Atevi 3 - Erbe
eine Maschine, die bis zu ihrer Stillegung mit den Himmeln und Zahlen des unendlichen Weltraums trefflich harmoniert und somit ihren Konstrukteuren und Benutzern Glück gebracht hatte.
Einer solchen Debatte, die dem Raumfahrtprogramm womöglich den Garaus gemacht hätte, war man mit einem einfachen Versprechen zuvorgekommen; weiß der Himmel, wie Tabinis Numerologen das geschafft hatten. Obwohl vom SAL-Paradoxon noch immer konsterniert, waren alle Numerologen befriedigt – oder aber sie hatten sich, um der atevischen Wissenschaft zu dienen, darauf verlegt nachzuforschen, aufgrund welcher Zahlen dem Vorgänger des Schiffes so viel Glück beschieden war.
Andere geplante Projekte waren von dieser schnellen Übereinkunft jedoch nicht beschleunigt worden, und es schien, als habe kaum jemand deren Bedeutung voll realisiert, die nach Brens Einschätzung für die atevische Philosophie mindestens ebenso revolutionär war wie SAL und ebenso beängstigend. Es drängte sich fast der Verdacht auf, daß auf die maßgeblichen Numerologen womöglich Druck ausgeübt worden war, um diese Übereinkunft zu erzwingen. Tabini hatte das Projekt unbedingt durchsetzen wollen, und wäre es nicht zustande gekommen, hätte sich das Glück wohl wirklich gegen die Atevi verschworen.
Die Sitze waren den atevischen Körpermaßen entsprechend vergrößert worden; um aber, wie es Atevi ausdrückten, die Harmonie der erfolgreichen Zahlen beizubehalten, hatte man alle übrigen Parameter unverändert gelassen; das Gesamtgewicht blieb dasselbe, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Atevi schwerer waren als Menschen. Die atevischen Raumfahrer würden mitunter ihre Köpfe ein wenig einziehen, enger beieinander sitzen und sich an andere Proportionen gewöhnen müssen.
Es gab sogar (zur großen Verärgerung mancher Mospheiraner) eine hochtrabende Diskussion darüber, ob man, falls es sich politisch so einrichten ließe, den Menschen die Passage ins All zum Kauf anbieten sollte. Meldungen zufolge waren einige Kreise auf Mospheira von dieser Idee durchaus angetan, weil so Raumfahrt möglich sein würde, ohne daß die Steuern erhöht werden müßten.
Anderen – und darauf hatte Shawn in seinem letzten Gespräch mit Bren abgezielt – gefiel an diesem Gedanken, daß er die Mitglieder der erzkonservativen Liga für Menschenerbe in Rage brachte. Das Auswärtige Amt hatte wahrscheinlich heftig die Trommel gerührt und ins Horn gestoßen, als er vor acht Wochen dem Präsidenten den Vorschlag des Aiji über den angedachten Verkauf von Flugtickets unterbreitet hatte. Ganz bestimmt waren George Barrulins Telefone heiß gelaufen.
Der Laufsteg fing zu knirschen an, als Lord Geigi, der kurz aufgehalten worden war, auf die Leiter stieg, gefolgt von hohen Herren und Assistenten. Das zuständige Sicherheitspersonal ging in Habachtstellung und hielt den Paidhi vom Geländer zurück. Schwarze Haut und goldene Augen waren nicht nur unter hiesigen Einwohnern der Normalfall, sondern auf der ganzen Welt der Atevi, und Bren war sich voll darüber im klaren, daß ein hellhäutiger Mensch, in neutralen Farben gekleidet, unweigerlich auffallen mußte und herausragte, obwohl er klein wie ein Kind wirkte im Vergleich zu Tano und Algini, die die Macht der Staatsspitze repräsentierten.
Auch der höfischen Aufmachung wegen fiel er auf, wegen des knielangen, vielknöpfigen Gewands und der weißen Schleife im geflochtenen Zopf, die ihn als Paidhi auswies, als Mann ohne eigene Hausmacht. Tabini hatte ihn die Farbe frei wählen lassen, und es war Ilisidi gewesen, die meinte, daß Weiß einerseits sehr gut zu seinen hellen Haaren passen und andererseits seine Unabhängigkeit vom Schwarzrot des Aiji-Hauses deutlich betonen würde.
Ihm war vollauf bewußt, daß er unter den Flutlichtern wie ein bleiches Neonzeichen glühte und Attentätern, die in irgendwelchen Nischen lauern mochten, eine gute Zielscheibe bot.
Doch darauf war Verlaß: Bevor er dieses Gebäude betreten hatte, war es gründlich unter die Lupe genommen worden, nicht nur von seinen eigenen Sicherheitsleuten, sondern auch von denen, die auf Lord Geigi aufpaßten und darauf, daß er nicht wegen eines Anschlags auf den Paidhi in Schwierigkeiten geriete.
Bren wußte, daß er für die Arbeiter sehr ungelegen kam, denn diese hatten am Morgen gewiß strenge Kontrollen über sich ergehen lassen müssen.
Doch der Paidhi, den der Aiji von Shejidan höchstselbst auf die Reise geschickt hatte, war natürlich sehr
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