Atevi 1 - Fremdling
Sattel gestiegen und hatte die Jagd wieder aufgenommen, durchgehalten, bis das Wild zur Strecke gebracht war.
Anschließend, so erzählte man sich, war sie mit der Reitgerte über den Parcours-Manager hergefallen aus Wut über die Verletzungen, die sich ihr kostbarer, hochgezüchteter Matiawa-Hengst zugezogen hatte.
»Geduld scheint nicht ihre Stärke zu sein«, bemerkte Bren.
»Und ob«, entgegnete Jago. »Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kann sie äußert geduldig und hartnäckig sein.«
»Stimmt, was man sich über ihren Nachfolger erzählt?«
»Daß Tabini-Aijis Vater ermordet wurde? Ja, das stimmt«, antwortete Banichi.
»Und es konnte nie ermittelt werden, wer hinter dem Anschlag steckte«, sagte Jago. »Dabei waren sehr kompetente Fahnder am Werk.«
»Es gab keinen einzigen Hinweis, abgesehen davon, daß die Aiji-Mutter sehr zufrieden schien«, berichtete Banichi. »Aber das ist kein Beweis. Und sie war nicht die einzige, die ein Motiv gehabt hätte. Wie dem auch sei, ihre Leibwächter sind nicht zu unterschätzen.«
»Haben sie eine Lizenz?« fragte Bren.
»Natürlich«, antwortete Banichi.
»Allerdings sind die meisten aus dieser Truppe mittlerweile recht betagt«, sagte Jago. »Und nicht mehr auf der Höhe der Zeit.«
»Damals aber sehr wohl«, meinte Banichi.
»Und dennoch glaubt Tabini, daß ich dort sicher aufgehoben bin?«
»Wie gesagt, die Aiji-Mutter steht auf seiner Seite«, entgegnete Jago.
»Meistens, jedenfalls«, sagte Banichi.
Es regnete in Strömen, als die Maschine auf der Landepiste aufsetzte. Des schlechten Wetters wegen war der übrige Verkehr auf das Flugfeld im Tiefland umgeleitet worden. Doch die Crew des Aiji hatte sich nicht abschrecken lassen. Im Umkehrschub heulten die Turbinen auf; die Reifen glitschten über die nasse Piste. In zügiger, kontrollierter Fahrt ging es auf das kleine Terminal zu.
Mißmutig schaute Bren zum Fenster hinaus und sah Wachmannschaften und Service-Personal auf die Maschine des Aiji zueilen. Auf Mospheira wäre zu seinem Empfang ein weniger großer Aufwand betrieben worden, schon gar nicht ein so waffenstarrender.
Er schnallte den Gurt ab, nahm den Computer zur Hand und folgte Banichi zum Ausstieg. Jago war ihm dicht auf den Fersen.
Regen peitschte ihnen entgegen; er ließ kaum Luft zum Atmen, spritzte von der Fahrbahn auf und hüllte alles in Grau. Der vom Flughafen aus sichtbare See vermischte sich übergangslos mit den Wolken, und die Hügel am Ufer waren konturlose Schatten.
Irgendwo da oben, den See überblickend, muß Malguri liegen, dachte Bren.
»Sie schicken uns einen Wagen«, rief Jago gegen den rauschenden Regen an; sie hielt den Taschen-Kom ans Ohr gepreßt. Das Service-Personal rollte eine Gangway herbei. Das Ding war ohne Regenschutz. Eine veritable Wasserrutsche. Wäre Tabini gekommen, hätte man gewiß eine Markise darüber gespannt oder zumindest den Wagen näher herangefahren.
Donner rollte, zuckende Blitze spiegelten sich im nassen Asphalt.
»Ein schönes Omen«, murmelte Bren. Unter all den Blitzen über metallene Stufen steigen zu müssen behagte ihm ganz und gar nicht. Wuchtig krachte die Gangway vor den Ausstieg und erschütterte die Maschine. In Böen flog Regen herbei, kalt wie im Herbst.
Die mit Gummimänteln ausgestatteten Männer am Boden winkten und riefen ihnen zu. Banichi ging voran. Sei’s drum, dachte Bren; er zog den Kopf ein und eilte ihm nach, hielt sich am kalten, nassen Handlauf fest und zuckte zusammen, geblendet von einem gleißenden Blitzstrahl, dem sogleich krachender Donner folgte. Er erreichte den Boden, erleichtert, den Handlauf loslassen zu können, und rannte auf den wartenden Kleinbus zu, während Jago hinter ihm polternd die Stufen herabhastete.
Bren hatte im Bus Platz genommen. Jago eilte herbei und ließ sich auf den Sitz neben ihm fallen. Ihre schwarze Haut glänzte feucht. Der Fahrer stieg aus, um die Tür zu schließen, blieb aber, sichtlich verblüfft, vor dem offenen Verschlag stehen und gaffte. Offenbar hatte ihn niemand darüber informiert, daß ein Mensch mit von der Partie war.
»Tür zu!« brüllte Banichi. Der Chauffeur gehorchte und beeilte sich, hinters Steuer zurückzukommen.
»Algini und Tano«, protestierte Bren mit Blick durch das vom Regen verschmierte Fenster auf die Maschine. »Die kommen mit dem Gepäck nach«, erklärte Jago. »In einem anderen Wagen.«
Für den Fall, daß eine Bombe im Gepäck liegt, dachte Bren. Der Fahrer löste die Bremse,
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