Atevi 3 - Erbe
der Schreck in die Glieder gefahren, vielleicht weil er um sein Leben fürchten mußte oder weil er sich an eine Schießerei erinnert sah.
Lord Tatiseigi hatte sich anscheinend gut erholt. Er war zwar noch ein wenig wacklig auf den Beinen, scherzte aber schon wieder mit Ilisidi und Damiri. Madam Saidin und andere traten hinzu, um sich vom Lord der Arigeini versichern zu lassen, daß er unverletzt geblieben sei.
Wahrscheinlich war den Leuten vom Fernsehen die Panne besonders peinlich und womöglich fürchteten sie unangenehme Konsequenzen. »Jago-ji«, sagte Bren, »es wäre zu wünschen, wenn der Vorfall in den Nachrichten günstig kommentiert würde. Nand’ Saidin möge sich darum kümmern.«
»Verstehe.« Jago ging zu Madam Saidin und wechselte ein paar Worte mit ihr, worauf diese den menschlichen Gästen ihrer Lady kurz zunickte und hinauseilte, um den Reportern Mut zuzusprechen. Auch Jago ging nach draußen; ihr folgten Cenedi und Naidiri, der erste Leibwächter Tabinis.
Wenig später kehrte Jago zurück und berichtete, daß die Leute vom Fernsehen sehr erleichtert seien. »Nand’ Saidin läßt ihnen im Eßzimmer Speisen und Getränke auftischen und hat sie aufgefordert, den vom Personenschutz markierten Sicherheitsabstand einzuhalten. Von nand’ Naidiri wissen sie jetzt, daß der Aiji keinen Groll hegt und daß die Atigeini das geplante Interview nachzuholen bereit sind.«
Der Adrinalinschub ebbte ab. Die Nachrichtenübertragung war nur für eine halbe Stunde angesetzt, und wegen der zerplatzten Birne, für die niemand etwas konnte, mußte das Interview mit Lord Tatiseigi ausfallen. Es hätte allerdings sehr viel schlimmer kommen können in Anbetracht der vielen, nervösen Gildenmitglieder, die für gewöhnlich nicht lange fackelten.
Lords und Würdenträger kamen, um mit den Paidhiin zu reden. Ein gewisser Parigi aus einer Ortschaft im Westen bemerkte: »Es fiel auf, daß sich die Paidhiin ganz selbstlos für den Hausherrn eingesetzt haben.«
Er, Bren, fühlte sich nicht angesprochen und führte Jasons reaktionsschnellen Rettungsversuch darauf zurück, daß man ihm eingetrichtert hatte, wie wichtig Tatiseigi war. Wie auch immer, Jasons Tat mochte den Atevi etwas bedeuten. Fragte sich nur was.
»Ja, das scheint viele überrascht zu haben, nand’ Parigi. Jason-Paidhi wähnte Lord Tatiseigi in Gefahr und wollte ihn deshalb in Schutz nehmen. Bedenken Sie, als Menschen sind wir ganz unbedarft in Sachen Man’chi und darum, was dies betrifft, häufig von uns selbst überrascht. Ist es in Machimi-Spielen nicht manchmal ähnlich so?«
»Sie haben recht«, erwiderte Lord Parigi lachend. »Meine Tochter, die mich ein ganzes Jahr lang bekniet hat, doch endlich einmal an einer Hofgesellschaft teilnehmen zu dürfen, glaubte tatsächlich, einem realen Machimi-Spiel beizuwohnen. Für uns, die wir vom Land sind, war das fast schon zuviel an Aufregung.«
Bren fand den Mann auf Anhieb sympathisch und konnte wieder gelöster auftreten. »Ist das Ihre Tochter?« Ein staksiges Mädchen, hoch aufgeschossen, aber noch ohne entsprechendes Gewicht, so daß sie nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien. Und, ja, sehr aufgedreht war sie. »Es ist mir eine Ehre. Nand’ Jason, darf ich vorstellen: die… ältestete? Ist sie das? Tochter von Lord Parigi. Caneso, wenn ich mich richtig entsinne. Aus…«
»Laigin, Lord Paidhi.« Es schmeichelte der jungen Dame, angesprochen zu werden von einem Herrn, der gewissermaßen Lord war, auch wenn er keine Ländereien besaß. Bren sah über den Fauxpas hinweg, und fand es tröstlich, daß selbst ein Ateva in solchen Dingen fehlen konnte.
»Sind Sie zum ersten Mal in Shejidan?« fragte Jason.
Die Stimmung verbesserte sich merklich, die Getränke flossen in Strömen, und wenn eins der (glücklicherweise nicht historischen) Gläser fiel und auf den Fliesen zerbrach, wurde gelacht. Die junge Caneso lachte, so oft sie andere lachen sah, und ihr Vater fand immer einen Vorwand, sie woanders hinzuführen.
Ilisidi näherte sich und sagte: »Ganz schön ausgelassen, wie es hier zugeht – wenn man bedenkt, wo wir sind… Aber an die Malgurischen Tanzfeste zur Ernte kommt das hier nicht ran. Übrigens, machen Sie sich keine Sorgen, Jason-Paidhi, Tatiseigi wird Ihre beherzte Rettungstat überleben.«
»Ist er verärgert?« fragte Jason und vergaß auch nicht hinzuzufügen: »Nandi?«
»Wie gesagt, er wird’s überleben«, erwiderte sie kurz angebunden. Ilisidi ließ sich nicht ausfragen,
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