Atevi 2 - Eroberer
zuletzt den Rebellen von Malguri gegenüber, der seiner schärfsten Widersacherin, Ilisidi, den größten Respekt entgegenbrachte, der für die neuen Entwürfe und Pläne der Menschen immer aufgeschlossen war, konsequent eine Politik der friedlichen Kooperation verfolgte und außerdem unangefochten an der Spitze der Regierung stand, zumal er die Abgeordneten des Hasdrawad auf seiner Seite wußte.
Bren spürte, daß er von Banichi und Jago, die ihm gegenübersaßen, aufmerksam beobachtet wurde. »Sie haben diesen Text wohl nicht entschlüsseln können, oder?« fragte er mit Blick auf Banichi.
Der runzelte die Stirn und starrte ihn unverwandt an. Auf dermaßen durchsichtige Fangfragen ließ sich Banichi nicht ein.
»Sie wissen, daß dieser Brief von Hanks an Mospheira geschickt worden ist. Sie ahnen wohl auch, bei wem sie sich aufhält und was ihr diese Leute gesagt haben könnten.«
»Darüber gibt es tatsächlich ein paar begründete Vermutungen.«
»Deshalb war Ihnen daran gelegen, mir Nachhilfeunterricht in Sachen Hasdrawad und Aiji-Wahl zu geben, nicht wahr?«
»Auf Tabinis Wunsch, ja.«
»Ich fasse zusammen: Eine Handvoll Lords will ihre alten Privilegien zurückhaben und das Abgeordnetenhauses entmachten.«
»So kann man’s sagen. Wenn Hanks Mospheira über diese Vorgänge informiert hat, freiwillig und so, wie sie ihr von ihren Entführern geschildert worden sind, ist im wohlwollenden Fall davon auszugehen, daß sie ihren Informanten glaubt und diese von ihrer Leichtgläubigkeit überzeugen konnte. Vermuten wir richtig, daß ihr Bericht die Ansicht der Verschwörer wiedergibt?«
»Richtig. Und sie scheint sich sogar diese Ansicht zu eigen gemacht zu haben, denn ihr Text verrät mit keinem Wort, daß er unter Zwang aufgesetzt worden wäre. Was sie schreibt, bestürzt mich.«
»Ich hätte diese Frau in der U-Bahnstation erschießen sollen«, murmelte Jago. »Dem Aiji und dem Westbund wäre viel Ärger erspart geblieben.«
»Ich habe eine Frage«, sagte Bren. »Wenn ich Ilisidi richtig verstanden habe, gilt ihr größtes Interesse dem Landschaftsschutz und Erhalt des kulturellen Erbes, und es geht ihr dabei nicht um Privilegien…«
»Aber man muß schon ein Lord sein, um den Erhalt der Denkmäler und so weiter sicherstellen zu können«, antwortete Jago. »Andererseits mag ein Lord auch nach Lust und Laune alte Burgen niederreißen oder Wälder roden, die ihm gehören. Einfache Bürgerverbände könnten ihn daran nicht hindern, nicht einmal das Hasdrawad.«
Bren dachte an die Flugpiste bei Wigairiin. Die Wehranlage aus dem vierzehnten Jahrhundert. Niedergerissen, damit ein Lord dort mit seinem Privatflugzeug starten und landen kann. »Wird Wigairiin von Touristen bereist?« fragte er – zur merklichen Verwunderung seiner Gesprächspartner.
»Wohl kaum«, sagte Jago. »Aber wenn Sie Genaueres wissen möchten, könnte ich entsprechende Informationen einholen.«
»Nicht nötig. Mir fällt nur auf: Malguri ist ein beliebtes Touristenziel, vor allem dann, wenn die Aiji-Mutter dort residiert. Und die scheint nichts dagegen zu haben.«
»Falls Sie die Aiji-Mutter nach menschlichen Vernunftsgründen zu rechtfertigen versuchen, kann ich Ihnen nur raten: Akzeptieren Sie unsere Gründe, die zur Vorsicht mahnen.«
Die Dinge standen wirklich schlecht, wenn er sich von seinen Sicherheitsleuten sagen lassen mußte, wo und wann menschliches Ermessen keinen Sinn mehr machte.
»Ich weiß Ihren Rat zu würdigen«, antwortete er. »Vielen Dank.«
»Und bitte, unternehmen Sie in Taiben keine Alleingänge. Vermeiden Sie jedes Risiko«, sagte Jago.
Er schaute zu ihr hin, gefaßt darauf, daß sie ihm nach allem, was passiert war, die kalte Schulter zeigte, sah sich aber auf eine so unmittelbare, intime Weise von ihr betrachtet, daß es ihm heiß und kalt über den Rücken lief.
»Ich verstehe«, antwortete er. »Und ich muß zugeben, daß mir vieles immer noch allzu fremd ist, um begreifen zu können – wie zum Beispiel Ilisidi so schnell informiert sein konnte über meine Beziehung zu Barb, wenn nicht durch Damiris Personal, und aus welchem Grund sich Damiri und Ilisidi zusammentun.«
»Genau diese Frage stellt sich auch Tabini«, sagte Banichi.
»Hat er sie deswegen noch nicht zur Rede gestellt?« fragte Bren.
»Natürlich nicht direkt«, antwortete Jago. »Unsereins weiß gut zu lügen, Nadi-ji.«
»Sie zweifeln an Damiris Ehrlichkeit.«
»Nun, man kann sie für ehrlich halten und dennoch in Betracht
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