@ E.R.O.S.
monotone Arbeit mit einem effizienten Klicken der Festplatte. Die Suche nach Brahmas Prosamuster dauert viel länger als die nach einem Benutzernamen. Nachdem ich mich ein paar Minuten lang abgelenkt und auf meinem Bett Gitarre gespielt habe, schaue ich zu dem Computer hinüber. Der Monitor zeigt das Bildschirmformat eines privaten Raums. Das Bedienerzeichen oben auf der Seite lautet:
MAXWELL>
Das darunter lautet:
LILITH>
.
Zuerst rufe ich nach Miles. Dann hänge ich meine Gitarre wieder an die Wand und setze mich vor den EROS-Computer.
»Er hat mich angelogen«, sage ich, als Miles hereinkommt. »Er ist online. Er spricht wieder mit Lenz.«
»So was habe ich vermutet. Erzählt Lenz wieder dieselbe alte Scheiße? Den für Lieschen Müller aufbereiteten Freud?«
»Sieht so aus. Soll ich den Ton einschalten?«
»Nee.« Er setzt sich aufs Bett und klappt seinen Laptop auf.
Während ich die übliche schlüpfrige Prosa überfliege, steigt mir eine Hitzewelle ins Gesicht. Meine Blicke kleben wie ein
Laserzielfernrohr an einem Absatz.
MAXWELL>
Ich verstehe nur allzu gut. Die meisten Männer sind Arschlöcher.
Ich lese noch einmal den Text über dieser Zeile, doch alles kommt mir normal vor. Dann erscheint dies:
MAXWELL>
Wir haben mit abstrakten Begriffen über HIV gesprochen, uns aber niee die eine wichtige Frage gestelt.
Ich will »Miles!« rufen, bringe jedoch nur ein Flüstern über meine Lippen.
»Hast du was gesagt?« fragt er.
»Tippfehler! Sieh dir das an!«
Sekunden später liest er über meine Schulter hinweg, was auf dem Bildschirm steht.
»Er macht sie noch immer«, murmele ich.
»Er benutzt nicht seine Spracherkennungseinheit.« Miles schließt eine Hand um meine Schulter. »Er ist unterwegs!«
Meine Brust fühlt sich ganz hohl an. Lenz weiß das doch, oder?«
»Er muß es wissen. Die FBI-Agenten bei EROS haben die Tippfehler wahrscheinlich schon vor dir bemerkt. Roll den Bildschirm hoch. Ich wette, er macht schon während des gesamten Wortwechsels Fehler.«
Ich rolle den Text zu den vorherigen Zeilen hoch und stelle fest, daß Miles recht hat. »Na schön«, sage ich und versuche, mich zu beruhigen. »Na schön, das müssen sie gesehen haben. Es sind zu viele, um sie zu übersehen.«
»Verdammt«, sagt Miles leise. »Lenz hat es durchgezogen. Bestimmt ölt ein SWAT-Team vom FBI jetzt schon seine Kanonen.«
»Brahma macht sich zwei oder drei Tage vor einem Mord auf den Weg«, erinnere ich ihn. »Zumindest, wenn wir vom Auftreten seiner Fehler und den alten Morddaten ausgehen.«
»Er sondiert das Terrain«, sagt Miles. »Er ist jetzt da draußenund benutzt einen Laptop und ein Handy. Ich frage mich, wie nah er diesem Schutzquartier bereits ist.«
»Ich rufe Lenz an«, erkläre ich.
»Warum? Das FBI macht sich doch schon warm, um den Typ aus dem Verkehr zu ziehen.« Miles fährt sich mit einer Hand über den noch immer lächerlichen Kurzhaarschnitt. »Jetzt wäre die beste Gelegenheit, um ihn aufzuspüren.«
»Warum?«
»Weil er ein Handy benutzt und wir sein Ziel kennen.«
»Ich rufe im Versteck an, Miles.«
»Tu dir keinen Zwang an, aber sie werden dir nur eins auf den Deckel geben.«
»Na schön.« Ich stöbere in meinem Portemonnaie nach der Karte, die Lenz mir gegeben hat, finde sie und lege sie neben das Telefon. Nach dem zweiten Klingeln hebt jemand ab.
»Ja?« sagt eine weibliche Stimme.
»Hier ist Harper Cole. Ich muß mit Dr. Lenz sprechen.«
»Sie hätten nicht hier anrufen sollen.«
»Ich muß mich vergewissern, daß er etwas Wichtiges mitbekommen hat.«
»Er hat es mitbekommen. Harper, hier ist Margie Ressler.«
»Margie.« Der Lockvogel. »Ist alles in Ordnung?«
»Ja, aber wir müssen diese Leitung freihalten.«
»Ich muß Lenz etwas sagen.«
»Wegen der Fehler?«
»Sie wissen davon?«
»Wir haben alles unter Kontrolle. Wirklich. Behalten Sie die Ruhe.«
Erleichterung überflutet mich. »Na schön. Ich wollte mich nur vergewissern, daß Ihnen keine böse Überraschung ins Haus steht.«
»Wir sind das FBI, Harper. Wir lassen uns nicht überraschen.« Ihre Stimme wird leiser. »Aber Sie halten Ihre Augen besser auch offen. Haben Sie oder Miles Turner Mr. Baxter eine E-mail geschickt und ihn aufgefordert, Gewebespenderorganisationen zu überprüfen?«
»Margie ...« Ich halte inne, will nichts an einem Telefon eingestehen, das vielleicht abgehört wird.
»Ich sage Ihnen nur, daß die Kacke am Dampfen war, nachdem sie mit der Überprüfung
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