Atevi 3 - Erbe
bedeutend zu sein hatte auch seine Vorzüge. Ein Abendessen mit Ilisidi würde den Verzicht auf einen Restaurantbesuch mehr als wettmachen.
Und man brauchte sein Gepäck nicht selbst zu schleppen. Auch dafür lohnte es sich, ein Lord zu sein. Als die Stufen ausgefahren und Banichi ausgestiegen war, um mit Ilisidis Leuten Kontakt aufzunehmen, die für die Sicherheit sorgten, dauerte es nicht mehr lange, und auch Bren und Jason konnten die Maschine verlassen.
»Herrlich«, war von Jason zu hören, als ihm zum ersten Mal würzige Seeluft um die Nase wehte. Bren ging voraus, um Hilfestellung leisten zu können, falls der Kollege auf der Treppe ins Straucheln geraten würde. Doch so heftig sie auch wackelte – Jason zögerte nicht, ihm zu folgen, den Handlauf fest im Griff, beherzt und für seine Verhältnisse geradezu wagemutig.
Um ihn nicht doch noch zu verunsichern, wandte sich Bren ab und ging auf den nächsten der drei Kleinbusse zu, wo ihm der Fahrer – einer der »jungen Männer«, wie Ilisidi ihre Bediensteten zu nennen pflegte – die Tür geöffnet hatte. Er gab Jason den Vortritt; nach ihm stieg Banichi ein, und Jago zog die Tür schließlich zu.
Kaum hatten sie Platz genommen, ging die Fahrt los, in einer 180-Grad-Wende, auf quietschenden Reifen Richtung Tor.
Bren fühlte sich an die Busfahrt nach Malguri erinnert und wollte schon mit dem Fahrer schimpfen, ließ es aber bleiben, um Jason nicht wieder nervös zu machen, der ihn hilfesuchend anschaute. Und so lächelte er ihm beruhigend zu, worauf Jason es ihm gleichzutun versuchte.
Über Land führende Straßen ließen zu wünschen übrig. Es gab zwar auch, wie Bren herausgefunden hatte, eine Bahnverbindung zur Ortschaft von Saduri, doch die alte Festung war darüber nicht zu erreichen, wie übrigens auch der andere Aiji-Besitz nicht: Malguri. Ebenfalls nicht ans Schienennetz angeschlossen war die Satellitenstation von Mogari-nai und die historische Stätte von Saduri.
Der Wagen scherte von der Zubringerstraße ab und raste in halsbrecherischem Tempo auf einer Schotterpiste zwischen grasbewachsenen Hängen bergan.
Jasons Miene verdüsterte sich wieder, und so heftig schleuderte der Wagen auf der unbefestigten, kurvenreichen Fahrbahn hin und her, daß er am Handgriff über dem Fenster Halt suchte.
»Sind wir in Gefahr?« fragte er. »Ist jemand hinter uns her?«
»Aber nein«, antwortete Bren. »Unser Chauffeur mag es gern schnell. Hat aber den Wagen gut unter Kontrolle. Keine Angst.«
Banichi grinste breit. »Er hat in diesem Frühjahr noch keinen einzigen Unfall gebaut.«
Jason wußte nicht, wann er auf den Arm genommen wurde. Er lächelte irritiert und ließ nicht mehr ab vom Haltegriff.
Bren mußte die Stimme heben, um sich über das Getöse im Wagen hinweg verständlich zu machen. »Man sollte eigentlich meinen, daß Raumfahrer an Bewegung gewöhnt sind.«
»Das bin ich ja auch. Aber nicht an solche«, entgegnete Jason und beschrieb mit der freien Hand einen wilden Schlingerkurs.
Aus Sorge, daß ihm womöglich schlecht wurde, behielt Bren den Nebenmann im Auge, und beobachtete, daß sich dessen Miene aufklarte, wenn das Gelände frei zu überblicken war. Doch sobald Bäume oder Felsen die Sicht verstellten, blinzelte er nervös und verkrampfte sich.
Wie mochte es sein, fragte sich Bren, ein Leben lang in einem Bau zu hausen, in dem sich Licht, Luftzirkulation, Temperatur und Feuchtigkeit kontrollieren ließen, wenn der Tagesablauf minutiös gegliedert war, der Horizont gewölbt und von Bewegung kaum etwas zu spüren? Er hatte von Jason noch ebensoviel zu lernen wie Jason über die hiesige Welt. Durch ihn konnte er eine Menge über das Leben auf dem Schiff erfahren. Sein darauf ausgerichtetes Interesse nahm oft überhand, so daß er sich zurückrufen und daran erinnern mußte, daß er auch noch eine andere Aufgabe zu erfüllen hatte, nämlich Jason mit der für ihn neuen Umgebung vertraut zu machen.
Auffällig war, daß Jason auf Veränderungen mit Unsicherheit reagierte. Dazu paßte sein krampfhaftes Festhalten an Gewohnheiten: Er stand immer exakt zur selben Zeit auf und saß auf die Minute pünktlich am Frühstückstisch. Spontaneität und Improvisation waren seine Sache offenbar nicht.
Bren hatte Jason begleitet während seiner ersten und bislang letzten Reise unter freiem Himmel von der Kapsellandung und deren schockierenden Umständen bis in die sichere Umgrenzung des Bu-javid. Und wie damals sah er auch nun wieder tickhafte
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