Atemlos
kommen Leute!« schrie er. »In mindestens fünf Minuten sind sie hier!«
Er stolperte uns fast in die Arme. »Und wie sieht das aus, was da kommt?«
»Ein Wagen. Ich glaube, der Wagen, den wir in Dirkou gesehen haben.«
Byrne ließ seinen rechten Arm unter der Gandura verschwinden, und als der wieder zum Vorschein kam, hielt er eine Pistole in der Hand. Er entsicherte die Waffe und steckte sie wieder weg. Paul machte große Augen. »Setz dich vorn in den Wagen«, sagte Byrne.
Paul wieselte um den Wagen, und ich machte auch meine Pistole schußfertig. Byrne sagte: »Wenn's Lash ist, werden wir bald wissen, wie hilfsbereit er wirklich ist. Zieh den Schleier hoch und halt den Mund.« Er stellte eine Ölkanne auf den Boden. »Wenn du seine Stimme wiedererkennst, stößt du wie zufällig die Kanne um.«
Wir warteten. Der heiße Wüstensand trieb uns Sandkörnchen ins Gesicht. Nicht nur, um mein Gesicht zu verbergen, sondern auch als Sandschutz zog ich nun den Schleier hoch, wie ich es von Byrne gelernt hatte. So stand ich da, jeder Zoll ein Targui in der Wüste, wie ein Genrebild für Postkartenmaler, nur daß ich unter der Gandura meine Pistole in der Hand hielt; ich würde keine Zeit damit verschwenden, sie erst noch aus dem Halfter ziehen zu müssen.
Der Wagen kam über die zweihundert Meter entfernte Anhöhe und zog eine Staubwolke hinter sich her, die vom Wind seitwärts verweht wurde. Der Wagen verlangsamte die Fahrt und kam dicht vor uns zum Stehen. Der Fahrer war offensichtlich kein Europäer, wohl aber der Mann, der nun vom Beifahrersitz stieg. Es war der Mann, den Byrne beschrieben hatte, einigermaßen groß, mit dunklem Haar. Seine Blicke flitzten zwischen Byrne und mir hin und her, dann zu Paul vorn in unserem Wagen. »Panne? Kann ich Ihnen helfen?« Was Paul ihm antwortete, hörte ich nicht, denn ich machte einen halben Schritt zur Seite, scheppernd fiel die Ölkanne um. Byrne erhob die Stimme. »Panne – ja, Mann, das kann man wohl sagen. Das lausige Differential ist im Eimer.« Lash drehte den Kopf und blickte Byrne an, dann kam er langsam aufs Heck des Wagens zu. »Sie sind Amerikaner?« Er legte viel gut gespielte Ungläubigkeit in seine Stimme.
»Wir Amerikaner kommen halt rum in der Welt.«
»Sehr amerikanisch sehen Sie nicht gerade aus.« Lash machte auf belustigt. Er nickte zu mir hin. »Dann ist er wohl auch Amerikaner, was?«
»Der nicht«, sagte Byrne. »Der ist Engländer wie Sie.«
Lash zog die Brauen hoch und sagte nichts. Byrne hatte richtig gehandelt. Lash wußte, daß ich irgendwie dabei war, und mich zu verstellen, hatte keinen Zweck, die Tarnung hätte sich nur aufrechterhalten lassen, wenn ich auf taubstumm gemimt hätte.
Lash bückte sich und guckte unter den Toyota, dann sagte er. »Ja, ich würde sagen, Sie stecken in Schwierigkeiten.« Er richtete sich wieder auf. »Übrigens ist mein Name Lash – John Lash.«
»Ich bin Luke Byrne, das ist Max Stafford, und unser Freund im Wagen heißt Paul Billson.« Ich hatte schon Angst, Lash würde nun zur Begrüßung seine Hand ausstrecken – wo ich doch die Pistole in meiner Hand hielt. Aber er nickte nur. Byrne sagte: »Das mit dem Differential ist nicht so schlimm. Ich hab' ein Ersatzstück bei mir. Aber es wär sehr nett von Ihnen, wenn Sie mich ein paar Kilometer abschleppen könnten.«
»Kein Problem«, sagte Lash, ging zu seinem Wagen und sprach auf seine Männer ein. Ich konnte zwar hören, daß er französisch sprach, aber die Worte bekam ich nicht mit. Er machte keine Anstalten, uns seine Freunde vorzustellen. Byrne nahm den Arm aus der Gandura, seine Hand war leer. Wenn er bereit war, das Risiko auf sich zu nehmen, war ich es auch. Unauffällig steckte ich meine Waffe wieder ins Halfter und ließ meine Hände sehen. Er sagte: »Erst die Sandleitern unterlegen, bevor wir den Wagen wieder runterlassen; dann geht's leichter.«
Die beiden Begleiter Lashs stiegen aus dem Wagen. Ich ging nach vorn zu unserem Toyota. Paul flüsterte: »Das ist der Mann, den wir in Dirkou gesehen haben.«
»Na und?«
»Ist Byrne nicht mißtrauisch?«
»Mensch, Paul«, sagte ich. »Das ist ein guter Samariter, der uns aus der Klemme hilft. Mach jetzt bloß nicht auf Verfolgungswahn. Steig aus und pack mit an.«
Wir schoben die Sandleitern unter die Hinterräder, ließen den Toyota darauf hinab und zogen die Wagenheber fort. Ein Abschleppseil hatte Lash nicht dabei, wohl aber Byrne, und innerhalb von zehn Minuten waren wir fahrbereit. Da
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