Atevi 3 - Erbe
gedenkt, hält sich die Gilde raus und die Rechtmäßigkeit der Assassination wird im nachhinein festgestellt.«
»Und im umgekehrten Fall?« fragte Jason. »Wenn ein niederer gegen einen hohen Lord vorgeht?«
»Das muß die Gilde erst billigen. Wie die Streitsachen unter einfachen Leuten. Meistens«, fügte Jago hinzu, »gelingt es uns zu schlichten. Dank unserer Vermittlung, gehen Fehden zwischen einfachen Leuten in der Regel unblutig aus.«
»Vermittlung«, so vermutete Bren (und Tano hatte ihn durch versteckte Hinweise darin bestärkt), hieß im Klartext, daß die Gilde einfach nichts unternahm und die zerstrittenen Parteien im Ungewissen ließ, bis schließlich die eine oder andere Seite den Dauerzustand der Angst nicht mehr aushielt und ein Angebot zur friedlichen Beilegung unterbreitete.
Soviel verriet Jago allerdings nicht, und es interessiert jetzt auch nicht weiter, da in der Ferne, bläulich und schemenhaft, die Hügel von Mospheira auftauchten.
»Da hinten, Nadi. Die Insel. Mospheira.«
Doch schon war sie wieder aus dem Blickfeld verschwunden; das Flugzeug drehte bei.
»Ich hab’ nichts gesehen«, sagte Jason.
»Es war auch vor lauter Dunst kaum etwas zu erkennen.«
»Trotzdem.« Jason wirkte enttäuscht. »Ich bin sicher, es klart in den nächsten Tagen auf, so daß wir auch von unten Mospheira sehen können.« Hinter ihnen lag nun die schroffe, auf unzähligen Postkarten abgelichtete Felsenküste, zu der auch die Klippen von Elijiri gehörten. Von dort aus war es nicht mehr weit zu Geigis Anwesen landeinwärts. Im Norden, fernab von den touristisch interessanten Gebieten, sah man die Erhebungen von Mogari-nai; von dort oben war früher mit Kanonen auf feindliche Schiffe geschossen worden, die den Hafen von Saduri anzulaufen versucht hatten.
Heute prasselte auf Mogari-nai ein von Mospheira abgegebenes Sperrfeuer aus Störsignalen ein, und hüben wie drüben waren die Küstenstreifen voll von Radaranlagen.
Beschwerden über diese Interferenzen hätten wohl nur zur Folge, daß sich das Problem auf das Telefonnetz verlagerte.
»Wünscht jemand, daß wir noch eine Schleife über die Insel fliegen, Nadiin?« Das war der Co-Pilot. »Wir haben den Luftraum ganz für uns.«
»Nein. Und bedanken Sie sich in unserem Namen, Nadi«, bat Bren, und Tano gab die Information ans Cockpit weiter.
»Wir werden dann gleich landen, Nandiin. Bitte, nehmen Sie Platz.«
Bren setzte sich, und auch Jason legte den Gurt an, sah allerdings sehr unglücklich dabei aus.
»Keine Sorge«, sagte Bren und erklärte ihm ein zweites Mal, warum Flugzeuge nicht wie Steine vom Himmel fallen, sondern gleitend langsam zu Boden sinken können.
Jason zeigte sich schließlich um einiges entspannter, hielt nur kurz vor dem Aufsetzen die Luft an und grinste dann breit, als die Maschine auf der Landebahn abbremste.
»Viel besser als eine Fallschirmlandung, Nadi«, sagte Jason. Zu Beginn der Reise noch verängstigt und in sich gekehrt, war er jetzt zu Scherzen aufgelegt und lachte.
Es war eine gute Idee gewesen, auf Reisen zu gehen, dachte Bren.
Die Maschine rollte auf den Terminal zu, der aus Verteidigungsgründen und wegen des starken saisonalen Touristenverkehrs zu einer recht großen Anlage ausgebaut war. Die georderten Kleinbusse standen schon bereit.
»Wir sind da, Nadiin-ji«, freute sich Bren und war als erster auf den Beinen.
Ferien, dachte er. Es würde zwar nicht die erhoffte Jagd auf Gelbschwänze geben, doch Banichi hatte recht: Geigi ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt auf seinem Anwesen am Südrand der Onondisi-Bay aufzusuchen würde sehr wahrscheinlich falsch verstanden werden und mit Tabinis Plänen für diese Gegend in Konflikt kommen.
Sie hätten statt dessen auch ins Padi-Tal nach Taiben, auf den Sommersitz des Aiji fliegen können, aber auch das empfahl sich aus diplomatischen Gründen derzeit nicht und war überdies gefährlich: Direiso wohnte sozusagen nebenan.
Am liebsten wäre Bren nach Malguri gereist, aber zum einen dauerte der Flug dorthin um einiges länger und zum anderen ging es in den angrenzenden Provinzen drunter und drüber.
Also waren sie auf das sogenannte Aiji-Land ausgewichen, der unweit von Mogari-nai gelegenen öffentlichen Schutzzone, wozu auch die historische Stätte bei der Ortschaft von Saduri gehörte. Die öffentlichen Ferienanlagen dort kamen für sie nicht in Betracht. Als Paidhi und Mensch hätte Bren dort unter den neugierigen Touristen keine ruhige Minute gehabt.
Aber
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