Atemlos
wieder.
Als wir vom Hotel wegfuhren, sagte ich: »Also, nun wissen wir's.«
»Ja«, sagte Byrne lakonisch. Dann, nach einer Weile: »Der Kerl macht mir echt Gänsehaut.«
»Aber warum sucht er immer noch nach Paul? Er muß ihn doch längst als tot abgehakt haben.«
»Ich fürchte, Mr. Kissack hat den Schock seines Lebens gehabt. Erst legt er Paul um, dann wird die ganze verdammte Sahara mit Fragebogen nach abgestürzten Flugzeugen überschwemmt, und die kommen dann auch noch aus Niger. Das kann einen Mann schon sehr verwirren.«
»Er ist ziemlich ins Schleudern gekommen«, sagte ich. »Aber ein Glück, daß wir Paul nicht mit in die Stadt gebracht haben.« Ich lachte. »Ein irres Garn, das du ihm da vorgesponnen hast.«
»Leider nicht ganz reißfest«, sagte Byrne. »Wenn er sich umhört, kommt er schnell dahinter, daß ich noch nie im Leben solch hirnrissige Flugblätter verteilt habe. Ich hoffe nur, daß er dann daraufhin nach Timia hochfährt – damit gewinnen wir Vorsprung. Wenn er seine Zeit in Timia verschwendet, sind wir schon jenseits von Bilma, ehe er mitkriegt, daß wir ihm durch die Lappen gegangen sind.«
21. Kapitel
Acht Kilometer hinter Agades bogen wir querfeldein zum Treffpunkt mit Hamiada ab. Hamiada hatte bereits das Lager aufgeschlagen und ein Zelt hochgezogen. Wir legten uns früh schlafen, um zeitig zur Durchquerung der Ténéré aufzubrechen.
Am Morgen gab ich Billson die Jeans und die Hemden, die ich gekauft hatte. »Sie können nicht andauernd in einem Bürovorsteher-Anzug durch die Wüste marschieren«, sagte ich. »Ziehen Sie lieber das hier an. Die Größe müßte stimmen.«
Er lehnte ab, und ich sagte: »Paul, Sie sind wirklich ein verdammter Narr! Kissack hat Ihre Beschreibung und weiß, was Sie tragen.« Ich zuckte die Achseln. »Aber ganz, wie Sie wollen.«
Paul wechselte sehr schnell die Kleider.
Ich bemerkte, daß Hamiada einen Haufen Akazienzweige geschnitten hatte, die er nun in Bündeln zusammenband und hinten in den Wagen legte. Ich sprach Byrne darauf an, und er sagte: »Wenn wir warme Mahlzeiten wollen, brauchen wir Brennmaterial.« Er nickte in Richtung Osten. »Da draußen wächst nichts.«
Hamiada ritt mit den Kamelen nach Timia zurück. Wir brachen in die entgegengesetzte Richtung auf, erst genau nach Osten, dann bogen wir leicht in nordöstlicher Richtung ab. Die ersten achtzig Kilometer strengten uns kaum an; die Piste war einigermaßen befahrbar, und wir konnten eine Durchschnittsgeschwindigkeit von fünfzig Stundenkilometern beibehalten. Aber dann verlor sich die Fahrspur, wir gerieten auf schwierigen Boden; bald kamen Sandverwehungen und schließlich Dünen.
»Das ist also ein erg«, sagte ich.
Byrne lachte nur. »Noch nicht.« Er wies auf eine halbmondförmige Düne, an der wir vorüberfuhren. »Wanderdünen«, sagte er. »Ständig in Bewegung. Der Wind treibt sie vor sich her. Nicht sehr schnell – aber sie wandern. Der ganze Sand ist in Bewegung. Deshalb gibt es hier auch keine Piste.«
Allmählich machten die Wanderdünen größeren Sandgebilden Platz, eine Hügellandschaft aus Sand. Die Berge der Air waren längst hinter uns am Horizont verschwunden. Byrne steuerte geschickt, hielt sich in den Talsohlen und schlängelte sich zwischen den Dünen hindurch. Ich begriff nicht, woran er den Weg erkannte, aber er schien sich keine Sorgen zu machen. Während wir dahinrollten, verbreitete er sich über die unterschiedlichen Sandarten.
»Hier geht's noch ganz gut«, sagte er. »Hier könnte man wenigstens noch gefahrlos anhalten. Schlimm ist nur der fech-fech.«
»Was ist das?«
»Es gibt Zeiten hoher Luftfeuchtigkeit – jedenfalls nach Wüstenmaßstäben. In Winternächten gefriert die Luftfeuchtigkeit und bildet auf der Sandoberfläche Eis. Dadurch entsteht eine Kruste über dem weicheren Sand; die ist zwar auch noch befahrbar, aber wenn du anhältst, brichst du durch bis zu den Achsen.« Und einige Zeit später merkte er noch an: »Kamelen macht das natürlich nichts aus.«
Ein anderes Mal sagte er: »Vor ein paar Jahren kam ich im Norden, bei Hassi-Messaoud, wo die Ölquellen sind, an einem Laster vorbei. Schwerer Brummer – hundert Tonnen. Russisches Fabrikat, für den Transport von Bohrgerät. Die Fahrer waren auch Russen, und sie zeigten mir, wie ihr Speziallaster funktionierte. Acht Achsen, sechzehn riesige Ballonreifen, und durch Knopfdruck konnte von der Fahrerkabine aus der Luftdruck in den Reifen reguliert werden. Die Idee war nicht
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