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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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von dem ich erwarten würde, daß er wegen einer solchen Sache die Beherrschung verliert.«
    Ich nicke wie ein Roboter.
    »Harper ...«
    Gott im Himmel.
    »Ich möchte dich etwas fragen.«
    Ich schaue meiner Frau geradewegs ins Gesicht, das eine Verletzlichkeit verrät wie noch niemals zuvor.
    »Schläfst du mit Erin?«
    Die Direktheit der Frage bringt mich fast aus der Fassung. Drei Jahre lang habe ich darum gebetet, daß dieser Verdacht nie ausgesprochen werden würde; nun durchschneidet er die Luft zwischen uns wie das Messer einer Guillotine.
    »Verdammt noch mal, wovon sprichst du?«
    »Es tut mir leid«, sagt sie schnell. »Du mußt es nicht abstreiten.«
    »Glaubst du etwa, ich hätte eine Affäre mit ihr? Wie kannst du mich so etwas auch nur fragen?«
    Drewes Gesicht ist bleich. »Nur das würde Patrick so wütend machen, daß er Erin schlägt! Nachdem mir der Gedanke erst mal gekommen war, wurde ich ihn nicht wieder los. Und wir beide schlafen nicht mehr zusammen, weil ich ... weil ich die Pille nicht mehr nehme.«
    »Mein Gott, Drewe! Ich schlafe nicht mit deiner Schwester.«
    »Ich weiß, daß sie attraktiv ist. Sexuell, meine ich ...«
    »Drewe!«
    »Lüg mich nicht an, Harper.« Ihre Unterlippe zittert. »Mehr verlange ich nicht. Lüg mich nur nicht an.«
    Lüg mich nur nicht an. Wie oft habe ich diese Worte gehört, und von wie vielen Frauen? Drewe steht kurz vor der Explosion. Die kleinste Berührung wird sie endgültig in die Luft gehen lassen. Als ich antworte, betone ich jedes Wort, und meine Stimme ist erfüllt von der Überzeugung eines Apostels.
    »Ich schlafe nicht mit Erin, Drewe. Ich würde sie nicht mal vögeln, wenn sie um drei Uhr nachts nackt in mein Bett steigen würde.«
    Wie Sonnenlicht, das sich durch Nebel brennt, hellt der Glaube an meine Worte Drewes Augen auf. Sie senkt wieder den Kopf und wischt neue Tränen fort. »Mein Gott, ich weiß nicht, was ich sage. Als ich diese blauen Flecke sah, bin ich wohl ausgerastet.«
    Ich zögere, beuge mich dann vor und umarme sie so fest, wie ich kann. »Es wird alles wieder gut«, murmele ich und wiege sie sanft. »Die beiden werden das schon klären.«
    »Ich weiß nicht. Was es auch ist, vielleicht ist es schon zu spät dafür.«
    Lieber Gott, bitte nicht. »Du kannst heute abend sowiesonichts mehr tun. Warum nimmst du nicht eine Valium oder so aus deiner Tasche? Geh einfach zu Bett und denke an gar nichts mehr.«
    »Du weißt, daß ich nie Sedativa nehme.«
    »Vielleicht solltest du heute eine Ausnahme machen.«
    Sie schüttelt den Kopf und weicht so weit zurück, daß sie mir in die Augen sehen kann. »Weißt du, wonach ich mich besser fühlen würde?«
    »Wonach?«
    »Wenn du mit mir schlafen würdest. Vergiß einfach diese verdammten Morde, und mach es dir mit mir schön gemütlich.«
    Ich fühle mich in etwa so müde wie ein Süchtiger, dessen nächster Schuß schon lange überfällig ist, bin aber nicht dumm. »Das ist der beste Vorschlag, den ich seit einem Monat gehört habe. Geh schon vor und wasch dir dein Gesicht. Ich komme in einer Minute nach.«
    »Sollten wir nicht etwas essen?«
    »Ich mache uns ein paar Sandwiches und bringe sie ins Schlafzimmer.«
    Sie lächelt.
    Als sie den Flur entlanggeht, sacke ich gegen die Arbeitsfläche. Zum erstenmal habe ich den Eindruck, daß es ein Fehler gewesen ist, nach Karins Tod die Polizei angerufen zu haben. Obwohl ich keinen Zusammenhang sehe, habe ich den Eindruck, daß meine Verwicklung in die Jagd auf Brahma irgendwie die Zerrüttung von Erins und Patricks Ehe beschleunigt hat – bis hin zu jenem Punkt, daß ich nun hier stehe und befürchte, daß meine eigene die nächste Woche nicht überleben wird.
    Lüg mich nur nicht an. Diese Zeile sollte man zu den drei größten Lügen der Welt hinzufügen. Alle Frauen sagen sie, aber keine meint sie ernst. Sie glauben , sie meinen sie auch so. Aber in Wirklichkeit meinen sie, sie wollen, daß es nichts gibt, weswegen man lügen müßte. Noch ernüchternder ist, daß diese Bitte die Grundlage für einen sehr riskanten Schrittdarstellt. Mach reinen Tisch, sagt dein Gewissen, gestehe es endlich, und alles kommt wieder in Ordnung. Wird genauso wie früher.
    Aber das stimmt nicht.
    Frauen sind auch nur Menschen, und es entspricht der menschlichen Natur weder, etwas zu vergessen, noch etwas zu vergeben. Sobald Bilder der Fleischeslust in den empfindsamen, bisweilen wirren Windungen des menschlichen Gedächtnisses eingebrannt sind, können sie nie

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