@ E.R.O.S.
Drucker deines Gateway nehmen. Sind ja zum Glück beides LaserJets.«
»Ist nicht nötig«, erwiderte ich, froh, meine Unbeholfenheit hinter einer mechanischen Aufgabe verbergen zu können. Ich ging zu einem Regal und nahm eine große weiße Plastikflasche herunter.
»Was ist das?« fragte er. »Toner?«
»Ja.«
»Mit dem du die Kartuschen wieder auffüllst?«
»Hier am Arsch der Welt geht’s nun mal nicht anders.«
»Ist das nicht lästig?«
Ich schüttelte den Kopf. Während Miles mich mit gespannter Aufmerksamkeit beobachtete, entfernte ich die keilförmige Tonerkartusche mit einem Spezialschraubenzieher aus dem Hewlett-Packard-Drucker und nahm sie teilweise auseinander. Damit ich danach nicht aussah wie ein Grubenarbeiter nach getaner Arbeit, entfernte ich sehr vorsichtig den Stöpsel aus dem Tonerbehälter und füllte die leere Kartusche mit dem ultrafeinen schwarzen Pulver auf, das die »Tinte« eines Laserdruckers bildet.
»Das war’s?« fragte Miles.
Ich stöpselte den Behälter wieder zu und setzte die Kartusche zusammen. »Es kann losgehen.«
Während ich die Kartusche in den Drucker schob, tat er so, als würde er sich etwas auf seiner Handfläche notieren. »Eine neue Aufgabe für meine Assistenten«, sagte er.
Aber der Fallout seiner Enthüllung hing noch in der Luft wie Ozon nach einem Gewitter. Ich ging zu meinem Minikühlschrank hinüber und holte ein Tab heraus.
»Warum suchst du nicht nach Brahma?« schlug Miles vor.
»Ich bezweifle, daß er noch online ist.«
»Du hast den Kontakt doch abgebrochen. Kein Grund für die Annahme, daß er ebenfalls Schluß gemacht hat.«
Mit Miles’ Suchprogramm dauerte es nicht mal eine Minute, bis ich »Maxwell« in einem anderen privaten Raum gefunden hatte. Dort unterhielt er sich, wie es seinen Gewohnheiten der letzten drei Tage entsprach, mit »Lilith«. Erneut bestätigten die Stimmen meinen Verdacht: Es flossen wesentlich mehr Informationen von Dr. Lenz zu Brahma als in die andere Richtung.
»Lenz’ Plan wird nicht funktionieren«, sagte ich über meine Schulter.
»Wie kommst du darauf?«
»Weil er nicht das geringste über Brahma erfährt.«
»Das soll er auch nicht, oder? Er legt nur einen Köder aus und hofft darauf, Brahma zu veranlassen, ihn zu entführen.«
»Aber er versucht , etwas über ihn herauszufinden. Zumindest zwischen seinen altbackenen Enthüllungen. Hör dir das mal an. Im Vergleich zu dem Zeug, das er ausspuckt, kommt einem Beim Sterben ist jeder der erste wie ein Disneyfilm vor.«
Miles zuckte mit den Achseln, als wolle er sagen: »Was kann ich dagegen tun?«
Ich hörte Lilith eine Minute lang mit halbem Herzen zu, war mit den Gedanken jedoch ganz woanders. »Wie kommt dein Trojanisches Pferd voran?«
»Es hat Sehnenentzündung«, sagte Miles verdrossen.
»Was?«
»Ich krieg’s schon hin.«
»Willst du mir nicht sagen, wie es funktioniert?«
»Bis du Brahma heiß gemacht hast, spielt das doch wirklich keine Rolle, oder?«
Ich wollte ihm gerade sagen, was er mich könnte, als er seufzend eine Entschuldigung anbrachte. »Hör zu, es wird funktionieren oder nicht, okay? Machen wir eine Pause.«
Ich hob die Hände, um ihm zu zeigen, daß ich den Waffenstillstand akzeptierte. Im Hintergrund dröhnte Liliths Stimme weiter vor sich hin, zerrte dunkle sexuelle Geheimnisse aus »ihrer« Vergangenheit hervor und bedrängte »Maxwell« unbeholfen – zumindest für meine Ohren –, ähnlich zu reagieren. Brahma tolerierte die Fragen mit ungewohntem Sanftmut, ließ sich aber nicht aus der Reserve locken. Während das Gespräch seinen Verlauf nahm, stellte sich bei mir der Eindruck ein, daß Dr. Lenz in seiner Gier keine wertvollen Informationen einholte, sondern lediglich ein Seil.
Das gerade lang genug war, um sich daran zu erhängen.
26
G
estern abend träumte ich, daß Erin mit Miles schlief. Mein Bewußtsein ist in dieser Hinsicht ein Verräter. Die Bilder, die ich unbedingt auslöschen möchte, klammern sich mit der Beharrlichkeit von Unkraut ans Leben, während die, die mir lieb und teuer sind, wie der Schimmer einer Rose verblassen.
An diesem Morgen war Drewe schon losgefahren, bevor ich erwachte. Ich kämpfte darum, weiterzuschlafen, während Miles sich ein Omelett machte und dabei das Fernsehgerät im Wohnzimmer laufen ließ, doch es war sinnlos. Er ließ mich die Fenster überprüfen und in EROS fischen, noch bevor ich auch nur eine Schüssel mit Cornflakes essen konnte.
Brahma loggte sich früh als
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