@ E.R.O.S.
daß Lenz ihn verdächtigt, doch bevor ich meine Worte abschwächen kann, fängt Drewe an, Fragen über die Mordopfer zu stellen.
Als Antwort öffnet Miles auf unserem Küchentisch seine Aktentasche. Darin befinden sich ordentlich gebundene Stapel lasergedruckten Papiers, das mit den Hieroglyphen der Steuerzeichen bedeckt ist, die bei der Kommunikation zwischen Computern verwendet werden. Kurz gesagt, Drewe und ich betrachten ein Füllhorn der Früchte virtuosen Computerhackings.
»Ich habe hier jede Menge Informationen«, sagt er und quetscht sich wieder zwischen Tisch und Wand. »Ich habe angefangen, sie zu sammeln, als die Todesfälle bestätigt wurden. Ich kam natürlich nicht an alles ’ran, aber was ich habe, ist farblich gekennzeichnet. Grün für die Berichte der örtlichen Polizeibehörden. Orange für die Ergebnisse der Laboruntersuchungen. Blau für die Gespräche des FBI mit Zeugen. Rot für allgemeine FBI-Unterlagen ...«
»Du warst im FBI-Computer?« unterbreche ich ihn.
»In den Computern, Mehrzahl. Ihr Akronym für den Fall ist ERMURS – für EROS-Murders, EROS-Morde.«
»Kein Wunder, daß sie dich verhaften wollen. Bist du in ihr internes E-mail-System eingedrungen?«
»Ich habe es gesehen. Hab’ hier ein paar Ausdrucke. Ich war auch im Computer des National Crime Information Center, und in einem neuen Ding namens NEMESIS. Das steht für Nonlinear Evaluation/Manipulation of Evidence System und ist ihr einziges System, das wirklich elegant ist. Offiziell ist es noch nicht online. Die anderen sind verdammt umständlich.«
»Aber warum gehst du all diese Risiken ein?« fragt Drewe. »Kannst du nicht einfach untertauchen, bis alles vorbei ist?«
»Nein. Weil Baxter und Lenz Brahma nicht so schnell fassen werden. Und da sie keine vernünftigen Spuren haben, wird der große Gott Dynamik sie dazu bringen, sich nach dem wahrscheinlichsten Verdächtigen umzusehen. Für sie bin ich das.«
»Aber ...«
»Ich kann mir diese Burschen nur vom Hals schaffen, indem ich Brahma selbst schnappe.«
Etwas kräuselt sich durch meine Brust, als fiele ein paar Kilometer entfernt ein Kieselstein in einen stillen Teich.
»Außerdem«, fährt er fort, »macht Brahma mit meinem Network ’rum, mit meinem System. Ich habe es aufgebaut, aus dem Nichts erschaffen, und er behandelt es wie seinen persönlichen Sandkasten. Das kann ich nicht hinnehmen.«
»Hast du schon rausgefunden, wie er reinkommen konnte?« frage ich. »Wie er an die Kundenhauptliste gekommen ist?«
Miles starrt mich wütend über den Tisch hinweg an. »Nein.«
Das kann ich mir einfach nicht vorstellen, doch ich will ihn vor Drewe nicht bedrängen. »Was ist mit Alibis? Du mußt doch zumindest für einige Abende, an denen die Morde stattfanden, Alibis haben. Verdammt, ich kann mich an keinen Abend entsinnen, an dem du das System nicht bedient hast.«
Er wirft mir einen Seitenblick zu. »Ich muß nicht im Büro sein, um das System zu bedienen. Das weißt du auch. Ich brauche nur einen Laptop und eine Telefonleitung. Und dabei möchte ich es vorerst bewenden lassen.«
Drewe und ich wechseln einen Blick. Sie trinkt einen Schluck Kaffee. »Könntest du dich nicht einfach stellen und den Ärger aussitzen, den sie dir bereiten, bis der Mörder erneut tötet? Das würde beweisen, daß du unschuldig bist.«
»So einfach ist das nicht. Wenn man mich verhaftet, könnte Brahma sich entschließen, eine Weile nicht mehr zu töten. Oder wenn er weiterhin mordet, könnte das FBI sagen, ein Nachahmer hätte ins Spiel eingegriffen. Sie könnten behaupten, ich gehörte einer Gruppe an, und versuchen, mich auf dieser Grundlage anzuklagen.«
»Aber sie können doch unmöglich genug Beweise haben, um dich überhaupt anzuklagen?«
Miles zuckt mit den Achseln. »Es gibt ein paar Laboruntersuchungen, die mit meinen Blutdaten übereinstimmen. Und auch noch andere Dinge.«
»Keine DNS?«
»Die können sie nicht haben«, erwidert er scharf. »Nicht, wenn alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Aber Brahma ist es gelungen, an jedem Tatort in die Irre führende Indizien unterzuschieben. Ich muß davon ausgehen, daß er von EROS weiß, wer ich bin. Und wer kann sagen, daß er nicht irgendetwas von mir untergeschoben hat, das ihnen eine DNS-Probe verschafft?«
»Das ist unmöglich«, sagt Drewe.
»Nichts ist unmöglich. Und glaubt ja nicht, das FBI stünde darüber, Proben zu manipulieren, um DNS-Beweise gegen mich zu konstruieren, wenn der Druck, diesen Fall
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