Atemlos - Toedliches Erbe
Längen- und Breitengrade ein, die sie in ihrem Kopf sah. Ihr Talent war außergewöhnlich und unglaublich akkurat. Rand nahm alles zurück, was er gedacht hatte, als zuerst Stark und dann Dakota behauptet hatten, dieses erstaunliche Spürtalent zu besitzen. Ohne sie wäre er längst aufgeschmissen gewesen.
»Er/sie/es befindet sich derzeit in einer Stadt namens Berat. In Albanien.«
»Verflixt. Ich wüsste wirklich zu gerne, ob Ligg und Rebik in der Nähe sind oder ob sie irgendwo
meilenweit entfernt
im Dunkeln herumtappen.«
»Wenn sie ihre SMS lesen, müssten sie genau dort bei unserem Schurken sein.«
Da sie nicht auf seine Nachrichten geantwortet hatten, hatte er ihnen beiden während der letzten acht Stunden die GPS -Koordinaten per SMS durchgegeben – stündlich. Ihre Reaktion darauf war gleich null gewesen. »Klar. Wenn.«
»Ich kann dir ihren exakten Standort nennen.«
»
Wusste
ich es doch, du hast eine Kristallkugel da drin.«
»Viel besser – und sehr viel präziser.« Trotz des leicht scharfen Untertons in seiner Lockerheit schenkte sie ihm ein keckes Lächeln – ein Lächeln, das ein übles Spiel mit seinem Pulsschlag trieb. Sie machte sich abermals daran, in ihrer Tasche herumzuwühlen.
Während sie – wonach auch immer – suchte, ging er auf Gegenschub und beruhigte die Maschine, indem er den Druck auf das Steuerhorn erhöhte, und richtete dann entsprechend dem Seitenwind das Querruder aus, sodass sich die Nase leicht hob. Die Räder berührten mit einem Quietschen den Asphalt; er bremste ab, und sie rollten quer über die Landebahnmittellinie zum privaten Terminal.
»Wart mal ’ne Sekunde – okay.« Sie nahm den kleinen Alubehälter und das GPS erneut in die Hand und drehte dann den Kopf, um ihn anzusehen. In ihrer Sonnenbrille erblickte er sein eigenes Spiegelbild. Es sah alles andere als glücklich und zufrieden aus.
»Könntest du mir eine Minute Zeit geben, oder möchtest du warten, bis wir im Terminal sind?«
»Bitte.« Er betätigte die Bremsen und rollte vor das Terminal. »Wie kriegst du dieses Kunststück bloß hin?« Wenn sie behauptete zu wissen, wo seine Leute waren, dann wusste sie es auch.
»Ich habe mir Liggs Sonnenbrille und Rebiks Schweizer Armeemesser unter den Nagel gerissen – in Paris.«
»Wie hinterhältig.«
Ihr strahlendes Lächeln erlosch, und davor schob sich eine Wolke aus Verletztheit. »Ja. Das habe ich schon mal irgendwo gehört.«
Sie zogen los, um ein Auto zu mieten. »Lass uns doch einen Motorroller nehmen«, schlug Dakota vor. »Den Wind im Haar, die Sonne im Nacken.«
»Bietet nicht eben viel Schutz, falls uns wieder einmal jemand von der Straße zu drängen versucht.«
Sie zog ein Gesicht. »Auch wieder wahr.«
Rand wies auf einen Sportwagen mit heruntergelassenem Verdeck; genau jene Art Auto, das er gemietet hätte, wären sie tatsächlich auf ihrer Hochzeitsreise nach Europa gekommen. »Wie wärs mit dem kleinen Blauen da drüben?«
Ihre Miene hellte auf. »Perfekt.«
Die Formalitäten waren im Nu erledigt, und schon waren sie unterwegs. »Dein Vater wird mich nicht sehen wollen, weißt du«, gab Dakota zu bedenken. Sie raffte ihr Haar nach hinten und hielt ihr Gesicht in die Sonne. Leuchtende Strähnen geschmolzenen Kupfers flatterten hinter ihr im Wind.
Ach ja? Was sie nicht sagte. Er selbst hätte wohl auch kaum das Bedürfnis verspürt, mit eben jener Frau zu plaudern, die schuld daran war, dass man ihn – noch dazu im Ausland – hinter Gitter gebracht hatte.
Weinberge säumten die Straße zu beiden Seiten, so weit das Auge reichte. »War das ernst gemeint, als du sagtest, du würdest zu seinen Gunsten aussagen?«
Sie zögerte – einen Augenblick zu lange – und sagte dann in den Wind: »Ich werd’s versuchen, aber einen Meineid schwören, das kommt nicht infrage. Nicht wegen der alten Zeiten – und nicht einmal dir zuliebe.«
»Dachte ich mir schon. Ist sowieso besser, ich gehe alleine zu dem Treffen. Ich kenne ein ganz anständiges Hotel in Perugia – da kannst du duschen und dich ausruhen, während ich ihn besuchen fahre.« Rand sah dem Besuch nicht eben mit Freuden entgegen.
Das Verhältnis zwischen ihm und seinem Vater war immer schon von Rivalität geprägt gewesen. Seine Mutter, die Rand all ihrer Schwächen zum Trotz angehimmelt hatte, hielt den Schlüssel zur Familienkasse fest in der Hand. Alter Ölreichtum. Sich unterordnen zu müssen, hatte seinem Vater überhaupt nicht in den Kram gepasst, doch anstatt
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