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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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diejenigen, die ihm, Bren, nahestanden, würden sich hüten, irgendwelche Gerüchte weiterzutragen. Auch er konnte daran nicht interessiert sein.
    Darum war aus Moni und Taigi nicht mehr herauszubekommen; sie wollten nicht riskieren, noch einmal aus dem Bett geholt und einer zweiten Verhörrunde unterzogen zu werden. Dienerschaft und Verrat – dieser vermeintliche Zusammenhang war ein klassisches Klischee in den Dramen der Atevi. Lächerlich, denn es paßte ganz und gar nicht auf die beiden. Trotzdem hatten sie darunter zu leiden und mußten immer wieder fürchten, in Verdacht zu geraten. Bren hatte Verständnis für diese Sorge.
    »Ich hoffe, die Sache hat sich erledigt, und wünsche mir, daß Sie nicht länger von der Polizei belästigt werden. Ich weiß, daß Sie ehrlich und aufrichtig sind.«
    »Wir sind sehr dankbar für Ihr Vertrauen«, sagte Moni, und beide verbeugten sich. »Bitte, passen Sie gut auf sich auf.«
    »Banichi und Jago untersuchen den Fall.«
    »Das ist gut«, meinte Taigi und reichte ihm einen Teller Rührei.
    Nachdem er gefrühstückt hatte, zog er sein bestes Sommerjackett über, das am Kragen und an der Knopfleiste mit Leder paspoliert war.
    »Lassen Sie sich unterwegs nicht aufhalten«, sagte Taigi.
    »Keine Sorge.«
    »Wer begleitet Sie?« fragte Moni. »Sollten wir nicht lieber den Sicherheitsdienst rufen?«
    »Um mich in den Audienzsaal zu führen?« Wie besorgt die beiden waren, dachte er und fühlte sich geschmeichelt. »Das ist nicht nötig, wirklich nicht.« Er nahm seinen Schlüssel und steckte ihn in die Tasche. »Ich bitte Sie nur, dafür zu sorgen, daß Fenster und Türen verriegelt sind, vor allem die zum Garten hin.«
    »Nadi«, sagten sie und verbeugten sich ein zweites Mal, ohne eine Miene zu verziehen. Wie alle Atevi verstanden sie sich darauf, ihre Gefühle nach außen hin nicht sichtbar werden zu lassen. Gutgelaunt trat er vor die Tür…
    Und lief geradewegs einem schwarz uniformierten Offizier der Wache in die Arme.
    »Nand’ Paidhi«, sagte der und musterte ihn mit skeptischem Blick. »Ich habe den Auftrag, Sie in den Saal zu begleiten.«
    »Das ist nicht nötig«, entgegnete er. Sein Herz hatte ein halbes Dutzend Schläge übersprungen. Er kannte den Mann nicht. Allerdings stand kaum zu befürchten, daß sich ein Assassine erdreisten würde, unter einer solchen Uniform Deckung zu suchen. Er folgte dem Offizier durch die Gänge, vorbei an mehreren Wachposten und durch die Kolonnade dem Hauptgebäude entgegen.
    Mächtige verwitterte Mauern umringten das Bu-javid, den Regierungssitz, der, als Zitadelle ausgebaut, auf dem höchsten Hügel thronte, erhaben und getrennt von Shejidan und den Hotels weiter unten, die jetzt bis unters Dach belegt sein würden. Denn am heutigen Morgen sollte die Volksversammlung eröffnet werden, die nur alle drei Jahre zusammentrat, und darum waren aus allen Teilen des Landes Provinz-, Stadt- und Bezirksabgeordnete in die Stadt gekommen. Und nun strömten sie in Scharen aus ihren Unterkünften, um sich zu Fuß auf den Weg zu machen, die gestufte Prachtstraße hinauf durch das bewehrte »Tor der Hoffnung auf Gerechtigkeit«, schließlich über die von Blumen gesäumten Gehwege hin zu der berühmten Neunflügelpforte. Wie Pilger strömten sie herbei: Dutzende großgewachsener, breitschultriger Atevi mit nachtschwarzer Haut und glänzend schwarzen Zöpfen; manche gekleidet in kostbare Gewänder aus Satin und mit goldenen Borten, andere eher schlicht, aber gewiß in ihrem jeweils besten Aufzug; Berufspolitiker Seite an Seite mit einfachen Händlern und vornehmen Lords; dazwischen zaghafte Bittsteller, die ihre Petitionen mit sich führten: Schriftrollen, verschnürt mit bunten Bändern, dazu kleine Blumenbouquets, die auf den Tischen im Foyer abzulegen seit alters her Brauch war.
    Die Luft duftete nach Blumen und den jüngsten Regengüssen. Aus der Halle am Ende der offenen Kolonnade drang lautes Stimmengewirr. Freunde und Bekannte trafen aufeinander. Man stand in langen Reihen an, um sich bei den Sekretären registrieren zu lassen. Auf deren Schreibtischen im vorderen Teil der Halle stapelten sich Anträge und Petitionen.
    Für die Leute am Hof war das menschliche Wesen inmitten der Atavimenge kein ungewöhnlicher Anblick – diese bleiche, zierliche Gestalt, die, weil einen Kopf kleiner als die anderen, fast unterging im allgemeinen Gewühl, zumal sie unauffällig, geradezu konservativ gekleidet war und im Unterschied zu den meisten auf eine

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