@ E.R.O.S.
er. »Leonardo führt mich gerade zu dem Gebäude.«
Ich brumme nichtssagend.
»Wenn er hinter seinem Computer sitzt, ist er beschäftigt.«
»Dr. Lenz hat mir gesagt, daß du in New Jersey einen bestimmten Gegenstand unter deinem Namen hast registrieren lassen. Hast du diesen Gegenstand dabei?«
»Könnte sein.«
Ein Kreischen von Bremsen aus dem Lautsprecher veranlaßt mich, den Hörer von meinem Ohr zu nehmen. »Sitzt du in einem Taxi?«
»Machst du Witze?« sagt Miles und atmet schwerer. »Hier oben gibt es keine Taxen. Wir sind zu Fuß, drei Blocks von dem Lagerhaus entfernt. Also, was ist? Wirst du ihn beschäftigen?«
»Das ist nicht nötig«, sage ich und schaue zu Drewe hinüber, die sich gerade hinter den EROS-Computer setzt. »Drewe kann es gar nicht erwarten, mit ihm zu sprechen.«
»Was?«
»Sie hat Berkmanns Video gesehen.«
»Oh, Mann.«
»Sie ist dir weit voraus.«
»Dann laß sie die Sache durchziehen.«
»Schnapp dieses Arschloch, Miles. Und zwar schnell.«
»Ich rufe dich an. Ich höre jetzt auf. Weiße mit Handy sind hier oben nicht gerade unauffällig.«
Ich unterbreche die Verbindung und trete hinter Drewe. Sie hat EROS seit einem halben Jahr nicht mehr benutzt, fliegt aber durch das Programm wie eine professionelle Softwarekritikerin.
»Du scheinst dich ja noch gut daran zu erinnern.«
»Hm.«
»Miles hat Berkmanns Adresse herausgefunden. Er ist jetzt auf dem Weg zu ihm und möchte, daß du den Mistkerl online hältst.«
»Was ist mit dem FBI?« fragt sie und klickt sich mit der Maus durch den Livechat-Bereich.
»Er hat sie noch nicht angerufen.«
Ihre hektischen Bewegungen werden langsamer. »Gut«, sagt sie schließlich, »gut für ihn.«
»Drewe ...«
»Ich muß nur eine Quick Message schicken und Berkmann sagen, er solle mich im Blauen Raum treffen, nicht wahr?«
»Ja.«
»Wie lautet seine User-ID?«
»Schick sie an SYSOP 1.«
»Er glaubt, er könne unsere Ehe zerstören, indem er mir sagt, daß du Hollys Vater bist«, sagt sie, während sie tippt. Dann schaut sie über die Schulter zurück. »Überleg mal, was jetzt vielleicht passieren würde, wenn du mir nicht die Wahrheit gesagt hättest.«
Diese Vorstellung reicht aus, um mich leicht benommen zu machen. Zum Glück dreht sie sich wieder zum Bildschirm um. Ich will lesen, was sie schreibt, merke aber, daß ich sie bedränge. Ich trete zurück.
Sie drückt auf die ENTER-Taste. »Nachricht abgeschickt. Komm zu Mama, Edward.«
Die ungewohnte Kälte in ihrer Stimme erschüttert mich.
»Was ist mit diesem Kopfhörer?« fragt sie. »Wird das System meine Stimme erkennen?«
»Vielleicht. In New York haben sie einen weiblichen Sysop. Miles’ Spracherkennungsprogramm ist auf sie programmiert. Wenn wir ihre Parameter übernehmen und du deinen Südstaatenakzent im Zaum hältst, könnte es dich akzeptieren. Es akzeptiert mich auch als Miles.«
Ich beuge mich über ihre Schulter und rufe das Programm auf, wähle RACQUEL HIRSCH und logge sie dann ein.
»Du hast mich als SYSOP 2 eingeloggt?«
»Nur so bekomme ich dich rein. Das System ist offiziell geschlossen.«
»Ich will meinen Namen in der Anzeige sehen«, sagt sie. »Meinen Vornamen.«
Ich sehe sie fragend an, doch ihr Blick verrät nichts. Sie setzt den Kopfhörer auf, während ich die nötigen Befehle eingebe.
»Wie funktioniert das?«
»Sprich ins Mikrofon, und die Antwort kommt aus den Multimedia-Lautsprechern. Drück auf die Leertaste, wenn du mit mir sprechen mußt. Damit schaltest du das Mikro aus.«
Sie drückt auf die Leertaste: »Setz mich mal schnell über Berkmann ins Bild«, sagt sie, als würde sie einen Assistenzarzt um die Vorgeschichte eines Patienten bitten.
»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Er ist aus einem Inzest hervorgegangen. Seine Eltern waren Geschwister. Er hat – oder hatte – Hämophilie.«
»Was meinst du mit ›hatte‹? Hämophilie ist unheilbar.«
»Nicht, wenn man bereit ist, eine gesunde Leber zu stehlen.«
»Großer Gott. Was noch?«
»Dr. Lenz ist der Ansicht, Berkmann würde zerbrechen, dekompensieren. Eine zugrunde liegende Sexualpsychose würde sein Bewußtsein in Besitz nehmen. Es gibt viele Faktoren, aber alles läuft auf seine Mutter hinaus: Catherine Berkmann. Die postmortalen Vergewaltigungen fanden wegen ihr statt. Mein Gott, ich weiß gar nicht mehr, was er mir alles gesagt hat. Diese Inderin, Kali, war jahrelang seine Geliebte, so eine Art Nebenfrau. Aber er will jemanden wie Catherine haben. Einen
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