@ E.R.O.S.
einem blauen Licht. Dort. Ein saphirblauer Lichtkegel, der ziemlich weit links von uns pulsiert. Während ich ihn betrachte, zieht eine schreckliche Vorahnung meinen Magen zusammen.
»Könnte es die Feuerwehr sein?« frage ich und bete um ein Ja.
»Falsche Farbe. Das ist auf jeden Fall ein Polizeiwagen. Nein, mehrere. Sieht aus wie die Mississippi Highway Patrol oder der örtliche Sheriff. Haben Sie eine Ahnung, wo das ist?«
»Ich glaube, sie stehen vor meinem Haus, Mike. Drücken Sie aufs Gas.«
»He, ich fahre schon schnell genug.«
»Geben Sie Gas!«
Die plötzliche Beschleunigung drückt mich in den Sitz zurück. Mayeux schaltet das Blaulicht ein, und wir preschen durch den Regenwall wie ein Teenager-Liebespärchen, dasgemeinsam Selbstmord begehen will. Obwohl Mayeux schon das Schicksal herausfordert, umklammere ich die gepolsterte Armlehne des Caddy und zwinge den Wagen, schneller zu fahren. Der Saphirglanz blüht schnell zu einer blitzenden Kugel auf, die einem winzigen Atompilz ähnelt. Verdammt noch mal, was kann da passiert sein? Ein Teil von mir kennt die Antwort, aber ich kämpfe mit ganzer Seele gegen dieses Wissen an, will nicht glauben, daß Brahma irgendwie Miles’ digitalen Schutzschild durchdrungen hat und ich Drewe seinem flammenden Wahnsinn ausgesetzt habe. Wir preschen wie eine blaue Kleinbahn durch das eigentliche Rain und hinterlassen als Kielwasser ein heulendes Vakuum.
»Langsamer! Noch gut einen halben Kilometer bis zur Abzweigung!«
Mayeux drückt sanft auf die Bremse und fängt dann zu pumpen an, als das Durcheinander der blitzenden blauen und roten Lichter sich zu unterscheidbaren Bildern auflöst. Streifenwagen, Einsatzfahrzeuge des Sheriffs und der Highway Patrol und Krankenwagen. Sie umgehen unser Haus wie ein motorisierter Landsturm. Mayeux biegt auf die Einfahrt und fährt sie so weit hinauf, wie er kann. Ich bin schon aus dem Wagen gesprungen und laufe durch den Regen, bevor er noch richtig angehalten hat.
»Warten Sie auf mich, Cole!«
Ich laufe zwischen Wagen hindurch zur Veranda, erstaunt über die Menge des Lichts, das aus unseren Fenstern fällt. Plötzlich zucken zwei blauweiße Blitze aus denen meines Büros.
»Halt!« ruft jemand.
Ein Knäuel Uniformierter blockiert die Haustür. Ich laufe auf sie zu, ohne innezuhalten, und löse damit ein metallisches Klicken von Abzugshähnen und Entsicherungshebeln aus.
»STEHENBLEIBEN!«
»Das ist mein Haus!« rufe ich und reiße angesichts eines halben Dutzends Schießeisen die Arme hoch. »Wo ist meine Frau?«
» STEHENBLEIBEN, DU ARSCHLOCH !«
Kaum imstande, meine Panik zu unterdrücken, tue ich schließlich in einer knöchelhohen Pfütze vor dem Fuß der Verandatreppe wie geheißen.
»Kennt jemand diesen Burschen?« fragt ein Beamter der Staatspolizei von Mississippi, von dessen Hutkrempe Regen tropft.
»Er ist okay!« ruft Mayeux von hinten. Der Detective bleibt mit aufgeklappter Brieftasche neben mir stehen. »Mike Mayeux, Mordkommission New Orleans. Ihm gehört das Haus. Was ist hier los?«
»Hundertsiebenundachtziger«, sagt der State Trooper. »Ein doppelter.«
»Wer bearbeitet sie?«
»Ist das Mord?« brülle ich. »Gehen Sie mir aus dem Weg, verdammt noch mal!«
Die Cops wollen mich festhalten, aber Mayeux gelingt es, sich vor mich zu schieben und mit einer Mischung aus Höflichkeit und Einschüchterung einen Weg durch sie hindurch zu bahnen.
»Drewe!« schreie ich wild. »Drewe, wo bist du?«
Nichts.
Eine weitere Gruppe Polizisten blockiert meine Bürotür.
»Harper?« Eine weibliche Stimme.
Ich renne den Gang entlang, lasse Mayeux hinter mir.
»Harper? Bist du das?«
Drewe wirbelt vor der Spüle in der Küche herum. Neben den beiden Uniformierten, die rechts und links neben ihr stehen, wirkt sie winzig. Ihre weiße Bluse ist blutverschmiert, ihre Augen sind leerer, als ich sie je gesehen habe. Ich laufe zu ihr und packe sie an den Armen, höre, daß die Uniformierten meinen Namen nennen, ignoriere sie aber, suche Drewes Körper nach Verletzungen ab, fühle die beruhigende Festigkeit ihres Bizeps’.
»Bist du verletzt?«
Sie schüttelt heftig den Kopf. »Nein. Aber ich konnte ... konnte gar nichts tun.«
Ich berühre ihre blutverschmierte Bluse. »Was ist passiert?« frage ich.
»Er ging einfach nicht raus«, sagt sie, während ihre Brust sich heftig hebt.
»Drewe! Was ist passiert?«
Plötzlich zerbröckelt ihr Gesicht, als wären die es stützenden Strukturen darunter einfach
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