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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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heute nicht begriffen zu haben. Er bezweifelte sogar, daß sie für Menschen von Bewandtnis seien, und nannte sie ›künstliche Begriffe‹, Beispiele menschlicher Selbsttäuschung. Verschiedenen Verbänden anzugehören war für jede Person unabdingbar. Grenzen existierten allenfalls als eine Art Hilfslinie zur Festlegung der Ausmaße einer Provinz, aber sie waren bedeutungslos für den Einflußbereich einzelner Personen.
    Bren lag auf dem Rücken und schaute auf die vom Mond beschienenen Gardinen, die von einer kühlen Brise in Wallung gebracht wurden. Das Wetter hatte sich nach dem Durchzug der Regenfront wieder beruhigt. Zu dumm, daß es ihm am Nachmittag versagt gewesen war, in den Garten hinauszugehen und die frische Luft zu genießen. Jago hatte vor Heckenschützen gewarnt und gesagt, er solle nicht rausgehen, nicht dahin, nicht dorthin und vor allem nicht unter Leute.
    Verdammt, was war mit der Post? Banichi hatte sie doch hoffentlich nicht vergessen. Nein, wohl kaum. Auf Banichi war Verlaß. Er kümmerte sich um alles.
    Noch ein erschreckender Gedanke: Würde sich Banichi an seiner Post vergreifen? Ach was, es sei denn, er wäre interessiert an Werbung für Zahnpasta, Videos oder Skiurlaub im Hochgebirge.
    Und wenn er die Post gar nicht abgeholt hat? Aber warum sollte er ihn, Bren, belügen? Um einen Dieb in Schutz zu nehmen, der Werbebroschüren gestohlen hat?
    Alberner Gedanke. Banichi hatte wahrscheinlich jede Menge um die Ohren, und mit ihm, Bren, ging wieder einmal die Phantasie durch, paranoid, wie er war seit dem Vorfall letzte Nacht.
    Er lauschte in die Stille, nahm den Duft der Blumen vor der Tür wahr und fragte sich, wie es sich wohl anhören mochte, wenn jemand über den Draht stolperte und daran verkohlte. Und er dachte an seinen Job; wie sollte er weiterverfahren in der Sache, an der er gerade arbeitete…
    Oder wie standen die Chancen, Deana Hanks aus Mospheira loszueisen, um sich durch sie am Hof des Aiji vertreten zu lassen, nur für einen Monat oder so… mein Gott, endlich mal wieder ein paar Tage mit Barb verbringen können, Urlaub, vor der Küste tauchen gehen, weg vom ewigen Hickhack bei Hofe…
    Aber damit konnte er Hanks wohl nicht kommen: Oh, übrigens, Deana, da versucht mich jemand umzubringen; sieh zu, wie du damit fertig wirst. Ich komme zurück, sobald sich die Lage beruhigt hat.
    Nein, so ging es nicht. Es war auch nicht ratsam, die Kontaktstelle anzurufen und ihr vorsichtig mitzuteilen, was hier im Schwange war. Mißverständnisse oder falsche Schlußfolgerungen wären vorprogrammiert und würden alles nur noch schlimmer machen. Allerdings gab es eindeutige Chiffren für Schwierigkeiten und Mordanschläge. Vielleicht sollte er doch dem Büro eine entsprechende Mitteilung machen.
    Aber angenommen, Tabini hatte Grund, den Funkverkehr noch strikter ausfiltern zu lassen, als es ohnehin der Fall war. Die letzte Information, die dann Brens Büro erhielte, wäre der Hinweis auf den Attentatsversuch. Dann müßte Hanks für ihn einspringen. Und Hanks würde gleich in die vollen springen; das war so ihre hitzköpfige Art. Um Tabinis Schweigen zu brechen, würde sie Maßnahmen einleiten, die der delikaten Situation weiß Gott nicht angemessen wären. Er vertraute Tabini. Hanks würde unter den gegebenen Umständen voller Mißtrauen sein und womöglich Schritte unternehmen, die Tabini schaden und seinen Feinden Auftrieb geben könnten.
    Verflucht, dieses Dilemma. Meldung zu erstattet oder vorzuenthalten – beides war gleichermaßen von Übel. Die Situation entsprach einer Gleichung mit allzu vielen Unbekannten. Tabinis Schweigen war atypisch. Als der Mann vor Ort hatte er, Bren, bedenklich wenig Informationen zur Hand, aber Hanks hätte noch weniger, wenn sie zur Ablösung käme, und würde darauf drängen, daß er möglichst bald zurückkehrte – falls er denn dann noch lebte. Ängste aus den ersten Tagen machten sich da wieder breit, vor allem die Furcht davor, daß ein Aiji die Nase voll haben könnte von einem Paidhi, der technisches Know-how immer nur häppchenweise verfütterte.
    Die Gans, die goldene Eier legt – mit dieser Parabel waren die ersten Paidhiin unter den Atevi hausieren gegangen, um ihnen einzuhämmern, daß es äußerst dumm wäre, einem Paidhi nach dem Leben zu trachten. Diese Geschichte war inzwischen allenthalben wohl bekannt, obwohl es hierzulande überhaupt keine Gänse gab.
    Ja, nur so ließ sich etwas bewirken, durch Beharrlichkeit und mit der nötigen

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