Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
seufzt resigniert. Doch noch entmutigender als die Arbeit ist die Erkenntnis, daß unser ungewöhnlicher Moment der Nähe verstrichen ist.
    »Ich bin fix und fertig«, sagt sie. »Gehst du mit ins Bett?«
    Ich schüttle den Kopf, wende den Blick ab. »Ich seh’ mir lieber mal an, was sich in Singapur tut.«
    Sie schaut mich lange genug an, um mich wissen zu lassen, daß sie weiß, daß ich mindestens zum Teil lüge. Dann dreht sie sich um und geht zum Schlafzimmer.
    Ich gehe schnell in mein Büro.
    Ich muß mit Miles sprechen.

10
    A
ls ich meine E-mails überprüfe, finde ich zwei Nachrichten von Miles. Ich klicke die Maus und öffne die erste. Als ich sehe, wie lang der Text ist, drücke ich Alt-S, um das einzigartige Merkmal meines EROS-Computers zu aktivieren – seine Stimme.
    Es war ein seltsames Gefühl, als ich EROS zum erstenmal sprechen hörte. Dann wurde mir klar, daß ich gar nicht zum ersten Mal einen Computer sprechen hörte. Die Computer der Telefongesellschaft sprechen seit Jahren mit mir. Ich hatte mit einem digitalen Musik-Keyboard herumgespielt, das alles mögliche exakt reproduzieren konnte, vom dröhnenden Baß bis zum Altsopran. Der Sprachchip im EROS-Computer funktioniert ganz ähnlich. Doch es handelt sich dabei um keine Spracherkennungstechnologie. Einen Computer dazu zu bringen, einen Text zu sprechen, der auf seinem Bildschirm zu sehen ist, ist relativ einfach. Einen dazu zu bringen, Millionen verschiedener Stimmen zu erkennen, die mit Hunderten verschiedener Akzente sprechen – auch nur in einer Sprache –, beschäftigt momentan die besten Köpfe der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der besten Hightech-Firmen der Welt.
    EROS kann nicht hören.
    Aber er spricht. Seine Stimme kann jede Tonhöhe zwischen zwanzig und zwanzigtausend Hertz annehmen, was ziemlich überflüssig ist, da meine Multimedia-Lautsprecher sich so etwa bei einhundert verabschieden und meine rock-’n’-roll-geschädigtenTrommelfelle wahrscheinlich bei zehntausend. Und die Tonhöhenvielfalt ist irreführend. EROS’ Stimme ist der Drewes nicht unähnlich, wenn sie Akteneinträge diktiert. Ob ich nun eine Bariton- oder Tenorfrequenz auswähle, die Wörter werden stets auf einer Tonhöhe gesprochen – ein absolut gleichbleibender Ton –, bis der Zuhörer glaubt, er sei in dem Blechdosenroboter aus Lost in Space gefangen. Und stimmliche Eintönigkeit ist sexuellen Phantasien nicht gerade zuträglich, wenn man nicht gerade der Vorstellung nachhängt, daß heißer Sex aus einer Beziehung zu einer Maschine besteht.
    Das Sprachprogramm von EROS verfügt zwar über eine »lexikalische Betonungskomponente«, aber die ist beschissen. Sie läßt die Stimme wie ein Saxophon klingen, das von einem Betrunkenen gespielt wird, der stets die falschen Noten betont. Vor ein paar Monaten hat Miles mir ein Paket mit Platinen geschickt, die – so behauptete er zumindest – meinem Gerät nicht nur eine bessere Stimme, sondern auch den Heiligen Gral selbst verleihen würden: die Spracherkennung. Natürlich liegen diese Platinen noch immer in ihren antistatischen Beuteln in dem Paket, in dem sie ankamen. Für meine Zwecke – das Anhören langer E-mail-Nachrichten – ist die blecherne Digitalstimme, die EROS bereits hat, gut genug.
    Als ich Miles’ Nachrichten überfliege, stelle ich die Frequenz auf einen mittleren Bariton ein – Miles’ Tonlage – und lege mich dann auf das Doppelbett, um sie mir anzuhören.
     
    Hallo, Verräter. Hier ist ein Update von der Serienmörderzentrale. Ich habe endlich den schwer durchschaubaren Dr. Arthur Lenz kennengelernt, und ich bin beeindruckt (wenn auch nicht so beeindruckt, wie er es von sich selbst ist).
    Falls du es nicht bereits weißt (und wie könntest du das?), es tobt eine gewaltige bürokratische Schlacht zwischen dem FBI und den verschiedenen Polizeibehörden, die bei dem, was man vulgär die » EROS -Morde« nennt, die Ermittlungen führen. (Ist »vulgär« in diesem Zusammenhang der richtigeAusdruck? Darüber sollen sich die Semantiker den Kopf zerbrechen.) Die Polizei (ich benutze den Begriff kollektiv für Houston, San Francisco, New Orleans, Minneapolis etc.) hat den instinktiven Drang, EROS für die vorhersehbare Zukunft dicht zu machen. Das ist offensichtlich kurzsichtig gedacht. Sie sind anscheinend der Meinung, wenn sie uns abschalten, nehmen sie »Strobekker« (wer auch immer er in Wirklichkeit ist ) die Spielwiese. Das FBI (lies: Lenz) sieht allerdings ein, daß sie

Weitere Kostenlose Bücher