Atevi 2 - Eroberer
wie schon lange nicht mehr.
Zwei Männer aus Tabinis Sicherheitsstab traten auf ihn zu, sagten, daß für die fremden Paidhiin aus dem All die beiden Nebenräume vorgesehen seien, und fragten, ob er sie zu begutachten wünsche.
Abzuschalten war ihm nicht vergönnt; er mußte sich besinnen auf das, was anstand: die Landung von Raumfahrern, die womöglich in diesem Augenblick schon unterwegs waren und große Angst auszustehen hatten.
Er besichtigte die Zimmer, die sich von seinem kaum unterschieden. In einem stand ein aus Wurzeln kunstvoll aufgebauter Stuhl mit rotem Ledersitz; in dem anderen Raum befand sich eine mannshohe Schirmwand, in die eine Jagdszene eingeschnitzt war. Bren dachte daran, wie sich die beiden Fremden wohl vorkommen würden, hier, zwischen Holz, Steinen und offenem Feuer im Kamin, umgeben von Dingen, die es an Bord eines Raumschiffes bestimmt nicht zu sehen gab. Die Zimmer seien vortrefflich, bestätigte er den beiden Assistenten Naidiris und dachte im stillen: nur gut, daß keine ausgestopften Tierköpfe an den Wänden hingen.
Eine ältere Dienerin brachte einen Strauß Wildblumen, der, wie sie versicherte, nach farblicher und zahlenmäßiger Zusammenstellung Glück verspräche. So auch die Einrichtung der Zimmer, sagte sie und fügte hinzu: »Unsere Glückszahlen werden doch hoffentlich harmonieren mit den Zahlen des Himmels, oder?«
»Gewiß«, murmelte Bren. Daß sich die Welt allein durch den guten Willen auf günstige Weise ordnen ließ, war ein Gedanke, der, obwohl ihm selber fern, durchaus tröstlich auf ihn wirkte. »Sehr gut, ich danke Ihnen, Nadi. Die Gäste werden sich bestimmt sehr wohl fühlen.«
Er konnte beruhigt sein und sich entspannen, während die Dienstboten seine Kleider in Kommode und Schrank einräumten und bügelten, was ihrer Meinung nach zu bügeln war. Er ging hinaus auf die Veranda, schaute zu den Bergen hinaus und genoß die frische Luft. Hinter einem Spalier aus schattenspendenden Bäumen erstreckte sich nach Süden hin und bis zur sogenannten Südmark offenes Grasland mit vereinzelten Büschen. Nachts wurde es nun schon so kalt, daß das Gras eine goldene Tönung angenommen hatte.
Gern wäre er jetzt, wie damals mit Tabini, zu einem ausgedehnten Spaziergang aufgebrochen, doch das kam natürlich nicht in Frage, hatten ihn doch Banichi und Jago dringend abgeraten von jedweden Alleingängen. Die Sicherheitskräfte waren ohnehin sehr angespannt, und er wollte ihnen ihre Arbeit nicht zusätzlich erschweren.
Also kehrte er nach drinnen zurück, bestellte eine Kanne Tee und nahm in einem Sessel vorm Kamin Platz. Lange, wohl eine Stunde, saß er dort und schaute – seltener Anblick – in die Flammen, während Dienerinnen und Diener geschäftig umhereilten und die Sicherheitskräfte alle möglichen Zugänge und Schlupflöcher mit Alarmanlagen absicherten, von denen manche wahrscheinlich – Bren fragte nicht danach – tödlich waren.
Mit Staub an den Kleidern kam Banichi zu ihm ans Feuer und verlangte ebenfalls nach einer Kanne Tee. Es schien, daß er sein verletztes Bein überanstrengt hatte und unter Schmerzen litt. Aber schon nach der ersten Tasse Tee zeigte er sich erholt und fragte: »Wie wär’s mit einer Runde Darts?« An diesem Spiel aus Mospheira hatten die Atevi fast ebenso viel Gefallen gefunden wie am Fernsehen. Banichi spielte leidenschaftlich und war unschlagbar. Er bot ihm ein Handicap an, was Bren aber ablehnte. Banichi zuckte die Achseln und trat einen Schritt weiter von der Zielscheibe weg.
»Weil ich den längeren Arm habe«, sagte er. »Wir wollen doch fair sein.«
Bren hatte dennoch keine Chance. »Sie werfen wohl nie daneben«, schmollte er, nachdem Banichi die ersten vier Durchgänge haushoch gewonnen hatte.
Lachend warf Banichi einen Pfeil dicht vor den Außenrand. »Na, sehen Sie, perfekt ist niemand.«
Bren zielte in die Mitte und verfehlte sie um Fingers Breite. »Wenigstens bin ich besser im Danebenwerfen.«
Banichi fand die Bemerkung komisch, nahm wieder Platz in seinem Sessel und legte die Füße hoch.
»Setzen Sie sich«, sagte Banichi. »Machen Sie’s sich bequem.«
Das tat er, und es überkam ihn, kaum daß er saß, eine bleierne Müdigkeit. Er döste ein, hörte noch, wie Banichi anderen zuflüsterte: »Leise. Er schläft.«
Von hektischer Betriebsamkeit aufgeweckt, massierte er sich den steifen Nacken, öffnete blinzelnd die Augen, sah und hörte aus den Worten, die gewechselt wurden, daß man sich auf Tabinis Ankunft
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