Atemlos
wieder, aber sie schien durchaus über recht brauchbare Beziehungen zu verfügen, denn ich war bereits anderthalb Tage später abreisebereit, hatte mein permis und ein Flugticket. Beides lieferte mir ihr arabischer Chauffeur im Hotel ab. Die Kosten hatte sie übernommen. In einem Begleitbrief schrieb sie:
Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, daß ich das Flugticket gekauft habe. Es ist nur, weil ich meinen Teil beitragen möchte – im Gedenken an P.B. Wenn Sie diesen Trottel Paul finden, geben Sie ihm eins auf den Kopf, stecken Sie ihn in einen Sack und schicken Sie ihn mir nach Algier.
Ich habe Luke Byrne telegraphiert, und er erwartet Sie. Sie finden ihn im Hotel Tin-Hinan. Grüßen Sie ihn von mir. Ich weiß nicht, ob es etwas zu bedeuten hat, aber es sucht noch jemand nach Paul – ein Mann namens Kissack. Ich weiß nichts von ihm, weil er bereits abgehauen war, ehe ich die Spürhunde auf ihn ansetzen konnte. Viel Glück, und schauen Sie mal wieder vorbei.
12. Kapitel
Ich wußte nicht, was ich von Tamanrasset zu erwarten hatte, aber es war, verglichen mit Algier, eine andere Welt. Aus der Luft sah man nur ein paar verstreute Häuser inmitten eines grünen Flimmerns, am Fuße rauher Berge. Wenn man von der Landepiste in diese sogenannte Stadt wollte, mußte man sich auf einen Lastwagen schwingen, der über eine Asphaltstraße rumpelte, vorbei an hohen eckigen Säulen, die den Eingang zur Stadt bildeten. Diese Säulen sahen aus wie die Kulissen für einen fünftklassigen Film über die Fremdenlegion.
Tamanrasset nennt sich zwar Stadt, aber es ist wirklich nicht viel mehr als ein Dorf. Wie dem auch sei, es war die Metropole des Ahaggar-Gebietes. Die Hauptstraße war breit, Akazien warfen Schatten, und links und rechts standen einstöckige Häuser, die offenbar aus getrocknetem Matsch gebaut waren; vermutlich würden sie die nächsten halbwegs anständigen Regenschauer nicht überstehen. Der Lastwagenchauffeur ließ seine Hupe dröhnen, um sich einen Weg zwischen den Fußgängern hindurch zu bahnen, und diese Fußgänger waren hochgewachsene Männer in blauen und weißen Gewändern, und sie drängten sich in der Straßenmitte, als sei der Verbrennungsmotor noch nicht erfunden worden.
Der Lastwagen hielt vor dem Hotel Tin-Hinan, dort gab es einen Hof im Schatten von Bäumen, mit dünnbeinigen Metalltischen und Stühlen; Leute saßen dort und tranken. Aus einem Lautsprecher über dem Hoteleingang schepperte das nasale Geplärre eines orientalischen Sängers. Ich ging in die staubige Hotelhalle und wartete, bis jemand Notiz von mir nahm. Einen Empfangschef gab es nicht.
Schließlich fragte mich ein redefreudiger Mann in einem nicht allzu weißen Gewand in massakriertem Französisch, was er für mich tun könne. Ich sagte: »Eigentlich müßte für mich ein Zimmer reserviert sein. Mein Name ist Stafford.«
Seine Augenbrauen hoben sich. »Ah, Monsieur Stafford! Monsieur Byrne wartet schon auf Sie.« Er steuerte auf eine Tür zu. »Voilà!«
Ich sah mir den Mann an, der dahinter an einem Tisch saß. Er trug ein langes blaues Gewand und einen weißen Turban, und er sah nicht so aus, als hörte er auf einen guten amerikanischen Namen wie Byrne. Ich drehte mich nach dem Empfangschef um, aber der war schon wieder verschwunden. Also trat ich an den Tisch und sagte zögernd: »Mr. Byrne?«
Der Mann wollte sich gerade ein Glas Bier zum Mund führen, hielt aber auf halbem Weg inne und setzte es wieder ab. »Ja«, sagte er und wandte mir sein Gesicht zu. Unter buschigen weißen Augenbrauen lagen blaue Augen, die mich aus einem tief gebräunten Gesicht anstarrten, und dieses Gesicht war so ausgemergelt hager, daß die Nase wie ein Schnabel daraus hervorstach. Unter der Nase befand sich ein breiter Mund mit festaufeinandergepreßten Lippen; das Kinn konnte ich nicht sehen, da sich die Falten seines Turbans irgendwie um den Hals geschlungen hatten, aber seine Wangen schmückte ein weißer Bart. Er sah aus wie Moses und doppelt so alt.
Ich sagte: »Mein Name ist Stafford.«
»Setzen Sie sich, Mr. Stafford. Ein Bier?«
Er sprach englisch mit einem amerikanischen Akzent, was ich, unter den obwaltenden Umständen, unpassend fand.
Ich setzte mich, und er winkte dem Kellner. »Deux bières.« Er wandte sich mir zu. »Hesther hat mir von Ihnen berichtet. Sie brauchen Hilfe.«
»Könnte sein. Ich suche einen Mann.«
»So? Die meisten Männer suchen Frauen.«
»Er heißt Billson. Er muß sich hier in der Gegend
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