Atevi 2 - Eroberer
Straße der Wagen mit laufendem Motor wartete. Er hatte nur eins im Sinn gehabt: schnell noch in der Mailbox nachschauen, ob die vom Ministerium angeforderten Informationen vorlagen. Was nicht der Fall gewesen war.
Das hätte er sich also sparen können. Wie dem auch sei, es ging beim besten Willen nicht an, daß er sich jetzt von Shejidan aus mit dem Außenministerium auf Mospheira in Verbindung setzte und von sich hören ließ: Hallo, ich habe vor, euch einen Strich durch die Rechnung zu machen und brauche dafür die Files, die ihr mir nicht geschickt habt.
Die vom Außenministerium kochten ihr eigenes Süppchen und scherten sich nicht darum, was den Atevi schmeckte oder nicht. Ihrem Verständnis nach war der Paidhi, weil von ihnen eingesetzt, nichts weiter als ein unterstellter Befehlsempfänger. Sie weigerten sich anzuerkennen, daß ihm laut Vertrag umfassende Verhandlungsvollmachten zustanden, Vollmachten, die die Atevi als verbindlich ansahen. Dies war nur einer der vielen Punkte, an dem die unterschiedliche Rechtsauffassung beider Seiten deutlich wurde.
Abgesehen davon machte ihm das Übersetzen zunehmend zu schaffen, da mit der aktuellen Entwicklung eine Fülle neuer Begriffe ins Spiel kam. Ständig schwebte er in Gefahr, folgenschwere Fehler zu machen, zumal ihm keine zuverlässigen Nachschlagewerke zur Verfügung standen. Auf dem Festland war der Besitz eines zweisprachigen Wörterbuchs verboten. Und das einsprachige, umschreibende Lexikon atevischer Begriffe, das vom Außenministerium und der linguistischen Fakultät von Mospheira herausgegeben wurde, taugte nur wenig, weil es allzu viele Wörter unterschlug, solche nämlich, deren umfassende Bedeutung immer noch nicht als hinlänglich gesichert gelten konnte. Diese vorsichtige Zurückhaltung entsprang der Furcht, sich vor den Atevi eine Blöße zu geben; denn sie würden eine unzutreffende Umschreibung als solche erkennen können und womöglich, wie man argwöhnte, Mißverständnisse in ihrem Sinne auszunutzen versuchen.
Sprachliche Ungereimtheiten gab es jede Menge, und auch auf das von den Paidhiin kompilierte, offizielle Wörterbuch war kein Verlaß. Es mußte ständig revidiert werden, denn zum einen stellten sich manche Übersetzungen als fehlerhaft heraus, zum anderen blieb natürlich auch die Sprache der Atevi von Veränderungen nicht ausgenommen.
Und über jeden sprachlichen Zweifelsfall debattierte der linguistische Ausschuß auf Mospheira, als könne er den Atevi den korrekten Gebrauch ihrer Sprache vorschreiben.
Erschwerend hinzu kam, daß die mosphei’schen Sendschreiben, die fürs Festland bestimmt waren, einen Computerfilter durchlaufen mußten, der viele Ausdrücke automatisch verklausulierte; so zum Beispiel den Begriff ›Flugsicherungssystem‹. Man fürchtete nämlich, daß die Atevi dahinter ein System von militärischer Bewandtnis wittern könnten. Mospheira traute sich immer noch nicht, dieses Ding beim Namen zu nennen, obwohl es mittlerweile auch im Luftverkehr des Festlandes Anwendung fand – wofür sich Bren stark gemacht hatte, gegen den Widerstand einiger Provinzfürsten, die durch eine solche Luftverkehrsregelung bündnispolitische Interessen bedroht sahen. Mit einem solchen Problem hatte man auf Mospheira nicht gerechnet.
Welche Probleme würde erst ein Wort wie Überlichtgeschwindigkeit aufwerfen? Himmel hilf! Mospheira gestattete, daß sein Computer hochsensible Daten zur Inselverteidigung gespeichert hatte, aber ein brauchbares Wörterbuch wurde ihm vorenthalten.
Auch die Atevi zeigten sich in dieser Hinsicht stur und verweigerten ihm die Verwendung eines atevischen Diktionärs, vielleicht aus Mißmut darüber, daß sie es nicht fertigbrachten, ein umfassendes Wörterbuch der Menschensprache zusammenzustellen, woran ihnen bestimmt gelegen war. Bren verwettete seinen Lohn darauf, daß sich etliche Atevi mit Mosphei’ beschäftigten. Banichi ließ durchblicken, daß er einiges von Brens Muttersprache verstand. Wahrscheinlich kannte auch Jago das eine oder andere Wort. Verblüffend war, wieviel Tabini aus dem Mosphei’schen aufgeschnappt hatte.
Mit der Computerisierung (sprich: der angewandten menschlichen Zahlentheorie) hatte das Interesse der Atevi an Mosphei’ zugenommen, denn der Umgang mit dieser Technik setzte terminologische Kenntnisse voraus, und selbst konservative Atevi brannten darauf zu erfahren, was es mit diesen menschlichen Zahlen auf sich hatte, von denen es hieß, das sie das Universum zu
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