@ E.R.O.S.
abtastet, und schreitet dann, unsichtbaren Mustern folgend, auf und ab.
»Es wird folgendermaßen laufen«, sagt er. »Brahma wird noch eine Weile wie bisher kommunizieren, im Livechat-Modus. Wie lange, das hängt von den Telefontricks ab, die er noch im Ärmel hat. Es ist nicht leicht, dieser Tage eine Zurückverfolgung zu vermeiden. Sobald sie ihm auf die Pelle rücken, kann er im Livechat-Modus bleiben, indem er autorisierte Zugangsberechtigungen benutzt, deren Paßwörter er kennt. Du hast ja gesagt, daß er das schon mal getan hat, als er mit Lenz sprach. Aber wenn die FBI-Techniker clever sind – und das ist in der Tat fraglich –, gibt es eine Möglichkeit, diese legitimen Zugangsberechtigungen zurückzuverfolgen.«
Miles hat innegehalten, und so tue ich ihm den Gefallen und frage: »Wie?«
»Du hast Lenz ein paar Abschriften von einigen von Brahmas Dialogen mit seinen Opfern gegeben, nicht wahr? Wenn das FBI auf sie zurückgreift, kann es ein Suchmuster erstellen und in ein Programm eingeben, das EROS dann nach seinen gebräuchlichsten Prosamustern durchsucht. Sie werden immer weniger Zeit brauchen, um die Anrufe zur Quelle zurückzuverfolgen.«
»Und?«
»Irgendwann wird Brahma vom Livechat zur E-mail wechseln.«
»Hilft uns das weiter?«
»Denk doch mal nach, Harper. Was ist der grundlegende Unterschied zwischen dem Plaudermodus und einer E-mail?«
»Na ja ... keine Ahnung.«
»Sicher weißt du es. Denke wie ein Makler. Die Lage, der Standort, die Position.«
Plötzlich habe ich es. »Im Chatmodus schickt jeder Teilnehmer seine Seite des Gesprächs an einen unserer Server in New York. Im Prinzip verfolgen alle die Konversationen über eine Fernsprechleitung.«
»Und eine E-Mail?«
»Ist eine richtige Datei, die der User von unserem Computer in seinen herunterlädt. Normalerweise jedenfalls.«
Er bedenkt mich mit einem so herablassenden Lächeln, daß ich mir vorkomme, als wäre ich wieder im dritten Schuljahr. »Und so kriege ich ihn.«
Ich versuche, seinen Gedankengang ein weiteres Stück nachzuvollziehen. »Wie? Willst du einen Virus in seinen Computer einschmuggeln? All seine Dateien zerstören? Was erreichst du damit?«
»Ich habe weder das eine noch das andere vor.«
»Und was dann?«
»Ein Trojanisches Pferd.«
Ich lehne mich zurück und denke darüber nach. Ein TrojanischesPferd ist ein Programm, das ein Hacker dem Computer einer anderen Person unterschiebt. Es bleibt in einem neutralen Bereich des Speichers des Gastcomputers versteckt und wartet geduldig, bis ein berechtigter Benutzer einloggt und sein Paßwort eingibt. Dann kopiert das Trojanische Pferd das Paßwort des Users in eine geheime Datei, bevor es ihm Zugriff auf den Computer ermöglicht. Nach einem Tag oder einer Woche oder einem Monat wählt der Hacker den Computer wieder an, öffnet sein Programm und entnimmt ihm eine umfangreiche neue Datei gültiger Paßwörter. Dann löscht er sein Trojanisches Pferd, damit niemand herausbekommt, daß er es je installiert hat. Danach kann er sich jederzeit illegalen Zugriff auf dieses System verschaffen, indem er die rechtmäßigen Paßwörter benutzt. Das Trojanische Pferd ist seinem Namen gerecht geworden und hat ihm das Tor zur Stadt geöffnet.
»Mir ist nicht klar, worauf du hinauswillst«, sage ich zu Miles. »Du willst doch nicht in Brahmas Computer eindringen?«
»Das wird kein traditionelles Trojanisches Pferd sein, falls ich es bauen kann. Das wird ein echtes Trojanisches Pferd sein.«
»Ich verstehe noch immer nicht.«
»Weißt du noch, wie das Trojanische Pferd hinter die Mauern Trojas gelangt ist?«
»Klar. Die Griechen haben es gebaut, vor die Tore Trojas gezogen und so getan, als würden sie davonsegeln. Die Trojaner dachten, das Pferd sei ein Geschenk, und haben es in die Stadt gezogen.«
Miles nickt. »Und genau das wird auch Brahma tun.«
»Warum sollte er?«
»Vertrau mir. Er wird es tun. Was ist passiert, nachdem die Trojaner das Pferd durch das Tor in die Stadt gezogen haben?«
»Die griechischen Soldaten, die sich darin versteckt hatten, kletterten in der Nacht hinaus und haben sie alle getötet.«
Miles kichert leise. »Mein Plan unterscheidet sich geringfügig davon. Aber das Ergebnis wird dasselbe sein.«
»Aber du kannst dein Trojanisches Pferd nicht mal zum Stadttor rollen. Du weißt nicht, wo es sich befindet.«
»Das habe ich auch nicht vor«, sagt er ruhig. »Das wirst du erledigen.«
Und nun geht mir ein Licht auf. Miles ist zur gleichen
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