@ E.R.O.S.
einen Finger und zeigt auf eine Kurve am Rand des Scheinwerferlichts. »Aber meines Erachtens das beste Ende, das unter diesen Umständen möglich war. Sie haben meinen Respekt, Cole.«
Der Mercedes nimmt die Kurve mit der Anmut eines Windhundes und gleitet auf ein beleuchtetes Torhäuschen in der Ferne zu. »Viele Männer gehen durchs Leben, wie Ihr Vater es tat.«
»Stumme Verzweiflung, nicht wahr?«
»Thoreau lag gar nicht so falsch.«
»Eigentlich ist das von James Taylor. Thoreau sagte stille Verzweiflung.«
Lenz schnaubt. »Mein Fehler ...«
Der Mercedes hält gerade lang genug an dem Tor, daß ein uniformierter Marineinfanterist ans Fenster treten, Lenz’ Passierschein überprüfen und uns durchwinken kann. Wir sind noch keine fünfzig Meter weitergefahren, als aus der Dunkelheit das Knattern von Schüssen heranrollt. Ich komme mir vor, als würden wir in diesen historischen Wäldern Virginias durch ein Geisterscharmützel fahren, aber es müssen Marineinfanteristen bei einem Nachtmanöver sein. Nachdem wir ein zweites Tor passiert haben, taucht vor uns ein Komplex beleuchteter Gebäude auf, der mich an den Campus eines Colleges erinnert. Lenz greift nach seinem Handy und tippt eine Kurzwahlnummer, murmelt etwas indie Sprechmuschel, beendet das Gespräch dann und biegt scharf nach rechts ab.
»Das SEK setzt in zwanzig Minuten in Dallas auf. In höchstens fünfunddreißig wird es das Apartment erreicht haben. Strobekker ist noch online.«
Ich erschauere vor dem plötzlichen Hochgefühl des unmittelbar bevorstehenden Zugriffs. »Das ist unglaublich.«
Lenz nickt. »Und wir sitzen in der ersten Reihe.«
»Was meinen Sie damit?«
»Warten Sie ab.« Er hält hinter einem abgestellten Lieferwagen und sieht mich an. Ich höre ein schweres metallisches Scheppern und beobachte dann erstaunt, wie die Heckklappe des Wagens sich in das Dach schiebt und trübes rotes Licht um die Silhouette eines Mannes hinaussickert. Ich habe ihn nur ein einziges Mal gesehen, aber jede Faser meines Instinkts verrät mir, daß dieser schwarze Schatten zu Daniel Baxter gehört, dem Chef der Investigative Support Unit.
»Wir sind den ganzen Weg gefahren, um in einen Lieferwagen zu steigen?«
Lenz kichert leise. »Sprechen Sie dieses Wort ja nicht in Anwesenheit der Männer aus, die Sie gleich treffen werden. Sie nennen dieses Fahrzeug Doktor Cop, für MDCP – Mobile Digitale Command Post. Sie werden interaktive Medien zu sehen bekommen, von denen Sie sich bisher nicht haben träumen lassen, Cole. Näher wird das FBI Hollywood nie kommen.«
16
D
ie Silhouette im hinteren Teil ist tatsächlich die Daniel Baxters. Nachdem er mir die Hand geschüttelt hat, führt er uns in die seltsamste Umgebung, die ich je betreten habe. Das Innere von Dr. Cop – der mobilen digitalen Kommandostelle – kommt mir vor wie der fahrbare Bestandteil einer Weltausstellung,die fünfzig Jahre in der Zukunft stattfinden wird. Es ist lang und schmal und bis zur Decke vollgestopft mit Ständern und Regalen, gegen Erschütterung abgesicherten Computern, Monitoren, Satellitenempfängern, Überwachungsgeräten und bleichen Technikern mit Plastikeinsätzen in den Taschen ihrer kurzärmeligen weißen Baumwollhemden, die sie vor Tinten- oder Kugelschreiberflecken schützen sollen.
Ein ständiges Pochen vibriert im Boden der Kommandostelle. Leises Funkgeplauder dringt aus diversen Lautsprechern, nichts davon synchron. Die Techniker mit ihren Einsätzen, die in dieser Hightechumgebung unglaublich antiquiert wirken, werden das alles wohl überwachen. Baxter führt uns einen schmalen Gang mit zahlreichen in einer gekrümmten Reihe stehenden Videomonitoren entlang. Die meisten sind leer, aber zwei zeigen Schwarzweißbilder eines freistehenden Wohnhauskomplexes, der dem ähnelt, in dem ich während meiner Zeit am College gewohnt habe.
»Ist es das?« fragt Lenz.
Baxter nickt. »Zwei Wohnungen pro Gebäude. Strobekker ist in sechs-zweiundsiebzig. Sechs-dreiundsiebzig ist Gott sei Dank leer.«
»Ist das eine Liveschaltung?« frage ich.
Er nickt.
»Die Auflösung ist unglaublich.«
»Digitales Video. Wir bekommen es verschlüsselt auf einem sicheren Kanal herein.« Baxter zeigt auf den Bildschirm. »Achten Sie mal auf die Fenster der Wohnung. Sind innen mit Aluminiumfolie bedeckt.«
»Ein schlechtes Zeichen«, sagt Lenz. »Wann wird das SEK dort sein?«
»Es landet in fünf Minuten auf dem Love Field. Ungefähr noch einmal zehn Minuten, bis es am Einsatzort
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