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Atemlos

Titel: Atemlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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mir her. Die Polizei tut nicht viel in der Sache, weil eine einseitige Kündigung ja kein Verbrechen ist. Billson steht nun auf einer Liste, und wenn er mal wieder vorbeikommt, wird man ihm ein paar höfliche Fragen stellen. Darauf kann ich nicht warten. Daß ich auf die Rolle genommen worden bin, weiß jetzt in London jeder Schurke und lacht sich halbtot.«
    »Billson muß doch zu finden sein«, sagte Jack. »Ein Mann kann sich doch nicht in Luft auflösen.«
    »Noch etwas. Die Sache geht niemanden etwas an – außer mich, Sie und die Leute, die von Ihnen dafür eingesetzt werden.«
    »Auch nicht Charlie Malleson?«
    »Auch ihn nicht. Ich habe den Verdacht, daß auf irgendeiner höheren Ebene unter der Decke gepokert wird.«
    Ich sah das Mienenspiel auf Ellis' Gesicht und sagte entsetzt: »Nein, nein! Um Gottes willen! Das gilt nicht für Charlie! Aber ich möchte sichergehen, daß nichts durchsickert. Ein paar Obermotzer in der Industrie sind gerade dabei, sich ein mieses Süppchen zu kochen. Sir Andrew McGovern zum Beispiel. Über ihn brauche ich eine komplette Akte. Untersucht werden muß im besonderen jede Beziehung, die zwischen ihm und Paul Billson bestehen könnte, ebenso zwischen ihm und seiner Sekretärin, Alix Aarvik.«
    »Okay«, sagte Jack. »Ich mach mich sofort auf die Socken.«
    Ich überlegte noch einen Augenblick. »Behandeln Sie das als Routinesache. Die Auftraggeber heißen Michelmore, Veasey & Templeton; die Rechnungen werden in der üblichen Weise gestellt.« Als er fragend die Brauen hob, fügte ich kurz hinzu: »Das sind meine Anwälte.«
    »Geht in Ordnung.«
    »Und viel Glück im neuen Job.« Es wäre nicht fair gewesen, Jack in dem Glauben zu lassen, daß nach meiner Rückkehr wieder alles beim alten wäre. Also sagte ich: »Wenn Sie nicht allzu viele Schnitzer machen, dürfen Sie auf dem Chefstuhl sitzen bleiben. Ich bin für Höheres ausersehen. Zum Beispiel, demnächst Europa auf den Kopf zu stellen.«
    Ein glücklicher Mann schritt von dannen.
    Ein Mann kann sich doch nicht einfach in Luft auflösen.
    Jene lobenswerten Zeitgenossen, die Vereinigungen zum Schutz der staatsbürgerlichen Freiheiten gründen und bevölkern, liegen mit ihrer Sorge um die Computer-Gesellschaft ganz richtig. Wir bei der Firma Stafford sorgten uns einen Dreck um diese staatsbürgerlichen Freiheiten; was wir trieben, war der Schutz der Geschäftsgeheimnisse unserer Kundschaft, und das läuft nicht unbedingt auf dasselbe hinaus. Da die Abwehr von Schnüffelnasen unsere Spezialität war, verstanden auch wir selbst eine Menge vom Schnüffeln und waren – für den Fall, daß uns selbst einmal die Lust dazu überkam – dafür auch höchst zweckmäßig ausgerüstet.
    Wir hetzten die Bluthunde auf Paul Billson. Niemand in einer sogenannten zivilisierten Gesellschaft kann der Dokumentation entgehen. Sein Name, manchmal eine dazugehörige Nummer, ist auf vielen Formularen registriert – Führerschein, Rundfunk- und Fernsehgebühren-Konto, Hundesteuerakte, Einkommensteuerkonto, Versicherungsanträge, Telefon, Gas- und Stromrechnungen, Paßanträge, Visaanträge, Teilzahlungsverträge, Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Todesurkunde. Mir will immer scheinen, daß die Hälfte der Bevölkerung riesige Haufen von Papier vor sich herschiebt, die die andere Hälfte der Bevölkerung betreffen. Und umgekehrt.
    Es bedarf zwar ausgebildeter Leute mit einem leicht verschwommenen Sinn für Ethik, um aus diesem Wirrwarr das Leben eines Mitmenschen herauszudestillieren, aber es ist zu schaffen, sofern ausreichend Zeit und Geld vorhanden sind – steht wenig Zeit zur Verfügung, kostet es eben mehr Geld, das ist alles. Jack Ellis erhöhte die Rechnung von Michelmore, Veasey & Templeton um ein paar Prozentpunkte, und schon tröpfelten die Informationen herein.
    Paul Billson hatte einen Tag nach seinem Verschwinden einen Paßantrag gestellt. Er war persönlich zum Londoner Paßamt gegangen, um die Formulare auszufüllen. Am gleichen Tag hatte er einen internationalen Führerschein beantragt. Am nächsten Tag kaufte er einen Landrover – freiweg aus dem Ausstellungsraum eines Londoner Werkshändlers – zahlte bar auf den Tisch des Hauses und fuhr davon.
    Die Spur verlor sich über ein paar Wochen, bis zu dem Tag, an dem er sich seinen Paß abholte. Dann enthüllte ein flinker Rundgang durch die Konsulate – auch dafür hatten wir einen aalglatten Spezialisten –, daß Billson Visa für die Staaten Niger, Mali, Tschad und

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