Atevi 3 - Erbe
darüber nach, sondern beherzigen auch den Rat, nand’ Tatiseigi«, sagte Tabini. »Ihre Nichte wird zu Ihnen halten. So auch der Schiffs-Paidhi.«
Donnerkeil. Tabini reichte ihm gewissermaßen die Hand. Womöglich hatte Jasons Tollpatschigkeit diese Geste notwendig gemacht. Immerhin.
Bren schaute sich nach Jason um, der wie vorhin mit seiner Leibwache in der Ecke neben der Tür stand. Der Abstand zu den nächsten Gästen schien allerdings ein wenig großer geworden zu sein. Bren entschuldigte sich, ging zu Jason hin und erklärte ihm die Situation. Jason zeigte sich zerknirscht und sagte auf mosphei’: »Ich dachte, er wäre in Gefahr. Was erwartet man jetzt von mir?«
»Eine gute Miene«, antwortete Bren, ebenfalls auf mosphei’. »Der Lord ist bereit, deine Entschuldigung anzunehmen.«
»Das bringe ich nicht über mich.« »Doch. Du mußt. Und du schaffst es.« »Nein«, beharrte Jason trotzig. »Nand’ Paidhi«, rief Jago und winkte Bren zu sich. Er ging zu ihr, zur Rückwand, die fast vollständig intakt geblieben war und wo die Lilien am üppigsten prangten. Davor stand eine große eingetopfte Pflanze, die wie ein Puffer vor der Gästemenge wirkte und einen stillen Rückzugswinkel bot. »Nand’ Paidhi, ich hätte Sie gern davon verschont, aber der junge Mann aus Dur ist ein zweites Mal unten in der U-Bahn-Station aufgekreuzt.«
»Oh, verdammt!« entfuhr es Bren auf mosphei’, weil er vor Schreck von seinem Gespräch mit Jason nicht umgeschaltet hatte.
»Der Junge hat jetzt die Bu-javid-Wache am Hals«, sagte Jago. »Er war gewarnt. Offenbar hat er von einem Hotel unten am Hügel die Nachrichten gesehen. Er ist übrigens gleich in dreien gemeldet.« »Was? Hotels?«
»Ja, verdächtig, nicht wahr? Es scheint, daß er unsere Sicherheit abschütteln wollte.« »So jung noch…«
»Ich habe ihn noch nicht gesehen. Zur Gilde gehört er jedenfalls nicht. Seine Manöver provozieren ernste Konsequenzen.« »Was für Manöver?«
»Es hat einen Schußwechsel gegeben. Zum Glück hat er sich ergeben, nachdem er dazu aufgefordert worden ist. Wenn ich richtig informiert bin, ist er von einem Steinsplitter getroffen worden, der eine blutende Wunde geschlagen hat. An den Keramikplatten in der Station und an einem der Waggons ist Schaden entstanden, wofür er haftbar gemacht wird. Ich war nicht dabei, habe aber darum gebeten, noch keine Anklage zu erheben. Als Betroffener sollen Sie, wie ich finde, darüber mitentscheiden.«
»Bin ich denn überhaupt befugt? Ich habe ja anscheinend den Grund für das unerhörte Verhalten des jungen Mannes geliefert.«
»Nand’ Paidhi, er hat wohl, wie Banichi sagen würde, zu viel vorm Fernsehapparat gehockt. Es ist ihm peinlich, ohne Flugzeug und ohne Ihr Pardon nach Hause zurückzukehren. Damit kommt er nicht zurecht. Mit dieser jüngsten Dummheit hat er vor allem seinem Vater geschadet, was ihm mittlerweile klar geworden sein dürfte, und das wird ihn, jung wie er ist, erst richtig verzweifelt machen.«
»Ob er sich zufrieden gibt und nach Hause geht, wenn ich ihm eine Karte – mit Band – schicke?«
»Seine Dreistigkeit auch noch zu belohnen ist vielleicht nicht das richtige, aber wenn Sie so wollen, wird die Karte natürlich zugestellt. Mir liegt allerdings daran zu verhindern, daß Ihr Name in etwas verwickelt wird, das unangenehm enden könnte. Einige der Wachleute halten ihn für ein Gildenmitglied. Wegen der drei Hotels.«
»Sie sagen aber, daß dem nicht so ist.«
»Mit absoluter Sicherheit.«
»Dann soll er eine Karte bekommen.« In Damiris Büro gab es nur herkömmlichen Siegellack. In der Wachstube wurde eine Sorte verwendet, die nicht erst über offener Flamme zum Schmelzen gebracht werden mußte. Bren ging zur Tür.
Und bemerkte, daß Jason verschwunden war.
»Wissen Sie, wo Jason hin ist?« fragte er Jago, die ihren Taschen-Kom ans Ohr hielt.
»Im Büro der Lady. Er hat zu telefonieren versucht, Nadi.«
Bren blieb wie versteinert stehen, als gerade eine vornehme Dame vorbeisegelte und sagte: »Eine interessante Party, nicht wahr, nand’ Paihdi? Die Paidhiin waren ja so außerordentlich tapfer.« Bren wußte für einem Moment nicht, wo ihm der Kopf stand, wußte nicht mehr wohin und kam sich verloren vor unter all den hochgewachsenen Atevi, denen er nur bis zu den Schultern reichte. Er wollte frei durchatmen können und an einen Ort entfliehen, wo es ihm möglich wäre, in Ruhe nachzudenken.
Schließlich fand er eine Lücke im Gedränge, schlüpfte
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