Atevi 2 - Eroberer
hatte?
Außerdem hatte ihn das Fernsehinterview auf Malguri über Nacht in der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Viele würden von ihm wissen wollen: Was hat es mit dem Schiff am Himmel auf sich? Müssen wir uns Sorgen machen?
Verflucht, Bren konnte nicht einfach achtlos an diesen Schreiben vorbeigehen. Womöglich ging es in manchen um Leben und Tod.
Vielleicht war auch eine Nachricht aus Mospheira dabei.
»Einen Augenblick, Nadiin-ji«, sagte er, langte nach dem Korb und fischte jene Versandetuis hervor, die ihm auf Anhieb ins Auge sprangen: eines, das so aussah, als könnte es ein Telegramm aus Mospheira enthalten; dann zwei, deren jeweilige Siegel er mit gehörigem Schrecken wiedererkannte. Er wußte auch andere Siegel auf ihre Absender zurückzuführen, doch die kümmerten ihn im Moment weniger – so zum Beispiel der Vorsitzende des Raumfahrtausschusses, der an dem Treffen vorhin nicht teilgenommen und wahrscheinlich so dringliche Fragen zu stellen hatte wie: Wie soll es nun weitergehen mit unserem Raumfahrtprogramm? Oder: Können wir uns jetzt noch darauf verlassen, daß die nötigen Finanzmittel bereitgestellt werden? Verständlich, daß der gute Mann nervös geworden war.
Bren entdeckte außerdem das Siegel des Handels und das des Verkehrsministeriums. Er hoffte, deren Fragen beantwortet zu haben.
Aber dann war da dieser kleine Zylinder aus echtem Silber und mit einem Siegelabdruck – Diamant und Halbmond –, den er vor wenigen Tagen zum ersten Mal gesehen hatte. Er war auf dieses Schreiben gefaßt gewesen; Tabini hatte vorausgesagt, daß sich seine Großmutter gewiß mit ihm in Verbindung setzen würde.
Ilisidi. Die Aiji-Mutter – so ihr offizieller Titel.
Sie hatte ihn an den Rand des Todes gebracht, aber letztlich verdankte er ihr sein Leben. Und sie war mit nach Shejidan geflohen.
Er brach das Siegel mit dem Daumennagel und zog eine kleine Schriftrolle aus dem Etui hervor.
Nand’ Paidhi, stand in dünner, krakeliger Handschrift auf dem Papier zu lesen, ich freue mich, Sie in Sicherheit zu wissen. Schicken Sie mir das Etui zurück zum Zeichen dafür, daß Sie bereit sind, mit mir zu frühstücken, wann immer es Ihnen paßt. Sie müssen mich auf dem laufenden halten. Eine alte Frau verliert leider allzuschnell den Kontakt zur Welt.
Es drängte ihn mit aller Macht ins Bett. Doch er mußte noch diese beiden anderen Briefe lesen. Der eine war mit einem weißen Band und rotem Siegellack verschlossen und somit kenntlich als Paidhi-Post.
Er las: Ich hoffe, Du bist Dir im klaren darüber, daß Deine Rückkehr aufs Festland vom Aiji erzwungen wurde, indem er unserer Einsatzleitung Gewalt angedroht hat. Unterdessen wirbeln Deine eigenmächtigen Eskapaden gefährlich viel Staub auf. Um den Schaden möglichst gering zu halten, war ich genötigt, korrigierende Maßnahmen zu treffen.
Verdammt!
Ich werde fortführen, was ich begonnen habe, mich mit verantwortlichen Stellen beraten und als einzig legitime Vertretung Mospheiras der Einsatzleitung gegenüber Rechenschaft ablegen. Daß der Aiji Dich als seinen persönlichen Gast aufgenommen hat, ist seine Sache und hat keinerlei Einfluß auf die Tatsache, daß ich als rechtmäßiger Paidhi in Shejidan wirke, und zwar solange, bis mich das Außenministerium zurückruft.
Bren hielt seine Miene unter Kontrolle und ließ sich nichts anmerken. Er rollte den Brief zusammen, legte ihn in den Korb zurück und langte hoffnungsvoll nach dem Telegramm aus Mospheira, das allem Anschein nach von seiner Familie oder von Barb stammte, jedenfalls nicht von seinem Büro, denn dessen Schreiben kamen selten auf dem üblichen Postweg.
Schade, daß mich Dein Anruf nicht erreicht hat, las er. Bren, was ich nun mitteilen muß, hätte ich Dir lieber unter vier Augen gesagt, aber es fehlte die Gelegenheit. Ich habe Paul geheiratet. Verzeih mir. Dich nur so selten zu sehen, hat mir nicht mehr gereicht. Barb.
Er traute seinen Augen nicht und las den Brief ein zweites Mal. Dann aber erinnerte er sich daran, beobachtet zu werden von Atevi, die allen Grund hatten zu fürchten, daß ein Telegramm aus Mospheira Gefahr für sie bedeuten mochte.
Er rollte das Papier zusammen und wunderte sich selbst darüber, wie ruhig seine Hände blieben.
»Gibt es Probleme, Nadi Bren?«
Es war ihm also doch nicht gelungen, seine Gefühle zu verhehlen. Jago sah, was mit ihm los war.
»Ein persönliches. Meine V-v-verlobte…« Er stockte und suchte nach einem anderen Wort, fand aber keines, das
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