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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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...«
    »Wie hast du die denn bekommen?«
    »Ich hab’ sie aus deinem Computer gezogen.«
    »Was?«
    »Jetzt mach dir nicht in die Hosen. Es war nötig. Ich habe auch andere Quellen. Die Sache ist nur die, daß Brahma einen anonymen Remailer für seine E-mail benutzt.«
    »Was hat das praktisch zu bedeuten?«
    »Die normale E-mail kann man zurückverfolgen. Man kann sich die Protokollpakete vornehmen und bekommt so den Namen des Users heraus, oder man kann zumindest die Datenpakete des Internet-Protokolls zurückverfolgen und eine grobe Lokalisierung vornehmen. Aber Brahma benutzt nicht die EROS-Mail-Angebote. Er schickt seine E-mail über den anonymen Remailer, der sich in Finnland befindet, an unsere Server und dann durch das Internet. Der Remailer entferntseine Adresse und fügt eine völlig zuverlässige hinzu. Ich sprach vor etwa einer halben Stunde mit seinem Operator.«
    »Hast du das dem FBI gesagt?«
    »Na klar, wir sind hier wie Boris und Natascha, Mann.«
    »Können sie von dem Remailing Service Infos über Brahma bekommen?«
    »Es ist schon vorgekommen, daß die Polizei anderer Länder bei extremen Fällen kooperiert, aber der Typ, der diesen Service leitet, hörte sich wie ein absoluter Scharfmacher an. Ein richtiger Anarchist. Wahrscheinlich vernichtet er in diesem Augenblick all seine Unterlagen.«
    »Deshalb hat Brahma ihn ausgewählt.«
    »Offensichtlich. Brahma ist ein cleverer Junge, Harper. Zu clever für Baxters Techniker, fürchte ich.« Miles lacht sich offensichtlich ins Fäustchen. »Die FBI-Agenten haben hier noch immer ihr Lager aufgeschlagen. Sie bewachen unseren Datensafe, als sei er das Grab Christi, und warten darauf, daß das Zeitschloß sich öffnet und sie die Kundenhauptliste bekommen.«
    »Toll. Jetzt sind wir wieder genau an der Stelle, an der du das Thema gewechselt hast. Gib mir das Super-Postmaster-Privileg, oder ich schalte mein EROS-Interface ab.«
    Er antwortet eine Weile nicht. Dann sagt er: »Tippe S-I-D-D-H-A-R-T-H-A , nachdem du in der Kommandozeile dein Sysop-Paßwort eingegeben hast. Hast du es?«
    »Siddhartha wie in dem Roman von Hermann Hesse?«
    »Wie der Buddha. Aber du warst schon nah dran.«
    »Allmählich kommst du mir ziemlich verrückt vor, Mann.«
    »Das war ich schon immer, Harper. Das weißt du doch. Ciao. «
    Und er legt auf.
    Ich sitze da und denke im schwachen Glanz des EROS-Bildschirms nach.
    Siddhartha? Brahma?
    Ich weiß nicht viel über östliche Religionen und interessieremich nicht großartig dafür, aber bei Miles scheint das anders zu sein. Und obwohl ich die Bedeutung davon nicht kenne oder auch nur weiß, ob es überhaupt eine Bedeutung gibt, fallen mir plötzlich Drewes Spekulationen über östliche Medizin und den Einsatz seltsamer Beutestücke zur Wiederherstellung der Vitalität ein. Ich habe so etwas immer mit Japan in Verbindung gebracht, und Buddha paßt zu Japan, wenngleich Buddha selbst Inder war. Brahma und Shiva lassen mich auch an Indien denken. Mir fällt ein, daß bei dem Gespräch in New Orleans erwähnt wurde, das einzige Mordopfer, das keine Weiße war, sei Inderin gewesen. Und auch, daß man an einem Tatort das Haar eines Inders oder einer Inderin gefunden habe. Ich sehe keine handfesten Verbindungen zwischen diesen Fakten, weiß aber nur allzu gut, daß meine diesbezüglichen Kenntnisse nicht einmal als lückenhaft anzusehen sind. Sie könnten sich durchaus direkt am Rand meines kurzsichtigen geistigen Blicks erst zusammenfügen.
    Das Leben wäre viel einfacher, könnte das FBI einer digitalen Brotkrumenspur direkt zum Schlupfwinkel des Mörders folgen. Aber Miles glaubt nicht so recht daran, daß das geschehen wird, und irgend etwas verrät mir, daß er recht hat, daß wir noch nicht einmal die Silhouette des Geschöpfs ausgemacht haben, das hinter diesen Morden steckt.
    Als Junge bin ich auf die Jagd gegangen. Das gab ich an dem Tag auf, an dem mein Vetter mir vier Schrotkugeln Größe sechs in die rechte Wade schoß. Es war an einem Spätnachmittag im Februar, und wir hatten uns getrennt. Ich folgte – wie ich glaubte – einem Kaninchen in ein Dickicht. Mein Vetter hörte die Geräusche und dachte, das Schicksal habe ihm außerhalb der Jagdzeit ein Reh zugespielt. Ich mache ihm keinen Vorwurf, daß er geschossen hat. Fünf Sekunden später hätte ich vielleicht ihn erschossen. Keiner von uns konnte das sehen, hinter dem wir her waren. So ergeht es einem manchmal. Aber ich habe mich oft gefragt, was passiert wäre, wenn

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