Atemlos
herumtreiben.«
»Billson«, wiederholte Byrne nachdenklich. »Was wollen Sie von ihm?«
»Ich will gar nichts von ihm«, sagte ich. »Aber seine Schwester. Dieser Mann ist auf der Suche nach einem abgestürzten Flugzeug. Gibt es in dieser Gegend viele?«
»Etliche.«
»Das Flugzeug, um das es hier geht, ist vor vierzig Jahren abgestürzt.«
Byrne zuckte nicht mit der Wimper. »Scheint sich um nicht gerade neuwertigen Schrott zu handeln.« Der Kellner kam und stellte zwei Flaschen Bier und zwei Gläser hin. Byrne nickte ihm kurz zu, und er ging wieder. Offenbar hatte Byrne im Hotel Tin-Hinan Kredit.
Ich goß mir mein Bier ein. »Ich habe mir sagen lassen, daß der Ahaggar eine weitläufige Gegend ist – sehr gebirgig. Könnte ja sein, daß ein abgestürztes Flugzeug nicht gefunden wird.«
»Kaum«, sagte Byrne.
»Nun, bei dieser geringen Besiedlungsdichte …«
»Es wäre gefunden worden.« Byrne sprach sehr bestimmt. »Wie ist Billson hierhergekommen? Mit einem Flugzeug?«
»Er hat einen Landrover.«
»Seit wann ist er hier?«
Ich zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Eine Woche. Vielleicht zwei.«
Byrne starrte auf die Straße hinaus, ohne seine Augen zu bewegen, und schwieg eine Weile. Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und ließ ihn nachdenken. Dieser Mann war schwer einzuordnen. Nichts verriet, was ihn bewegte. Er war mir so fremd, wie irgendeiner von den Männern, die wie er angezogen waren und auf der Straße herumspazierten, und daran änderte auch die Tatsache nichts, daß er englisch sprach.
Schließlich fragte er: »Wie gut kennen Sie Hesther Raulier?«
»Eigentlich kaum. Ich habe sie erst vor zwei Tagen kennengelernt.«
»Sie mag Sie«, sagte er. »Haben Sie Gepäck?«
Ich zeigte mit dem Daumen zum Hotel. »Steht da drinnen.«
»Lassen Sie es stehen, wir holen es später ab. Ich lagere kurz vor Tam. Machen wir einen Spaziergang.« Er stand auf und bewerkstelligte irgend etwas Kompliziertes mit seinem Turban, und machte auch eine ziemliche Show daraus. Als er damit fertig war, verbarg sich sein Gesicht hinter dem Tuch, nur in Augenhöhe war ein Schlitz frei. Da schaute er hindurch. Wir verließen das Hotel und traten auf die Hauptstraße. Byrne war ein großer Mann, aber nicht größer als die anderen Männer, die in ähnlicher Kleidung träge die Straße bevölkerten. Ich war deutlich ein Fremdkörper in dieser Szenerie.
»Ziehen Sie sich immer wie ein Araber an?« fragte ich.
»Nur wenn ich muß. Ich mag Araber nicht.«
Ich starrte ihn an. Diese Antwort war unbegreiflich. »Aber …«
Er neigte den Kopf und sagte, nicht ohne eine gewisse Belustigung: »Sie müssen noch viel lernen, Stafford. Diese Burschen sind keine Araber. Das sind Imazighen – Tuareg, wenn Ihnen das lieber ist.«
Byrnes Camp lag etwa drei Kilometer vor der Stadt. Es bestand aus drei großen Lederzelten, die im Halbkreis aufgebaut waren, mit den Rückfronten zum Wind. Der Sand vor den Zelten war sauber gefegt, ein kleines Feuer loderte und knallte immer wieder effektvoll wie ein Miniaturfeuerwerk. In einiger Entfernung standen Kamele.
Als wir uns näherten, erhob sich neben dem Feuer ein Mann. »Das ist Mokhtar«, sagte Byrne. »Er wird sich um Sie kümmern, während ich fort bin.«
»Wohin gehen Sie?«
»In der Stadt herumschnüffeln. Aber erst erzählen Sie mir von Billson.«
Byrne schritt zum Feuer hinüber, und die Männer führten eine kurze Unterhaltung. Auch Mokhtar war groß und trug einen Schleier. Byrne winkte mich ins mittlere Zelt. Wir ließen uns auf weichen Kissen nieder. Die Innenwände des Zelts bestanden aus Reetgras.
»Und warum will dieser Billson überhaupt ein vierzig Jahre altes Flugzeugwrack finden?«
»Sein Vater ist beim Absturz ums Leben gekommen«, sagte ich und erzählte die ganze Geschichte.
Ich war eben zum Ende gekommen, als Mokhtar ein Kupfertablett vor Byrne niedersetzte, darauf standen eine Kanne mit geschwungener Schnauze und zwei Messingtassen. »Mögen Sie Minztee?« fragte Byrne.
»Hab' ich noch nie probiert.«
»Ist gar nicht mal so schlecht.« Er goß ein und reichte mir eine Tasse. »Würden Sie sagen, daß dieser Billson ganz richtig im Kopf ist?«
»Nein, würde ich nicht sagen. Er hat eine fixe Idee.«
»Dachte ich mir.« Er setzte seine Tasse an und trank, und ich folgte seinem Beispiel. Der Tee war sehr minzig und übersüß.
»Und was hat Hesther damit zu tun?«
»Sie war mit Billsons Vater befreundet.«
»Wie gut?«
Ich sah ihm ins Auge.
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