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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Fenster weghaben; mit dem Feuerschein im Rücken wäre seine Silhouette nach außen hin gut sichtbar. Oder fürchtete sie etwa, daß ein Blitz ins Fenster einschlagen könnte? Wohl kaum.
    »Legen Sie sich schlafen, Bren-ji«, sagte sie an der Tür zum Schlafzimmer. »Und keine Angst. Banichi und die anderen schauen nach, wie groß der Schaden ist; dann werden sie beim Kraftwerk anrufen. Wir haben natürlich Vorkehrungen getroffen für den Fall, daß der Strom ausfällt. Alles Routine. Vielleicht ruft man mich, vielleicht auch nicht. Seien Sie unbesorgt; Ihre Sicherheit ist garantiert.«
    Es war also doch möglich anzurufen, zumindest über das Funkgerät der Sicherheit; klar, das verstand sich eigentlich von selbst, aber erst jetzt gab es jemand offen zu. Und daß die Sicherheitsleute sein Zimmer passieren mußten, war auch nicht dazu angetan, in aller Ruhe schlafen zu können.
    Jago machte an der Tür kehrt und ließ ihn allein und im Dunkeln zurück. Er legte den Morgenmantel ab, schlüpfte unter die Felle, lauschte angestrengt und starrte auf den spärlichen Feuerschein von nebenan, den Schattenwurf an der Wand und die schimmernden Glasaugen der Trophäe überm Bett.
    Die anderen meinen: alles in Ordnung, kein Grund zur Sorge – Bren adressierte seine Gedanken an den Tierkopf. Warum auch nicht? Es war eine Adresse wie jede andere, ein Wesen dieser Welt, das sich im irren Todeskampf gegen seine Verfolger zur Wehr gesetzt hatte und ohne Erbarmen, aus schierer Lust an der Jagd erlegt worden war; es blieben ja schließlich noch jede Menge Artgenossen übrig, die draußen im Dickicht wild und selber mitleidslos ihr Dasein fristeten, perfekt angepaßt an ihre Umwelt, von der Natur ausgestattet mit einem harten Sinn für Dominanz und Selbstbehauptung, frei von sentimentalen Gefühlen.
    Wen kümmerte es, daß dieses eine Exemplar in seinem Kampf um Selbstbehauptung schließlich Stärkeren unterlegen gewesen war und jetzt an der Wand hing, einem närrischen Menschen zur Gesellschaft, der studierend und Wissen in sich reinfressend alles daran gesetzt hatte, der Beste seines Fachs zu sein.
    Das war geschafft, das mußte doch ausreichen, um in einer Nacht wie dieser beruhigt schlafenzugehen. Was trieb ihn denn sonst noch um? Daß er als Paidhi im Alter von sechsundzwanzig Atevijahren versuchte, die Gesellschaft, in der er lebte, zu humanisieren, war doch ein hoffnungsloses Unterfangen. Daran waren doch alle seine Vorgänger schon gescheitert.
    In Shejidan, das nur eine Flugstunde von Mospheira entfernt war und wo pünktlich zweimal die Woche Post für ihn eintraf, da hatte er mit sich und seiner Arbeit noch halbwegs zufrieden sein können. Da hatte es noch so ausgesehen, als sei er auf dem besten Weg, Freundschaft zu schließen mit Tabini.
    Von wegen Freundschaft – ein eitler Wunschgedanke, der ihn blindlings in Scherereien tappen ließ, die es auch in Shejidan für den Paidhi gab, und das nicht zu knapp.
    Und jetzt war er hier, ohne zu wissen warum und wie lange noch, in Gesellschaft mit Banichi und Jago, denen nicht zu entlocken war, was er von Tabini erfahren hatte, nämlich ein wenig emotionale Resonanz. Mit ihm hatte er lachen können und Melonen zerschossen. Tabini hatte sein Talent als Schütze gelobt und ihm auf die Schulter geklopft – behutsam, denn menschliche Knochen waren ja so zerbrechlich. Tabini hatte bei ihm ins Schwarze getroffen; offenbar kannte er seinen Paidhi und wußte, worauf bei ihm abzuzielen war, daß er einen Schwachpunkt hatte, nämlich ein Bedürfnis nach Zuneigung. Da war er zu packen. Wer dieses Bedürfnis zu füttern verstand, konnte ihn um den Finger wickeln.
    Bren spürte einen Kloß im Hals, jenen Knoten aus Gefühlen, die der Vernunft im Wege standen. Schon oft hatte er sich gefragt, ob er sich jemals würde anpassen und taugliche Arbeit leisten können. Wilson, sein unmittelbarer Vorgänger, war, obwohl wie alle Paidhiin auf Lebzeit verpflichtet, nicht länger im Amt zu halten gewesen und vom Kontrollausschuß zurückgezogen worden, gegen den ausdrücklichen Willen von Tabinis Vater, dem damals amtierenden Aiji. Im ersten Monat nach seiner Rückkehr nach Mospheira hatte Wilson drei Herzattacken gehabt. Er war am Boden zerstört und verbittert und nicht in der Lage gewesen, Bren, der ihn oft besucht und um Rat gefragt hatte, einen nützlichen Hinweis zu geben.
    Der Kontrollausschuß sprach davon, daß Wilson ausgebrannt sei. Bren versuchte, diese Diagnose zu berücksichtigen in seinem

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