auch wenn sie mit den Feinheiten der Familienpolitik bei den Motions nicht vertraut
war, so hoffte Phoebe doch sehr, dass Slo sich wie ein Mann verhalten und Constance und Perpetua erklärt hatte, sie sollten sich verdammt noch mal um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.
Wie alle Dorffeste in Berkshire nahm das Sommerfest aus anfänglichem Chaos allmählich Gestalt an. Phoebe beobachtete, wie inmitten des Tumultes eine kleine, mit Seilen abgetrennte Arena entstand, mehrere Pavillons wie Pilze aus dem Boden wuchsen, Verkaufsstände einen Kreis bildeten, während Elektriker mit riesigen Kabeltrommeln hin und her flitzten, um die Lautsprecheranlage und die Beleuchtung zu installieren. Sogar Clemmies Mann Guy und seine Feuerwerks-Mannschaft von The Gunpowder Plot waren vor Ort und gruben am hinteren Ende der Grünanlagen die Abschussrohre für das abendliche Höhenfeuerwerk ein.
»Polly!« Die Stimme der enormen Joy zerriss jäh die Glückseligkeit der morgendlichen ländlichen Idylle. »Möchten Sie sich ein bisschen nützlich machen?«
»Phoebe. Und, äh, nein«, antwortete Phoebe lächelnd. »Ich, ähm, sitze hier nur und bereite mich auf nachher vor, indem ich mein Karma konzentriere.«
»Ah, ja.« Die enorme Joy, in königsblauem Hemdblusenkleid mit passendem Haarband über der Toupierfrisur, konnte mit dem Begriff Karma offenbar nicht viel anfangen. »Wir bräuchten nur jemanden, der sich um Jezebel McFrewin kümmert, wenn sie ankommt.«
»Jezebel wer ?«
»McFrewin. Ach, Sie werden doch sicher schon von ihr gehört haben? Sie ist unser Promi für die Eröffnungszeremonie am Mittag und kürt später den Gewinner des Kostümwettbewerbs. Falls sie schon vor zwölf Uhr eintreffen sollte, wär es mir lieb, wenn ihr jemand zur Seite stünde, der alle Sinne
beisammen hat und nicht in ihrem Beisein einzuschlafen droht oder sie mit Sahnepudding vollstopft oder versucht, sie in handgreifliche Partyspiele zu verwickeln. Mittags wird Tony dann übernehmen und sie zum Podium geleiten. Kann ich sie Ihnen zuteilen?«
»Äh, na ja, wenn es sein muss – aber wie soll ich sie erkennen? Was für ein Promi ist sie denn? Was hat sie denn Tolles gemacht?«
»Um die Wahrheit zu sagen, ich habe nicht die leiseste Ahnung«, antwortete Joy nervös. »Tony, mein Männe, hat sie über eine Agentur aus den Gelben Seiten engagiert. Enorm preisgünstig. Ich bin sicher, sie genügt für diesen Zweck vollauf. Wir haben um eine populäre Person gebeten, von daher wird sie wohl Schriftstellerin oder Sängerin oder Schauspielerin sein oder so etwas.«
Wahrscheinlich eher eine einsilbige, ausgemusterte Reality-TV-Show-Verliererin, feixte Phoebe insgeheim. »Ach du liebe Güte, wenn ich früher gewusst hätte, dass Sie einen Star suchen, hätte ich Joss Bensons – nein, sie hat ja wieder geheiratet -, Joss Fabians Mann Freddo fragen können. Er betreibt eine Künstleragentur. Die beiden wohnen in Bagley-cum-Russet und …«
Die enorme Joy zog geringschätzig die Nase hoch. »Ach nein, ich glaube nicht. Ich weiß alles über die Art von Leuten, die Freddo Fabian vertritt. Rock’n’Roll-Sänger und dergleichen – die würden wahrscheinlich nur in meinen Blumenrabatten Ecstasy schnupfen. Nein, nein – ich denke, Tony, mein Männe, hat bestimmt einen echten Volltreffer gelandet, mit dieser, ähm …«
»Jezebel McFrewin?«
»Genau.«
»Wollen wir es hoffen – aber ich weiß noch immer nicht, woran ich sie erkenne.«
»Nun, zum Ersten ist sie nicht aus dieser Gegend – und die meisten Leute von hier müssten Sie ja kennen. Lassen Sie sich etwas einfallen, Polly. Sie müssen einfach nur die Augen offenhalten nach jemandem, der, ähm, tja, eben enorm nach Prominenz aussieht, ja?«
»Hm, ich werd’s versuchen. Und werden die Insassen, ähm, die Bewohner mit ihr zufrieden sein?«
»Das wissen die Götter. Sie hatten sich eigentlich Vera Lynn oder Marlene Dietrich gewünscht. Nun muss ich mich sputen – viel zu tun und wenig Zeit.«
Jezebel McFrewin?, grübelte Phoebe. Nie gehört. Aber irgendeine hohlköpfige Barbiepuppe ein paar Minuten lang über das Festgelände zu führen, dürfte ja eigentlich kein allzu großes Problem darstellen.
»Hi.« Rocky, der in engen Jeans und einem AC/DC-T-Shirt ganz schön
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