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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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viel sind Sie mir schuldig.«
    »Ich melde mich bei Ihnen. Und jetzt rufe ich sofort die Polizei von Mill Creek an.«
    Ich verlasse den Halogenschein und gehe durch den Korridor zum Schlafzimmer, um nach Drewe zu sehen. Sie hat die Tür offengelassen, als sie zu Bett ging, ein gutes Zeichen. Während sie leise schnarcht, nehme ich ihr Gesicht in dem Mondschein wahr, der durch das Fenster sickert. Ihr Mund ist leicht geöffnet, ihre Haut schimmert im Schatten. Ich weiß nicht, wie lange ich dort stehe, aber das dumpfe Piepsen des Telefons in meinem Büro reißt mich aus meiner Trance, und ich laufe schnell durch den Flur zurück, um den Anruf entgegenzunehmen.
    »Hier ist Harper.«
    »Es ist schlimm, Cole.«
    Mein Blutdruck fällt so rapide, daß ich nach dem Schreibtisch greife, um mich festzuhalten. »Sie ist tot?«
    »Schlimmer.«
    »Was gibt es denn Schlimmeres, als tot zu sein?«
    »Rosalind May wird seit fünfzig bis sechzig Stunden vermißt. Rosalind schreibt sich übrigens mit ›d‹. Zwei Abende zuvor hat ein Bekannter sie gegen elf Uhr nach Hause gebracht. Irgendwann während der Nacht hat sie offensichtlich jemanden in ihr Haus gelassen oder es freiwillig verlassen, um sich mit ihm zu treffen. Seither hat man sie nicht mehr gesehen. Nach meiner Erfahrung ist das schlimmer als tot. Das weist auf sehr schmerzhafte Entwicklungen hin.«
    »O Gott. Glauben Sie, es war unser Mann, Strobekker?«
    Baxter zögert. »Keine Ahnung. Ich würde sagen, ja, aber eins paßt nicht ins Schema, etwas sehr Wichtiges.«
    »Nämlich?«
    »Rosalind May ist fünfzig Jahre alt. Sie hat zwei erwachsene Söhne. Alle anderen Opfer waren höchstens sechsundzwanzig.«
    »Außer Karin Wheat«, erinnere ich ihn. »Sie war siebenundvierzig.«
    »Ja. Und noch etwas.«
    »Was?«
    »Dieses UNSUB hinterließ eine kurze Nachricht. Die Polizei hat sie erst gestern abend gefunden. Ein Detective kam auf die Idee, mal etwas in ihrem Computer zu schnüffeln ...«
    »War EROS-Software auf der Festplatte?« werfe ich ein.
    »Nein. Genau wie bei den anderen Fällen. Auf jeden Fall hat dieser Detective aus Michigan in ihrem Computer geschnüffelt und eine Word-Perfect-Datei gefunden, die er nicht lesen konnte.«
    »War sie verschlüsselt?«
    »Nicht digital. Sie war auf französisch.«
    »Französisch? Sind Sie sicher, daß das UNSUB sie zurückgelassen hat?«
    »Gute Frage. Die Übersetzung ist etwa einen Absatz lang, aber das Ende lautet: ›Die Dämmerung bricht an über einer neuen Welt, einer Dschungelwelt, in der die mageren Geister mit scharfen Klauen umherstreifen. Wenn ich eine Hyäne bin,so eine magere und hungrige: ich ziehe aus, um mich zu mästen ...‹ Sagt Ihnen das irgendwas?«
    Auf meinem Nacken bildet sich eine Gänsehaut. »Ja. Ich meine, ich kenne die Passage. Sie stammt von Henry Miller.«
    »Dem Pornoautor?«
    »Miller war eigentlich gar kein Pornoautor. Nicht so, wie Sie es meinen. Aber das spielt keine Rolle. Der Absatz ist aus Wendekreis des Krebses. «
    »Wieso wissen Sie das? Hier wußte es keiner.«
    »Dann muß Dr. Lenz nicht dasein. Er hätte es gewußt.«
    »Sie haben recht. Er ist gerade unterwegs.«
    » Wendekreis des Krebses ist ein Klassiker der erotischen Literatur. Ich bin sicher, das Buch ist noch lieferbar.«
    »Das heißt, jeder könnte in eine Buchhandlung gehen und eins kaufen?«
    »Wahrscheinlich nicht in jede Buchhandlung; nicht die großen Ketten. Sie finden es wahrscheinlich in Buchhandlungen mit einem literarischen Publikum, oder in denen, die sich auf Erotik spezialisiert haben.«
    »Danke. Das hilft mir weiter.«
    »Was für ein Mörder läßt Nachrichten auf französisch zurück, Mr. Baxter? Haben Sie so was schon mal erlebt?«
    »Noch nie. Der Übersetzer in Michigan sagt, sie sei wahrscheinlich von einem sehr gebildeten Franzosen geschrieben worden. Sehr elegant, sagt er. Ich habe sie zu einem Spezialisten für Psycholinguistik in Syracuse geschickt. Er wird sie sich aber erst morgen früh ansehen können. Die Polizei von Mill Creek hat der Presse übrigens nichts von der Nachricht gesagt. Sie will damit falschen Geständnissen vorbeugen.«
    »He, über meine Lippen kommt kein Sterbenswort.«
    »Ich habe bei dieser Sache ein ganz ungutes Gefühl«, sagt er, fast wie zu sich selbst.
    »Warum?« frage ich, ohne einzugestehen, daß ich dasselbe Gefühl habe.
    »Das unbekannte Subjekt hat alle anderen Opfer vor Ort getötet. Jetzt entführt er eins, ohne jedes Anzeichen von Gewalt.Wenn das unser Mann ist

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