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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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wieder gelöscht werden. Viel öfter ist zu befürchten, daß sie wachsen und Metastasen bilden, bis sie mehr Leidenschaft entfesseln, als sterbliche Körper je wahrnehmen können, und die Seele des Betrogenen mit Schmerz erfüllen, der genauso unerträglich ist wie jede körperliche Folter.
    Natürlich hat es ganz eigene Konsequenzen, solch ein Geheimnis zu bewahren, wie ich selbst nur allzu gut weiß. Das ist ein langsam und gründlich wirkendes Gift. Doch es richtet seinen Schaden hauptsächlich beim Betrüger an. Wenn man die Belastung erträgt, kann man fast alles retten.
    Meine Argumentation ist ganz einfach. Jedesmal, wenn ich in meinem Leben etwas gestanden habe, ist nichts Gutes dabei herausgekommen. Halleluja, man kannte nun die Wahrheit, und alle waren unglücklich. Die Lektion war klar: abstreiten, abstreiten. Und als ich mich vor zwei Minuten der Prüfung ausgesetzt sah, vor der ich mich so lange gefürchtet hatte, blieb ich meiner Auffassung treu. Ich tat das, was für alle am besten war.
    Warum fühle ich mich also so beschissen?
    Drewe und ich haben die Sandwiches nie gegessen. Wir haben nicht mal damit angefangen. Als ich mit dem Teller ins Bett stieg, schob sie die Decke beiseite und zog mich wortlos darunter. Sie war nackt, zog mich schnell aus, und zum ersten Mal seit Monaten hatte ich nicht den geringsten Argwohn, daß ihr Verlangen etwas mit ihrem Wunsch zu tun hatte, schwanger zu werden. Ich spürte nur eine verzweifelte Flucht vor allem Bewußten, eine absichtliche Verkleinerung der Außenwelt,einen Sturz in das einzige Feuer, das wirklich Trauer und Schmerz tilgen kann.
    Drewe war nicht Drewe. Sie war eine Frau, die wie Drewe aussah, aber ohne all den Ballast zu Werke ging, den Drewe im Alltag mit sich herumschleppt – Pflichterfüllung und Selbstvorwürfe und Voraussehen und die Verpflichtung der Familie gegenüber –, die nur aus weit aufgerissenen grünen Augen und bleicher, glatter Haut und dem widerspenstigen rötlichbraunen Haar bestand, mit dem sie geboren worden war. Solange es anhielt, wußte ich, daß diese so lange zurückgehaltene Intensität, diese unterdrückte Energie, genau das war, was mich an ihr stets angezogen und von dem ich geglaubt hatte, es mit der Zeit hervorlocken zu können. Aber es war mir nie gelungen. Dazu war erforderlich, die Routine des Alltags zu zerschmettern. Ein Ausbruch der Gewalt und Furcht in ihrer streng geordneten Existenz. Ein so starker Schock, daß er alle Vertäuungen durchtrennte und sie in unbekannte Gewässer zwang.
    Und es wird nicht anhalten. Trotz all der Stärke ihrer latenten Leidenschaft ist und bleibt Drewe ein Geschöpf des Gleichgewichts. Sogar in diesem Augenblick erfüllt ihr regelmäßiger Atem den Raum wie das Geräusch einer organischen Uhr, die die Halbwertzeit von Träumen mißt.
    Ich habe unruhig geschlafen, mit sprunghaften Bewußtseinslücken, die sich nie ganz in Schlaf auflösten. Vor einer Weile hatte ich einen absurden Traum. Ich war ein junger Wal, der in Untiefen in der Nähe eines vulkanischen Strands gefangen war, mit dem Schwanz schlug und dem tieferen Wasser entgegenstrebte, doch den Rand des großen Felsenriffs einfach nicht erreichen und damit auch nicht in den blauschwarzen Himmel des Friedens und Vergessens eintauchen konnte. Ich bin nur dankbar, daß die Klimaanlage sich gegen die Wärme der Nacht behauptet.
    Das Klingeln des Telefons hört sich in meiner Vorstellung an wie ein Horn, und ich greife danach und hoffe, daß Drewe nicht wach geworden ist.
    »Cole?«
    »Ja. Wer ist da?«
    »Daniel Baxter.«
    »Was ist los? Haben Sie Brahma erwischt?«
    »Brahma?«
    »Den Mörder. Das UNSUB.«
    »Nein. Haben wir nicht.«
    Ich setze mich auf die Bettkante und spüre ein seltsames Summen in meinem Hinterkopf. Auf Drewes Uhr ist es genau zwei. »Er ist Ihnen entwischt?«
    »Nein, wir haben den Burschen, den wir beschattet haben. Aber es war der Falsche.«
    »Aber Sie haben doch gesagt, Sie hätten das Flugzeug mit den Morden in Verbindung bringen können.«
    »Das stimmt auch. Und es gehörte diesem Arzt. Die richtigen Kennzeichenziffern, alles. Aber dieses Flugzeug hat den Erdboden seit einem halben Jahr nicht mehr verlassen. Dieser Typ ist ein typischer Arzt. Fängt jedes halbe Jahr mit einem neuen Hobby an, kauft sich die beste Ausrüstung, langweilt sich dann und fängt was Neues an. Im Augenblick beschäftigt er sich mit Hightech-Gerätetauchen.«
    »Sind Sie sicher, daß er der Falsche ist?«
    »Absolut. Wir

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