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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Urteil über Wilson, den er ansonsten für ein Miststück hielt. Er, Bren, hatte schon damals einige Male für Wilson einspringen müssen. Das war während der letzten beiden Regierungsjahre von Valasi gewesen, einem unangenehmen Kerl, genauso muffig und reizbar wie Wilson. Zu Tabini aber, Valasis Sohn und Nachfolger, hatte Bren auf Anhieb einen Draht gefunden und sich große Hoffnungen auf die Zukunft gemacht. Darum mochte er auch nicht glauben, daß sich Wilson verausgabt hatte und darum so merkwürdig geworden war. Vielmehr glaubte er, daß dessen psychische Störungen auf eine charakterliche Disposition zurückzuführen waren. Als er Wilson einmal gefragt hatte, was er von Tabini halte, bekam er zur Antwort: »Der ist nicht anders als der schäbige Rest.«
    Er hatte Wilson nicht leiden können, Tabini dagegen von Anfang an gemocht, hatte es als einen Fehler angesehen, daß ein so arroganter, vorurteilsbeladener Mann wie Wilson zum Paidhi bestellt worden war.
    Ängstlich lag er nun da, voller Zweifel an seinen Möglichkeiten als Paidhi und an seiner vermeintlich guten Beziehung zu Tabini. Er sah sich in der gleichen Lage wie Wilson, alleinstehend, ohne Kinder, ohne Liebschaft, und auch Barb würde auf Mospheira früher oder später jemand anders finden, denn das Leben war zu kurz, um an einer Zufallsbekanntschaft festzuhalten, die nur gelegentlich vorbeischaute und deren Gesicht immer ausdrucksloser wurde, als würde ihm ein Nerv nach dem anderen gezogen.
    Er könnte den Dienst quittieren und nach Hause zurückfahren. Er könnte Barb bitten, ihn zu heiraten.
    Aber vielleicht wollte sie gar nicht. Vielleicht wollte sie den Zustand beibehalten: keine Fragen, keine Verpflichtung, kein Wälzen von Problemen, ab und zu traumhaft schöne Wochenenden in luxuriösen Hotels und schicken Restaurants. Er wußte nicht, was Barb wirklich wollte oder dachte. Er kannte sie nur im Rahmen ihrer kurzen, flüchtigen Begegnungen. Es war keine Liebe, nicht einmal enge Freundschaft. Und wie stand es um die anderen, mit denen er befreundet gewesen war? Er hatte sie samt und sonders aus den Augen verloren, wußte nicht, wie es ihnen ging und wo sie jetzt wohnten.
    Seit nun schon einer Woche hatte er keine Gelegenheit gefunden, Deana Hanks zu informieren, geschweige denn zu bitten, ihn zu vertreten, damit er mal für eine Weile würde ausspannen können, vielleicht mit dem Ergebnis, daß er sich dazu entschlösse, den Krempel ein für allemal hinzuwerfen… um am Ende nicht wie Wilson dazustehen, der nach dreiundvierzigjähriger Amtszeit nicht mehr vorzuweisen hatte als eine Sammlung neuer Wörter, ein halbes Dutzend Artikel in der Fachpresse und einen Rekord an Vetos gegen das transmontane Straßenprojekt. Keine Frau, keine Familie und nur einen Lehrstuhl an der Uni in Aussicht, den er nicht ausfüllen konnte, weil er mit Studenten nicht zu kommunizieren verstand.
    Wenn er aus dieser Sache heil herauskäme, würde er, Bren, einen Aufsatz schreiben, einen Aufsatz über die »Schnittstelle« zwischen Menschen und Atevi, über sein Gespräch mit Jago und darüber, warum Wilson mit seinem Gesicht, seiner Art und der Einstellung, die er vertrat, keinen vernünftigen Unterricht hatte geben können.
    Er zuckte vor Schreck zusammen, als ein greller Blitz aufzuckte, unmittelbar gefolgt von ohrenbetäubendem Donner.
    Die Kanone, in die schlüge nicht selten der Blitz ein, hatte Jago gesagt.
    Zitternd lag er da mit zerrütteten Nerven. Das war alles zuviel für ihn, das Gewitter, die beklemmende Nacht, das Grübeln darüber, warum er hier sein mußte, warum Tano auf Schatten schoß, obwohl doch angeblich nur ein defekter Transformator zu inspizieren war.
    Verdammt, Jago, was sind das für Schatten, auf die Tano angelegt hat? Schatten, die mit dem Flugzeug gekommen und unbemerkt durch die Maschen eures ach so engen Sicherheitsnetzes geschlüpft sind? Verdammt noch mal, Jago…
     
     
     

VI
     
    »Das war ja eine aufregende Nacht«, sagte die Aiji-Mutter. »Ich hoffe, Sie haben trotzdem schlafen können, nand’ Paidhi.«
    »Ein wenig.«
    Ilisidi schmunzelte und blickte zum Fenster hinaus. Noch immer tropfte nach dem Regen Wasser vom Balkongeländer. Hinter den Bergen war die Sonne aufgegangen, und der Nebeldunst überm See leuchtete auf. Mit ausgebreiteten Flügeln aus dünner Haut warf sich ein echsenartiges Ungetüm von der Felswand in den See und tauchte mit Beute zwischen den Klauen wieder auf.
    »Diese Räuber nehmen langsam Überhand«,

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